Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 68. Kapitel: Jesus über Liebe und Geduld als den Haupttugenden des Menschen.

01] Sagte Ich: »Liebe und Geduld sind die zwei größten Dinge zu allem in dieser Welt, wie auch in der ewigen Unendlichkeit. An der Liebe fehlt es dir wahrlich nicht, darum Ich Mich auch von dir habe finden und bald erkennen lassen; aber an der rechten, mit der Liebe im vollen Einklang stehen sollenden Geduld fehlt es dir noch.

02] Siehe, tue denn heute in Meinem Namen nur soviel, als dir möglich ist, und es wird dir dann der nächste Tag schon sagen, was du zur Erreichung eines edlen Zweckes ferner zu tun haben wirst! Denn siehe, in dieser Meiner übergroßen, für euch Menschen (bestimmten Welt) läßt sich nichts übers Knie also brechen wie ein altes, morsches Stück Holz! Denn ginge das also, da hätte Ich wohl niemals Fleisch und Blut angenommen, (wäre nie) als Mensch zu euch Menschen gekommen und (würde) euch nicht in den Dingen Meines Reiches gewisserart mit aller Mühe und übergroßer Geduld Selbst unterweisen.

03] Ein jeder Mensch hat seinen vollkommen freien Willen, und dieser muß vor allem geachtet und berücksichtigt werden. Es wäre daher nicht am besten, besonders die Menschen, die sich mit der Lehre der Stoiker noch nicht absonderlich befaßt haben, gleich auf dieses von Mir gewirkte große Wundertatszeichen hinzuweisen, sondern sie sollen über Mein Dasein, das im Geiste keinen Anfang und kein Ende hat, das heißt über den einen, allein wahren Gott belehrt werden; dann werde ihnen Sein Wille bekanntgemacht, und der Mensch, der ihn erfüllt, hat das rechte Ziel (,hat das rechte Ziel' ist im Manuskript Lorbers von fremder Hand ergänzt) erreicht.

04] Und nehmen die Menschen das ohne einen äußeren Zwang - ob er ein physischer oder moralischer sei - an und fangen an, nach solcher Lehre ernstlich zu handeln, dann mögt ihr mit ihnen auch von Meinen besonderen Zeichen und von Meiner Allgegenwart mit ihnen zu reden anfangen, und das wird sie stärken im Glauben und im Tun nach demselben.

05] Doch die starren Stoiker könnt ihr schon mit den von Mir gewirkten Zeichen zu bekehren anfangen; denn die Verächter des Lebens und Wünscher des Todes und des Nichtseins halten schon einen heftigeren Stoß aus, ohne dadurch in der Freiheit ihres Willens einen Schaden zu erleiden.

06] macht jedoch nicht gleich ein großes Gerede von diesem Zeichen; denn es wohnen ohnehin in dieser Stadt zwei Menschen, die Ich in Pella geheilt habe, wovon der Hauptmann und seine Unterdiener das Nähere gar wohl kennen, und diese beiden Geheilten werden Mir schon ein rechtes Zeugnis geben! Dann erst könnt ihr auch von dem zu reden anfangen, was hier geschehen ist.

07] Also tut das, was Ich nun gesagt habe, mit aller Liebe und Geduld, und ihr werdet so in Meinem Namen zu einer reichen Menschenernte für Mein Lebensreich gelangen! 08] Denn seht, der Herr eines Weinberges hatte zwei Arbeiter in seinen Weinberg bestellt und versprach einem jeden den ganz gleichen, sehr ansehnlichen Lohn. Da teilten die beiden gedungenen Arbeiter den Weinberg unter sich ab zu gleichen Teilen.

09] Der eine der Arbeiter wollte sich vor dem Herrn sehr eifrig und tätig erweisen, um von ihm etwa einen guten Nachlohn zu erhalten, und arbeitete ohne Rast und Ruhe. Er war mit seiner Arbeit denn auch bald zu Ende; aber diese fiel ob der großen und geduldlosen Hast denn auch zum größten Teile sehr schluderig aus, und der Weinberg gab dem Herrn eine magere Ernte.

10] Der zweite Arbeitet aber ließ sich Zeit, überlegte bei jeder Rebe wohl, wie sie zu behandeln sei, auf daß sie dem Herrn eine reiche Frucht brächte. Er hatte mit seinem Teil denn auch länger zu tun als sein Mitarbeiter; aber als es zur Ernte kam, da war sein Teil übervoll mit den schönsten Trauben.

11] Als der Herr des Weinberges dann die Lese hielt, da belobte er den zweiten Arbeiter sehr und gab ihm den Nachlohn; dem ersten Arbeiter, der mit zu großer Hast arbeitete, gab er keinen Nachlohn, da derselbe in dem Weinberg eher einen Schaden denn irgendeinen Nutzen bewirkte.

12] Das bedenkt auch, so ihr in Meinem Menschenlebensweinberg einen wahren Nutzen bewerkstelligen wollt!

13] Die Menschen sind die Reben und sind nach ihrer verschiedenen Art und Natur denn auch verschieden zu behandeln; tut denn also, wie Ich es euch nun gezeigt habe, und ihr werdet gute Früchte ernten und einen besten Lohn überkommen in Meinem Reiche!

14] Lehrt die Menschen vor allem nur die Wahrheit, und ihr werdet sie frei machen in allem, das ihre Seelen gefangen hält, und ihr selbst werdet dabei die Wonne der größten Freiheit in euren Herzen empfinden und genießen!«



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