Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 24. Kapitel: Nojeds Bedenken gegen die Göttlichkeit Jesu.

01] Sagte Nojed nun ganz voll Staunens: »O du großer und unbegreiflich weiser Freund! Diese deine Rede klang seltsam in unseren Ohren und Herzen! Daß du mehr als ein Prophet bist, das entnahmen wir aus deinen Worten; denn so weit hat es außer Moses und Elias wohl kein Prophet gebracht, und selbst diese sprachen niemals von ihrer eigenen Herrlichkeit, sondern stets nur von der Herrlichkeit Gottes. Du aber sagtest, daß du ganz eigenmächtig ein Herr bist, tun kannst, was du willst, und kein Gott und noch weniger ein Mensch kann und darf dich zur Rechenschaft ziehen und fragen: »Warum tust du dieses und jenes?« Höre, wenn dieses von dir selbst über dich uns gegebene Zeugnis ohne Zweifel sich sicher bewahrheitet, dann ist zwischen dir und Gott gar kein anderer Unterschied mehr, als daß du gleich uns ein in der Zeit gewordener Gott bist und Jehova aber Gott schon von Ewigkeit her ist! Nun, das ist für unseren Verstand denn doch wahrlich etwas zu hoch gestellt, trotzdem auch wir wohl wissen, daß Gott durch den Mund des großen Propheten zu den damals frommen Juden gesagt hat: »Ihr seid Götter, so ihr genau haltet Meine Gebote und dadurch Meinen Willen zu dem eurigen macht!«

02] Es lebten aber hernach bis auf uns her gar viele Juden, die Gottes Gebote von Kindheit an auf das strengste erfüllten; aber unter ihnen gab es auch nicht einen, der sich's zu sagen und zu behaupten nur von weitester Ferne her getraut hätte, daß er gleich Gott ein eigenmächtiger Herr sei, der weder vor Gott und noch weniger vor den Menschen für all sein Tun und Lassen irgend je eine Rechnung abzugeben schuldig ist. Freund, wie sollen wir das denn der Wahrheit gemäß wohl verstehen?«

03] Sagte Ich: »Ganz leicht und klar! Habe Ich denn nicht gesagt, daß ein Mensch, der Gott und Seinen Willen völlig erkannt hat und unwandelbar nach demselben handelt und somit den Willen Gottes ganz zu dem seinigen macht, Gott gleich ist?! So aber Gott ein Herr ist durch Seine Liebe, Weisheit und Macht, so ist es im Geiste ja auch der, der in allem Gott gleich geworden ist.

04] Ich meine, daß das denn doch etwas nicht schwer Begreifliches sei. Denn über was sollte er vor Gott oder gar vor einem Menschen eine wie immer gestaltige Rechnung ablegen, so er nur aus dem Willen und Geiste Gottes denkt, will, spricht und handelt?

05] Ist denn der reine Wille Gottes im Menschen etwa weniger ein göttlicher Wille als in Gott Selbst, und ist er etwa auch weniger selbständig mächtig denn in Gott, der durch eben Seinen Willen überall und also sicherst auch im Menschen gegenwärtig ist und wirkt? a Darum soll ein rechter Mensch denn auch also vollkommen werden und sein, als wie vollkommen da ist der Vater im Himmel. Ist der Mensch aber das, ist er dann nicht auch ein Herr voll Weisheit, Macht und Kraft?!« (a Matthäus.05,48; 3. Mose.11,443. Mose.19,02; = Lukas.06,36;  ⇒ jl.ev01.039,05 .08 .10;  jl.ev01.155,15jl.ev01.039,05jl.ev01.039,08jl.ev01.050,13jl.ev01.071,13jl.ev01.039,05-10;  jl.ev02.159,14jl.ev03.180,06jl.ev04.001,04jl.ev04.039,01jl.ev04.110,11jl.ev04.245,04jl.ev05.090,01jl.ev05.271,05-06jl.ev06.050,13-14;  jl.ev06.226,10jl.ev07.054,12-13;  jl.ev07.139,06jl.ev08.027,11jl.ev08.038,10;  ⇒ jl.ev09.022,05*;  jl.ev09.102,07jl.gso1.001,20-21;  jl.gso2.018,15jl.gso2.126,24jl.hag2.080,24-25;  jl.hag2.089,16jl.hag2.151,15jl.rbl1.033,08jl.rbl2.158,10jl.bmar.041,09jl.bmar.043,11jl.him1.231,12jl.him1.327,06jl.him1.328,25jl.him1.368,12jl.him3.267,04-05;  jl.him3.278,23)

06] Sagte darauf Nojed: »Großer und wahrlich überweiser Freund! Du hast lebendig und lichtvoll wahr gesprochen, und ich kann dir da nichts entgegenstellen; aber eines bleibt daneben doch auch noch wahr, und das besteht darin: Der Mensch kann es wohl auf dem Wege der gänzlichsten Selbstverleugnung dahin bringen, daß er Gott ähnlich und somit auch mächtig wird, wie sich das besonders bei den großen Propheten auf das leuchtendste bewährt hat; aber darum ist und bleibt der Mensch doch nur gewisserart ein in der Zeit gewordener und somit bei aller seiner Gott ähnlichen Vollkommenheit ein untertäniger und beschränkter ganz kleiner Gott, während Jehova ewig, also ohne Anfang, unendlich in Zeit und Raum und somit durch gar nichts beschränkt ist. Und dieser überendlos große Unterschied zwischen dem einen und ewig allein wahren Gott und dem in der Zeit gewordenen Menschgott wird wohl ewig nie hinweggefegt werden können.«



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