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Kapitelinhalt 202. Kapitel: Paulus im Proletarierklub 'Zum guten Hirten'. Reden und Gegenreden. Der Apostel als Goldmacher. Inflationstheorie, Papiergeldschwindel und Lebenstaumel. Gleichnis vom Wettrennen.

Originaltext 1. Auflage 1898 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 2. Auflage 1929 Lorber-Verlag
Versnummerierung nach 3. Aufl. 1963, Lorber-Verlag

01] Paulus geht nun ins Haus, und sagt darinnen zu einem Haufen Menschen, die gerade eine geheime Berathung halten, wie sie eine großartigste Demonstration gegen das Ministerium könnten ins Werk setzen (?!): „Der Friede sei mit euch, ich Apostel Paulus, ein Knecht Jesu Christi, vom Herrn Selbst zu euch gesandt, ermahne euch in aller Liebe und Geduld, und in der wahren christlichen Sanftmuth, die da ist ein rechtes Schild, und ein fester Schirm gegen jeden Feind, daß ihr ablasset von euren bösen nichts fruchtenden Berathungen, von euren höchst unlauteren Begierden und daraus hervorgehensollenden Werken. Kehret eure Herzen dem HErrn zu, und traget Ihm vereint eure Noth vor, und Er wird euch helfen wahrhaft. Noch weiß die Geschichte kein Beispiel, daß der Herr je Jemanden, so er sich ernstlich an Ihn gewendet hat, nicht erhöret hätte; und Er wird auch vor euch Sein Ohr und Herz nicht verschließen, so ihr in eurer Noth euch an Ihn wendet, und in euren Herzen saget: Herr! Du liebevollster heiliger Vater! helfe uns aus unserer großen Noth, denn wir sind ja auch Deine Kinder! So ihr also reden werdet, da auch wird der Herr mitten unter euch sein, und wird Jedem geben das Seinige. Bedenket, daß eine jede Menschenhilfe gar keine Hilfe ist, sondern oft nur ein größerer Schade, als so sie nie einem sie Suchenden zutheile geworden wäre. Suchet also die Hilfe bei Gott dem Herrn aller Herrlichkeit, und es wird euch für ewig wahrhaft geholfen werden."


02] Tritt Einer aus dem Haufen zum Paulus vor, und sagt: „Was willst du, verkappter Pfaffe, und sicheres Mitglied des verkappten Paulus-Vereines, der nun schon auf eine allerunverschämteste Weise sein Metier zu treiben anfängt? Sehe, daß du weiter kommst, sonst sollst du hier in optima forma Jesum Christum erst kennen lernen!" - Spricht Paulus: „Lieber Freund! ich sage dir, daß du und deine ganze Gesellschaft euch ja schon durch eine geraume Weile nicht mehr auf der Welt, sondern rein nur im Geisterreiche befindet, und thuet aber noch immer, als wäret ihr in eurem Fleische auf der finstersten Welt. Lasset euch ermahnen, und werdet des wahren Zustandes inne, in dem ihr euch befindet!"

03] Schreiet der Hervorgetretene: „Hinaus mit diesem Schmafuh - Pfaffen! Da schau't einmal so eine Figur an! itzt will uns der Kerl begreiflich machen, daß wir schon gestorben wären. Ah' da geht der Spaß zu weit; daß er sich für 'n Paulus ausgiebt, das ist sicher eine schwärmerische Finte des neuen Paulusvereins, und gehört offenbar ins Narrhaus; aber daß wir schon Geister seien, das ist zu viel auf einmal, darum hinaus mit solch einem besonderen Paulus!"

04] Spricht Paulus: „Höret, ich will euch noch ein Wort sagen, und darnach könnet ihr mich hinaustreiben, oder behalten, wie es euch frei belieben wird. Ich selbst, als ich zu Gottes Berufe zu Damaskus in Asien vor nahe 2000 Jahren zu einem Gesandten Christi ward, da geschah es mir nicht selten, daß ich eben so, wie nun bei euch hier, und manchmal wohl noch ärger angefallen wurde wegen der damals bei den Erzjuden und auch andern Völkerschaften sehr verhaßt gewordenen Jesu-Heilslehre; aber so ich zu Jemanden im Vertrauen sagte: Freund! prüfe die Lehre! und behalte davon, das dir gut dünkt! sie kostet dich ja nichts, als allein deinen Willen, und ein wenig Verstandes zur Prüfung. Und sehet, dadurch ward beruhigt so Mancher, der Mich im ersten Momente vor Wuth und Aerger gleich hätte zerreißen mögen, und wurde am Ende selbst ein Eiferer für Jesu Heil- und Lebenslehre. Und also sage ich denn nun auch zu euch: Prüfet eher an euch, was ich zu euch geredet habe, und habt ihr etwas gefunden, das sich an euch denn doch erwahren solle; was kann euch dann hindern, es anzunehmen, und für die Folge euer Leben darnach zu richten? So ihr dieß euer eben nicht zu glänzend glücklich aussehendes Leben gut wähnet, Jemand euch aber ein offenbar besseres bietet, wahrlich ihr müßtet ja rein besessen und von allen Sinnen sein, so ihr das, was ihr bei einiger Prüfung als besser findet, von euch weiset, und das viel minder Gute behieltet. Darum prüfet, prüfet! und dann erst urtheilet!

05] Was aber habe ich mit dem neuen Paulusvereine zu thun? Wahrlich, ich sage es euch: Ich als der wahre Paulus, und dieser neue Verein unter meinem Namen haben wohl nichts anderes mit einander gemein, als den an sich selbst ganz todten Namen; in der Lehre, und der zwecklichen Tendenz aber ist er von mir noch weiter entfernt, als der geistigste Himmel und die materiellste Erde. Mehr kann ich, als der wirkliche, lebendige und leibhaftige Paulus nicht sagen, und ihr könnet von diesem meinem Bekenntnisse hinreichend entnehmen, daß ich weder ein finsterer Pfaffe, und noch viel weniger ein Paulusvereinler bin. Prüfet aber Alles zuvor, und thuet dann erst, was ihr wollet, und was euch am besten bedürftet."

06] Sprechen nun Mehrere so recht proletarisch rauh: „Ja, ja, die Red' war' grad' so dumm nicht; aber zwei schlawutzige Sach'n sind denn doch noch dabei, und das ist, daß du der wirkliche Paulus sein willst, und daß wir schon g'storb'n wär'n, da hätten wir ja entweder gar keinen Leib mehr, und wären pure Geister, oder wir wären wohl etwa gar nicht mehr, was das Gewisseste ist. So du aber doch nicht blind bist, da mußt du's ja sehen, daß wir Alle ganz vollkommene Leiber haben, mit Haut, Haaren, Fleisch und Knochen. Oder haben denn deine Geister auch Leiber? Wann das, dann magst du recht haben, aber sonst wohl in Ewigkeit nicht."


07] Spricht Paulus: "Ich sagte aber ja zu euch: Prüfet! und es wird sich zeigen, ob ich zu euch eine Unwahrheit geredet habe." - Sprechen Mehrere: „Prüfen, prüfen, das ist leicht gesagt; aber wie? das ist eine andere Frage. Wie sollen wir denn das prüfen? sollen wir das etwa einem Minister unterbreiten?"

08] Spr. Paulus: „Habt ihr kein Geld bei euch?" - Sprechen die Andern: „Geld!? welch ein dumme Frage! Wie kämen denn wir und s'Geld etwa zusammen, und das in Wien noch dazu, wo schon lange gar kein Geld mehr existirt. Nein, ist aber das wieder eine dumme Frage von dir gewesen! Wien, wir, und s'Geld!? Das ist ja beinahe schon gar nicht mehr wahr, daß in Wien einmal ein Geld existirt hat, und wir sollen nun ein Geld haben. Lumpen ja; aber lange schon kein Geld mehr. Wanns dir mit so einem Geldfetzen gedient ist, so können wir damit schon aufwarten." - Spr. Paulus: „Lasset sehen, es solle sich zeigen, was sich daraus machen läßt!"


09] Sprechen die Redner des Klubs: „Schau du, der du schon durchaus der berühmte Paulus sein willst, wir werden itzt auch ein wenig heiligschriftisch mit dir reden. Petrus soll einmal vor der Pforte des Tempels zu Jerusalem zu einem lahmen Bettler gesagt haben, als dieser ihn um ein Almosen anredete: Mein Lieber, Gold und Silber habe ich nicht; aber was ich habe, das gebe ich dir. Sieh nun, du lieber Paulus, das sagen wir nun auch mit sehr vielen und tiefen Gründen: Gold und Silber haben wir schon lange keines mehr; aber was wir haben, nehmlich Fetzen, das geben wir dir. Petrus gab zwar dem Bettler die Gesundheit, die wir dir darum nicht geben können, weil du für's erste ohnehin kerngesund bist; und wärest du's auch nicht, so könnten wir dir keine geben, weil wir keine solche Heilkraft in uns besitzen. Da wir dir sonach weder wirklich's Geld, noch irgend eine Gesundheit geben können, so nehme denn hin unsren Gewinn, da ist nichts drin'n. Sieh, ein barer 10-Kreuzer-Fetzen. Verwandle ihn, so es dir möglich, in 10 Dukaten dafür, und rechne dann auf unsere besondere allseitige Dankbarkeit!"

10] Paulus nimmt den 10-Kreuzer-Zettel, und verwandelt ihn augenblicklich in wirklich 10 allerschönste und gewichtigste Dukaten. Die Klubisten staunen über die Maßen, und sagen: „Nein, Freund, du kannst schon mehr als Birnen braten allein. Ah das ist wirklich mehr als zu viel auf einmal! Das übersteigt schon alle Döbler's und Bosko's! Das wär' so ein Künstler nach dem Herzen des Ministers Kraus, und nach dem Herzen Rothschilds, und noch sehr vielen Millionen Herzen. Nein, hörst du, Paulus, mit deiner Kunst könntest du auf's öst'reich'sche Papier ein wahnsinnigs Agio zuwege bringen. Weißt du was, wir behalten dich! du bist uns wie aus allen Herzen zugleich erwünscht."

11] Spricht Paulus: „Nicht so, und deßhalb wollen wir in eine näh're Freundschaft treten, sondern auf daß ihr der Kraft Gottes des Herrn in mir gewahr werden möget, und daraus ersehen, daß ich euch kein Lügner und Betrüger bin. Ich verlangte von euch ein Geldstück, und ihr Alle hattet nicht einmal einen reellen Kreuzer; das zeigt auf euer Leben hin, das ihr noch für ein irdisch materielles haltet, das im Grunde aber nun dennoch trotz aller eurer eingebildeten Behauptung und allerirrigsten Meinung eben so wenig Materielles in sich enthält, als eure Tasche Goldes und Silbers;

12] aber ihr gabet mir dennoch in der 10-Kreuzer-Note ein rechtes Zeugniß über den Gehalt eures Lebens. Euer nunmaliges Leben gleicht ganz diesem schlechtesten Papiergelde, dessen innrer Werth natürlich so gut wie gar keiner ist, nur äußerlich hin gilt es auf eine gewisse Zeitdauer so wie diese 10-Kreuzer-Note. Wie aber nun auf der Welt die Papiergeldbesitzer nichts als Tag und Nacht spekuliren und simuliren, wie sie aus ihren vielen Kreditpapieren klingends Geld machen könnten, so auch thut ihr, und möchtet aus euren falschen in sich völlig werthlosen Leben ein wirkliche herausbeuteln. Aber eure Mühe ist eine rein vergebliche; denn alles Werthlose läßt sich durch ein abermals Werthloses unmöglich verwerthen. So ihr fürs Papier wieder Papier ausgebet oder einlöset, saget, welchen Werth hat dann das Papier? Ich sage es euch: Gar keinen; denn je mehr neues Papier fürs ältere gesetzt wird, desto werthloser werden beide;

13] und gerade so ist es auch mit dem Leben. Das irdische Leben ist ohnehin an und für sich völlig werthlos; sein Werth liegt lediglich darin, daß man durch eine rechte und kluge Spekulation für's irdische nur scheinbare Leben ein wirkliches aus der göttlichen Lebenswechselbank erhalten kann. So ich aber das irdische Leben nur dadurch verwerthen will, um diesseits wieder in ein noch schlechteres und leereres Leben einzugehen, so nehme ich 's schlechte Papier für's bessre frühere, und bin somit ein Narr, und ein unsinnigster Spekulant.

14] Habt ihr aber noch nie ein Wettrennen gesehen, wo gute Läufer innerhalb gewisser Schranken einen Rundlauf machen, eines rechten Preises wegen, den Derjenige erhält, der natürlich am schnellsten laufen kann; und somit am ersten das bestimmte Preisziel erreicht. Ich sage es euch: Viele laufen in den Schranken; aber nur Einer bekommt den Preis. Ist denn der Preis nur dem Einen bestimmt? o, das sei ferne! Der Preis gilt Allen; aber die sich die Mühe des besseren Laufens nicht nehmen, die müssen sichs denn am Ende selbst zuschreiben, so sie leer ausgehen. Ich aber sage euch: Laufet Alle, der Preis ist groß, und reicht für Alle hin. So ihr aber gut laufen wollet, da müsset ihr aller eitlen dummen Dinge ledig sein, auf daß euch nichts im Laufe hindere, und die Füße nicht vor der Zeit beschwere und müde mache. Der Lauf ist ein ordentlicher Kampf; der aber da kämpfet, der kämpfe vollen Ernstes aufs Bestimmte und Gewisse hin, und haue mit seinem Schwerte nicht in die leere Luft. Der Gewinn ist eine gute Sache; aber der ihn nicht ernstlich mit aller Mühe anstrebt, bleibt ein armer Teufel ewig.

15] Ich machte aber auf euer Verlangen aus der 10-Kreuzer-Note 10 gute Goldstücke, und ihr habt darüber eine große Freude! Ich that das aber durch meine geheime Kraft, nicht um euch zu 10 Dukaten zu verhelfen, sondern um euch zu zeigen, was sich auch aus eurem papierenen Leben machen ließe, so ihr darnach auch so, wie nach den 10 Stück Dukaten in euch ein Verlangen trüget. Denn euer hiesiges materiell scheinendes Leben gleicht ganz der 10-Kreuzer-Note, die wohl einen fingirten, und durch die Umstände genöthigten, aber keinen reellen Werth inne hat, weil sie an und für sich nichts ist, und auch nichts Reelles im Rücken zur Deckung ihres Rennwerthes besitzt, auf das Derjenige, der sie in ihrem Nennwerthe annimmt, Rechnung machen könnte. Kann aber Jemand, wie ich, hinter diese Note 10 reelle Dukaten legen, dann freilich wird sie ein hohes Agio erhalten, wie ihr es selbst bemerket habt; so lasset denn auch ihr euch umwandeln; werfet von euch alles Eitle, Leere, Nichtige! machet leicht eure Füße, und tretet an - den Wettlauf nach des wahren Lebens Ziele, und es solle euch an meiner Seite ein rechter Preis werden!"

01] Paulus geht nun ins Haus und sagt darinnen zu einem Haufen Menschen, die gerade eine geheime Beratung halten, wie sie eine artigste Demonstration (politische Kundgebung) gegen das Ministerium ins Werk setzen könnten: "Der Friede sei mit euch! Ich, Apostel Paulus, ein Knecht Jesu Christi, vom Herrn selbst zu euch gesandt, ermahne euch in aller Liebe und Geduld und in der wahren christlichen Sanftmut, die da ist ein rechtes Schild und ein fester Schirm gegen jeden Feind, daß ihr ablasset von euren bösen, nichts fruchtenden Beratungen, von euren höchst unlauteren Begierden und daraus hervorgehen-sollenden Werken! Kehret eure Herzen dem Herrn zu, und traget Ihm vereint eure Not vor, und Er wird euch wahrhaft helfen! Noch weiß die Geschichte kein Beispiel, daß der Herr je jemanden, so er sich ernstlich an Ihn gewendet hat, nicht erhöret hätte - selbst wenn der Bittende ein größter Sünder gewesen wäre. Und Er wird auch vor euch Sein Ohr und Herz nicht verschließen, so ihr in eurer Not euch an Ihn wendet und in euren Herzen saget: »Herr, Du liebevollster heiliger Vater, helfe uns aus unserer großen Not, denn wir sind ja auch Deine Kinder!« - So ihr also reden werdet, da wird der Herr mitten unter euch sein und wird jedem das Seinige geben. - Bedenket, daß eine jede Menschenhilfe gar keine Hilfe ist, sondern oft nur ein größerer Schade, als so sie nie einem Suchenden zuteil geworden wäre! Suchet also die Hilfe bei Gott, dem Herrn aller Herrlichkeit, und es wird euch für ewig wahrhaft geholfen werden!"

02] Tritt einer aus dem Haufen zum Paulus vor und sagt: "Was willst du, verkappter Pfaffe und - sicherlich! - Mitglied des verkappten Paulusvereines, der nun schon auf eine allerunverschämteste Weise sein Handwerk zu treiben anfängt?! Sieh, daß du weiterkommst, sonst sollst du hier auf die beste Art Jesum Christum erst kennenlernen!" - Spricht Paulus: "Lieber Freund, ich sage dir, daß du und deine ganze Gesellschaft euch ja schon seit einer geraumen Weile nicht mehr auf der Welt, sondern rein nur im Geisterreiche befindet - und tuet aber noch immer, als wäret ihr in eurem Fleische auf der finsteren Welt! Lasset euch ermahnen und werdet des wahren Zustandes inne, in dem ihr euch befindet!"

03] Schreit der Hervorgetretene: "Hinaus mit diesem Schmasuh-Pfaffen! Da schaut einmal so eine Figur an! Jetzt will uns der Kerl begreiflich machen, daß wir schon gestorben wären! - Ah, da geht der Spaß zu weit! - Daß er sich für 'n Paulus ausgibt, das ist sicher eine schwärmerische Finte (List) des neuen Paulusvereins und gehört offenbar ins Narrenhaus! Aber daß wir schon Geister seien, das ist zu viel auf einmal! Darum hinaus mit solch einem besonderen Paulus!"

04] Spricht Paulus: "Höret, ich will euch noch ein Wort sagen, und darnach könnt ihr mich hinaustreiben oder behalten, wie es euch frei belieben wird. Ich selbst, als ich zu Gottes Berufe zu Damaskus in Asien vor nahe zweitausend Jahren zu einem Gesandten Christi erwählet ward, da geschah es mir nicht selten, daß ich ebenso, wie nun bei euch hier, und manchmal wohl noch ärger, angefallen wurde wegen der damals bei den Erzjuden und auch anderen Völkerschaften sehr verhaßt gewordenen Heilslehre Jesu, aber so ich zu jemanden im Vertrauen sagte: »Freund, prüfe die Lehre und behalte davon, was dir gut dünkt! Sie kostet dich ja nichts als allein deinen Willen und ein wenig Verstandes zur Prüfung!« Sehet, dadurch ward so mancher beruhigt, der mich im ersten Augenblicke vor Wut und Ärger gleich hätte zerreißen mögen, und wurde am Ende selbst ein Eiferer für Jesu Heils- und Lebenslehre. - Und also sage ich denn nun auch zu euch: Prüfet zuvor in euch, was ich zu euch geredet habe! Und habt ihr etwas gefunden, das sich an euch denn doch bewahrheiten sollte - was kann euch dann hindern, es anzunehmen und für die Folge euer Leben darnach zu richten?! So ihr dies euer eben nicht zu glänzend-glücklich aussehendes Leben gut wähnet, jemand euch aber ein offenbar besseres bietet - wahrlich, ihr müßtet ja rein besessen und von allen Sinnen sein, so ihr das, was ihr bei einiger Prüfung als besser findet, von euch wieset und das viel minder Gute behieltet! - Darum prüfet, prüfet! Und dann erst urteilet!

05] Was aber habe ich mit dem neuen Paulusvereine zu tun? Wahrlich, ich sage es euch: Ich, als der wahre Paulus, und dieser neue Verein unter meinem Namen haben wohl nichts anderes miteinander gemein, als den an sich selbst ganz toten Namen! In der Lehre und der zwecklichen Tendenz aber ist er von mir noch weiter entfernt als der geistigste Himmel und die materiellste Erde! - Mehr kann ich, als der wirkliche, lebendige und leibhaftige Paulus, nicht sagen. Und ihr könnet von diesem meinem Bekenntnisse hinreichend entnehmen, daß ich kein finsterer Pfaffe und noch viel weniger ein Paulusvereinler bin! - Prüfet aber alles zuvor und tuet dann erst, was ihr wollet und was euch am besten bedünket."

06] Sprechen nun mehrere so recht proletarisch rauh: "Ja, ja, die Red wär grad so dumm nicht! Aber zwei schlawutzige Sachen sind denn doch noch dabei! Und das ist, daß du der wirkliche Paulus sein willst, und daß wir schon g'storben wären! - Schau, wenn wir schon wirklich g'storben wären, da hätten wir ja entweder gar keine Leiber mehr und wären pure Geister oder wir wären wohl etwa gar nicht mehr, was das Gewissere ist, so du aber nicht blind bist, da mußt du's ja doch sehen, daß wir alle ganz vollkommene Leiber haben mit Haut, Haaren, Fleisch und Knochen! Oder haben denn deine Geister auch Leiber?! Wenn das, dann magst du recht haben, aber sonst wohl in Ewigkeit nicht!"

07] Spricht Paulus: "Ich sagte ja aber zu euch: Prüfet, und es wird sich zeigen, ob ich zu euch eine Unwahrheit geredet habe!"- Sprechen mehrere: "Prüfen, prüfen das ist leicht gesagt! Aber wie, das ist eine andere Frage! Wie sollen wir denn das prüfen?! - Sollen wir das etwa einem Minister unterbreiten?!"

08] Spricht Paulus: "Habt ihr kein Geld bei euch?" - Sprechen die andern: "Geld!? Welch eine dumme Frage! Wie kämen denn wir und 's Geld etwa zusammen!? Und das in Wien noch dazu, wo schon lange gar kein Geld mehr existiert! Nein, ist aber das wieder eine dumme Frage von dir gewesen! Wien, wir und 's Geld!? Das ist ja beinahe schon gar nicht mehr wahr, daß in Wien einmal ein Geld existiert hat! Und wir sollen nun ein Geld haben!? - Lumpen (unwertiges Papiergeld) ja! - Aber lange schon kein Geld mehr! - Wenn's dir mit so einem Geldfetzen gedient ist, so können wir dir damit schon aufwarten!" - Spricht Paulus: "Lasset sehen, es soll sich zeigen, was sich daraus machen läßt!"

09] Sprechen die Redner des Klubs: "Schau du, der du schon durchaus der berühmte Paulus sein willst, wir werden jetzt auch ein wenig heiligschriftisch mit dir reden! - Petrus soll einmal vor der Pforte des Tempels zu Jerusalem zu einem lahmen Bettler, als dieser ihn um ein Almosen anredete, gesagt haben: »Mein Lieber, Gold und Silber habe ich nicht, aber was ich habe, das gebe ich dir!« - Sieh nun, du lieber Paulus, das sagen wir nun auch mit sehr vielen und tiefen Gründen: ,Gold und Silber haben wir schon lange keines mehr, aber was wir haben, nämlich Fetzen, das geben wir dir!' - Petrus gab zwar dem Bettler statt des Geldes die Gesundheit, die wir dir darum nicht geben können, weil du fürs erste ohnehin kerngesund bist, und wärest du's auch nicht, so könnten wir dir keine geben, weil wir keine solche Heilkraft in uns besitzen. Da wir dir sonach weder wirkliches Geld noch irgendeine Gesundheit geben können, so nehme denn hin unsern Gewinn - da ist nichts drin! - Sieh, ein barer Zehn-Kreuzer-Fetzen! Verwandle ihn, so es dir möglich, in zehn Dukaten, und rechne dann auf unsere besondere allseitige Dankbarkeit!"

10] Paulus nimmt die Zehn-Kreuzer-Note und verwandelt sie augenblicklich in zehn wirkliche, allerschönste und gewichtigste Dukaten. - Die Klubisten staunen über die Maßen und sagen: "Nein, Freund, du kannst schon mehr als Birnen braten! - Ah, das ist wirklich mehr als zuviel auf einmal! Das übersteigt schon alle Döblers und Boskos! - Das wäre so ein Künstler nach dem Herzen des Ministers Kraus und nach dem Herzen Rotschilds und noch sehr vieler Millionen Herzen! - Nein, hörst du, Paulus, mit deiner Kunst könntest du aufs östreich'sche Papier ein wahnsinniges Agio (Aufschlaggeld, Kursaufschlag) zuwege bringen! - Weißt du was, wir behalten dich! Du bist uns wie aus allen Herzen zugleich erwünscht!

11] Spricht Paulus: "Nicht so und deshalb wollen wir in eine nähere Freundschaft treten, sondern auf daß ihr der Kraft Gottes, des Herrn, in mir gewahr werden möget und daraus ersehet, daß ich euch kein Lügner und Betrüger bin! Ich verlangte von euch kein Geldstück, und ihr alle hattet nicht einmal einen reellen Kreuzer. Das zeigt auf euer Leben hin, das ihr noch für ein irdisch materielles haltet, das im Grunde aber nun dennoch trotz aller eurer eingebildeten Behauptung und allerirrigsten Meinung ebensowenig Materielles in sich enthält wie eure Taschen Gold und Silber.

12] Aber ihr gabet mir dennoch in der Zehn-Kreuzer-Note ein rechtes Zeugnis über den Gehalt eures Lebens! - Euer nunmaliges Leben gleicht ganz diesem schlechtesten Papiergelde, dessen innerer Wert natürlich so gut wie gar keiner ist. Nur äußerlich hin gilt es auf eine gewisse Zeitdauer, so wie diese Zehn-Kreuzer-Note. Wie aber nun auf der Welt die Papiergeldbesitzer nichts als Tag und Nacht spekulieren und sinnieren, wie sie aus ihren vielen Kreditpapieren klingendes Geld machen könnten - so auch tut ihr und möchtet aus eurem falschen, in sich völlig wertlosen Leben ein wirkliches herausbeuteln! Aber eure Mühe ist eine rein vergebliche. Denn alles Wertlose läßt sich durch ein abermals Wertloses unmöglich verwerten. So ihr fürs Papier - wieder Papier ausgebet der einlöset, saget, welchen Wert hat dann das Papier? Ich sage es euch: Gar keinen! Denn je mehr neues Papier fürs ältere gesetzt wird, desto wertloser werden beide (Inflationstheorie).

13] Und gerade so ist es auch mit dem Leben! Das irdische Leben ist an und für sich völlig wertlos. Sein Wert liegt lediglich darin, daß man durch eine rechte und kluge Spekulation fürs irdische, nur scheinbare Leben ein wirkliches aus der göttlichen Lebenswechselbank erhalten kann. So ich aber das irdische Leben nur verwerten will, um in der geistigen Welt wieder in ein noch schlechteres und leereres Leben einzugehen, so nehme ich's schlechte Papier fürs bessere frühere und bin somit ein Narr und ein unsinnigster Spekulant!

14] Habt ihr aber noch nie ein Wettrennen gesehen, wo gute Läufer innerhalb gewisser Schranken einen Rundlauf machen eines rechten Preises wegen, den natürlich derjenige erhält, der am schnellsten laufen kann und somit am ersten das bestimmte Preisziel erreicht!? Ich sage es euch: viele laufen in den Schranken, aber nur einer bekommt den Preis. Ist denn der Preis nur dem einen bestimmt? O das sei ferne! Der Preis gilt allen! Aber die sich die Mühe des besseren Laufens nicht nehmen, die müssen sich's denn am Ende selbst zuschreiben, so sie leer ausgehen. Ich aber sage euch: Laufet alle, der Preis ist groß und reicht für alle hin! So ihr aber gut laufen wollet, da müsset ihr aller eitlen, dummen Dinge ledig sein, auf daß euch nichts im Laufe hindere und die Füße nicht vor der Zeit beschwere und müde mache! Der Lauf ist ein ordentlicher Kampf. Wer aber da kämpfet, der kämpfe vollen Ernstes aufs Bestimmte und Gewisse hin und haue mit seinem Schwerte nicht in die leere Luft! Der Gewinn ist eine gute Sache. Aber wer ihn nicht ernstlich mit aller Mühe anstrebt, bleibt ein armer Teufel ewig!

15] Ich machte aber auf euer Verlangen aus der Zehn-Kreuzer- Note zehn gute Goldstücke, und ihr habt darüber eine große Freude! Ich tat das aber durch meine geheime Kraft, nicht um euch zu zehn Dukaten zu verhelfen, sondern um euch zu zeigen, was sich aus eurem papierenen Leben machen ließe, so ihr darnach auch, so wie nach den zehn Dukaten, in euch ein Verlangen trüget. Denn euer hiesiges materiell scheinendes Leben gleicht ganz der Zehn-Kreuzer-Note, die wohl einen singierten und durch die Umstände genötigten, aber keinen reellen Wert innehat, weil sie an und für sich nichts ist und auch im Rücken nichts Reelles zur Deckung ihres Nennwertes besitzt, auf das derjenige, der sie in ihrem Nennwerte annimmt, Rechnung machen könnte. Kann aber jemand, wie ich, hinter diese Note zehn reelle Dukaten legen, dann freilich wird sie ein hohes Aigo erhalten, wie ihr selbst bemerket habt. - So lasset denn auch ihr euch umwandeln! Werfet von euch alles Eitle, Leere, Nichtige! Machet leicht eure Füße und tretet an den Wettlauf nach des wahren Lebens Ziel! Und es soll euch an meiner Seite ein rechter Preis werden!"

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