Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1, Seite 87


31] Auf solche Art geht dieser Kampf oft viele Jahre vor sich. Und wenn dann eine bestimmte Lebenszeit verflossen ist, alsdann verläßt die Schnecke ihre Stelle und macht sich an den sogenannten Mund der Muschel, allwo sie mit einem ihr eigentümlichen Stachel das Fleisch der Muschel durchsticht. Dadurch öffnet sie dem Leben der Muschel die Türe, woraus sie ihr eigenes Haus verläßt, sich selbst mit diesem Leben vereinigt und dann in einer höheren Schneckengattung, als die sogenannte Nautilus-Schnecke, auftritt, allwo sie voll Freude ist, ein schönes Haus baut, selbes sogar äußerlich und innerlich mit schönen Zierraten bemalt und zum Zeichen des Sieges - besonders bei Stürmen, gleichsam ihr erhöhtes Leben zeigen wollend - eine förmliche Fahne emporschießen läßt.

32] Nun seht, das ist die ganze naturgemäße Bildungsgeschichte der Perlenmuschel und kann euch als ein sinnreiches Bild dienen, wie durch Beharrlichkeit und Ausdauer im Guten ein schöneres und erhabeneres Leben durch die Vereinigung des Guten und Wahren aus Mir hervorgeht und stark und mutig selbst die Stürme der Zeiten zu seiner Freude verwendet. Denn dem Sieger ist das Zeichen der Macht eine Krone und gibt ihm eine friedliche Seligkeit im Anblicke seines Beharrens. Nur dem Besiegten ist der Anblick der Siegestrophäen eine Qual.

33] Daher sollt auch ihr mit dem Stachel eurer Demut in euer Inneres graben, um dadurch eurem Geiste die Türe des Lebens in euch zu öffnen. Und wie die kostbaren Perlen als Zeichen edlen Strebens in der toten Muschel zurückbleiben, so werden eure Taten, wenn sie aus Meiner Liebe und Wahrheit hervorgegangen sind, der Nachwelt dauernd zurückbleiben. Und da wird keine so klein sein, daß sie nicht gleich einer auch noch so kleinen Zahlperle an die große Zierschnur des menschlichen Lebens frucht- und heilbringend gereihet werden möchte.



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