Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1, Seite 113


KapitelinhaltGeschichtliches vom Berge »Straßengel« (29.08.1840)

01] Im Jahre 1263, da war in dieser Gegend unter den hier wohnenden Menschen das Laster der Dieberei, des Mordes und der Unzucht so stark herangewachsen, daß es nötig war, einen Würgengel mit einer schwarzen Zornfackel hierher zu senden, die Eingeweide solcher Menschen allenthalben anzuzünden und sie zu verderben.

02] Es war das diejenige allgemeine Todesart, die damals nicht nun hier, sondern beinahe in ganz Europa in den verschiedenen Teilen unter dem Namen »der schwarze Tod« auftrat.

03] Es lebte aber zu dieser Zeit eine Mir recht wohlgefällige Bauernfamilie gegen Abend am Fuße dieses Hügels. Dem Hauswirte selbst war von Mir aus - seiner Frömmigkeit wegen - die innere Sehe gegeben.

04] An einem schwülen Sommerabende zogen sich hier schwere Gewitterwolken zusammen, und bald entleerten sich dieselben gerade über diesem Hügel, von tausend gewaltigen Blitzen mit dem furchtbarsten Donner begleitet.

05] Der Landmann merkte an diesem außergewöhnlichen Wetter eine andere Bedeutung, als es eure heutigen Naturgelehrten merken dürften, und sprach zu seinem frommen Gesinde:

06] »Liebe Kinder! Fürchtet euch nicht! Der Herr vergißt auch in Seinem Zorne derer nicht, die Ihn aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüte und aus allen Kräften lieben. Schwer zwar liegt die mächtige, strafende Rechte des ewigen Weltenlenkers über diesem schwarzen Gewölk; aber Seine Linke ruht segnend auf den Häuptern derer, die Ihn lieben. Und seid versichert, daß der Herr den nämlichen Engel, den Er der Welt schickt zur Geißel, uns gewiß und wahr zum tröstenden Retter geben wird!«

07] Und siehe, als der Landmann diese Mir wohlgefälligen Worte zu den dankbaren Herzen seiner Angehörigen gesprochen hatte, da vernimmt er von der schon damals vorbeiführenden Straße her jemanden vom Blitz, Sturm und Hagel Bedrängten um Hilfe rufen. Eiligst verläßt er das Zimmer, nimmt einen festen Tannenstock und eilt dem Bedrängten zu Hilfe, findet da einen Menschen fast halbtot auf der Straße liegen, ladet ihn alsogleich auf seine Schultern, trägt ihn in seine Wohnung und pflegt ihn daselbst die ganze Nacht hindurch.



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