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Das Geschäft mit der Schweinegrippe – Wem hilft Tamiflu?

Beitrag von Andrea Böll, Alexander Kobylinski und Caroline Walter

RBB-Online, Do 18.06.09 22:00, in http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_18_06/beitrag_1.html


Die Schweinegrippe sorgt weltweit für Schlagzeilen. Als Wunderwaffe gegen die Pandemie setzen die Behörden auf Tamiflu. Das Grippemittel wird millionenfach produziert, die Bevölkerung beruhigt. Doch die Ruhe ist womöglich trügerisch.

Im Herbst, so fürchten Experten, könnte die Schweinegrippe in Deutschland in einer neuen aggressiveren Variante auftreten. Und wie bereiten wir uns darauf vor? Der Impfstoff, auf den viele ihre Hoffnung setzen, wird nicht für alle zur Verfügung stehen. Vielleicht haben Sie sich, wie viele Bürger, schon vorsorglich ein paar Packungen des Grippemittels „Tamiflu“ besorgt – im guten Glauben, damit ein wirksames Mittel im Schrank zu haben. Doch sind Sie dadurch wirklich geschützt?! Caroline Walter, Andrea Böll und Alexander Kobylinski haben recherchiert.

Er war einer der ersten, der in Deutschland die Schweinegrippe hatte. Er möchte nicht erkannt werden – zu groß ist die Aufregung um diesen Virus.

Betroffener
„Außer dem Fieber und dem Frieren und dem Schwitzen in der Nacht war eigentlich keine Erkrankung erkennbar. Also, im Vergleich zur Grippe, die ich wirklich schon hatte, wo ich zwei Wochen zu Hause war und krank im Bett lag, ging es mir sehr gut.“

In einer Boulevardzeitung wurde behauptet, er sei im Krankenhaus gewesen. Das war er aber nie. Er ist längst wieder gesund.

Seit Wochen verbreiten Medien und Gesundheitsbehörden Alarmstimmung wegen der Schweinegrippe, auch Neue Grippe genannt. Die Weltgesundheitsorganisation hat gerade die höchste Pandemiestufe ausgerufen.

Als Wundermittel gegen diesen neuen Virus wird das Grippemedikament Tamiflu gepriesen. Dabei ist zweifelhaft, ob das Mittel wirklich so wirkt, wie propagiert wird. Entwickelt wurde das Medikament für die ganz normale Grippe. Seit der Hysterie um die Vogelgrippe macht der Pharmakonzern Roche ein Riesengeschäft mit Tamiflu.

Prof. Bernd Mühlbauer ist Pharmakologe. Er warnt vor den überzogenen Erwartungen an Tamiflu.

Prof. Bernd Mühlbauer, Institut für Pharmakologie Bremen
„Das ist überhaupt nicht belegt, ob Tamiflu überhaupt in irgendeiner Form der Grippe jemals einen Todesfall verhindert hat. Wir wissen nicht mal aus der Vogelgrippe, wo es relativ breitflächig eingesetzt wurde, ob es überhaupt eine Wirksamkeit hatte.“

Auch das Versprechen, Tamiflu reduziere in großer Zahl schwere Komplikationen wie Lungenentzündung, sei übertrieben. Zu wenige Patienten profitierten wirklich davon. Vergessen werden oft die Nebenwirkungen, die Tamiflu auch hat.

Ein noch größeres Problem: Viele Grippe-Virenstämme sind mittlerweile gegen Tamiflu resistent, das Medikament kann dann nicht wirken. Das belegen neue Daten aus den USA und auch aus Deutschland. Für Prof. Stichtenoth von der medizinischen Hochschule Hannover ist das eine beunruhigende Entwicklung.

Prof. Dirk Stichtenoth, Pharmakologe, Medizinische Hochschule Hannover
“Die Daten der letzten Grippesaison zeigen, dass wir etwa 90 Prozent Resistenz eines der wichtigsten Grippestämme gegenüber Tamiflu haben. Das ist ein dramatischer Anstieg gegenüber der vorangegangenen Saison und zeigt, wie rasch diese Grippeviren Resistenzen entwickeln können. Und genau das befürchtet man auch bei der Schweinegrippe.“

Denn das Schweinegrippe-Virus ist eng verwandt mit den resistenten Stämmen.

Trotzdem verlassen sich die Bundesländer in der Vorsorge vor allem auf Tamiflu. Sie kaufen weiter für Millionen Euro Vorräte.

Auf den Schutz von Tamiflu vertraut auch die Berliner Gesundheitssenatorin.
Die Warnung vor einer möglichen Resistenz des Schweinegrippe-Virus ist der Senatorin nicht bekannt. Ihr geht es da wie den meisten verantwortlichen Politikern.

Katrin Lompscher (Die Linke), Gesundheitssenatorin Berlin
„Im Einzelnen kenne ich die Studien natürlich nicht, die jetzt aktuell auf den Markt kommen, aber ich gehe davon aus, dass unsere ExpertInnen ganz gut auf der Höhe der Zeit sind und die Aussagen auch bewerten können.“

Die Bundesländer stützen sich auf das Robert-Koch-Institut als oberste Instanz. Das Institut empfiehlt, wie der Schweinegrippe begegnet werden soll. Und hier hält man an Tamiflu fest.

KONTRASTE
„Ist das nicht eine trügerische Sicherheit, ich weiß eigentlich noch gar nicht, ob es wirkt und trotzdem setze ich es ein und kaufe es?“
Prof. Jörg Hacker, Präsident Robert-Koch-Institut
„Na ja, es wird eingesetzt, und Sie haben völlig Recht natürlich, weil es das einzige Medikament ist, und die einzige Medikamentenklasse, von der beschrieben ist, dass sie wirksam ist. Und das ist bei so neuen Situationen, neuen Ausbruchsgeschehen so, dass man natürlich die Medikamente einsetzen muss, die jetzt hier eine Hoffnung auf Heilung versprechen.“

Die obersten deutschen Gesundheitswächter verlassen sich also auf Hoffnung und Versprechen.

Prof. Dirk Stichtenoth, Pharmakologe, Medizinische Hochschule Hannover
„Die tatsächliche Wirksamkeit gegen die Schweinegrippe können wir aber im Moment nicht beurteilen, weil es liegen dafür Labordaten vor, aber keine klinischen Daten bezüglich der Wirksamkeit.“
KONTRASTE
„Das heißt, wie es sich dann am Patienten auswirkt ist völlig unbekannt?“
Prof. Dirk Stichtenoth, Pharmakologe, Medizinische Hochschule Hannover
„Es ist unbekannt, wie Tamiflu am Patienten mit einer Schweinegrippe wirkt.“

Obwohl die Schweinegrippe bisher milder verläuft als die normale Grippe, raten die Gesundheitsbehörden, alle Patienten und deren Umfeld mit Tamiflu zu behandeln. Ein Irrsinn: weil genau dieser weltweite, massenhafte Einsatz die Resistenz gegen Tamiflu noch mehr befördert.

In anderen Ländern wird schon längst eine öffentliche Debatte über Tamiflu geführt. Dort warnen Wissenschaftler die Öffentlichkeit davor, sich auf Tamiflu zu verlassen. Doch in Deutschland wollen die Behörden das Problem lieber nicht thematisieren.

Das ist der Sitz des renommierten, pharmakritischen Arzneitelegramms. Herausgeben von dem Arzt Wolfgang Becker-Brüser. Er hält es für falsch, dass die Bundesländer Tamiflu im großen Stil einkaufen.

Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber „arznei-telegramm“
„Das Geld, was jetzt ausgegeben wird oder ausgegeben worden ist für die Einlagerung von Tamilfu beispielsweise, ist in meinen Augen sinnlos ausgegeben und rausgeschmissenes Geld. Erstmal müsste man eigentlich belegen, dass man von Tamiflu einen entsprechenden Gegenwert kriegt, und zwar, dass weniger Menschen sterben dadurch und dass Folgeerkrankungen, schwere Erkrankungen einer Viruserkrankung nicht passieren. Aber das ist leider nicht belegt.“

Der Pharmakonzern Roche profitiert von der Hysterie um die Schweinegrippe. Bevor sie auftauchte, sind die Verkaufszahlen von Tamiflu immer mehr gesunken. Wegen der Debatte um die Resistenzen stand das Mittel quasi vor dem Aus.

Die Schweinegrippe – ein Glücksfall für Roche. Seitdem kaufen die Bundesländer wieder.

KONTRASTE liegen E-mails vor, die Roche an Gesundheitsministerien verschickte. Als die Pandemiestufe 4 ausgerufen wurde, forderte Roche zum Kauf von Tamiflu auf. Das Angebot galt nur ganz kurz: mit Frist von heute 17.Uhr könnten noch ca. 650.000 Packungen Tamiflu gekauft werden. Wenn man das Angebot nicht annehme, der Hinweis, Zitat:
„Es ist absehbar, dass wir in eine Lieferunfähigkeit geraten könnten.“

Die nächste Mail kam prompt zur Pandemiestufe 5. Roche erhöht den Druck. Und wieder heißt es:
„Wir räumen den Ländern neuerlich eine Frist bis heute 15 Uhr ein.“

Wer später bestellt, dem könne Roche
„kein definitives Lieferdatum zusichern“, die Lieferung könne sich dann um „einen Zeitraum von mehreren Monaten“ verzögern und auch von „Lieferunfähigkeit“ ist anschließend die Rede.

Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber „arznei-telegramm“
„Das ist so, wie die Pistole auf die Brust setzen. Das ist also für einen ethisch handelnden Pharmabetrieb gar nicht zu rechtfertigen so eine Sache. Ich denke, hier soll Druck gemacht werden, damit eingelagert wird und bestellt wird, bevor nachgedacht wird. Und das ist eigentlich eine Sache - das ist unethisch.“

Auf unsere Nachfrage streitet die Firma Roche ab, Druck ausgeübt zu haben. Es sei lediglich um eine Einschätzung bezüglich der aktuellen Nachfrage gegangen.

Übrigens auch diesem Betroffenen wurde Tamiflu verordnet. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt die Grippe schon überstanden hatte.


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