Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Supplemente S. 281


01] Denn so es in der Christenlehre irgendeinen Stifter gegeben habe, so muß er nur Einer gewesen sein, der auch nur eine Lehre den Menschen überliefert hat, und diese eine Lehre müsse einen Sinn und einen Geist haben. So aber gebe es schon seit lange her eine große Menge der von Mund zu Mund überlieferten verschiedenen Evangelien, von denen ein jedes von seinem ganz eigenen Christus spreche, der mit den andern Christusen oft nur geringe Ähnichkeit hat.

02] Es würden demnach alle die vielen Evangelien bis auf eines, welches wohl das älteste sein dürfte, vollends zu verwerfen sein. Und so dieses von den Bischöfen nicht sollte genehmigt werden, so werde er sich selbst von dem Christentume ganz abwenden und allenthalben in seinem großen Reiche das alte Heidentum wieder aufrichten lassen, das für sich - trotz der vielen Götter - um vieles einiger war als ein solches zerklüftetes Christentum." -

03] »Da schlugen ihm die griechischen Bischöfe vor, daß die Namen Matthäus, Markus und Lukas auch in die alte Christenheit zurückfallen, und nicht irgend doppelt oder auch noch mehrfach unter einem und demselben Evangelisten-Namen erscheinen. Und der Kaiser willigte dazu ein unter der Bedingung, daß man dazu auch die Lehre des heidnischen Apostels Paulus in Anbetracht ziehen solle und mit ihr alle die andern Evangelien fegen. Man machte ihn darauf aufmerksam, daß Paulus sich in seiner Lehre auch nicht immer gleich geblieben sei, indem er an die Heiden ganz andere Briefe schrieb, und an die Juden wieder andere, die sich im Sinne und Geiste nicht völlig ähnlich wären. Und Konstantin sagte, daß dies eben nichts mache; denn Paulus habe doch am meisten bewiesen durch Worte und Taten, daß er keinen falschen Christus predige, sondern nur Den, dessen Geist ihm vor Damaskus wunderbar das Amt eines wahren Apostels gegeben hat.

Was in den Codex der kanonischen Bücher übernommen wurde; spätere Bevorzugung der synoptischen Evangelien; Kapitel- und Versänderungen; Perikopenordnung (jl.ev11.281,05)

05] »Nach mehr als dreißigjähriger Beurteilung verwarf man endlich doch alles bis auf die vier noch gegenwärtig vorhandenen Evangelien samt der Apostelgeschichte des Lukas und den Briefen Pauli und einigen wenigen Briefen weniger alter Apostel Christi, mit der Offenbarung Johannis; schrieb das alles nach der Ordnung in ein Buch und hieß es infolge der beiden Briefe Pauli an die Hebräer 'Das neue Testament'!, welches dann von allen Bischöfen angenommen ward. In späteren Jahren darauf hatte man das aber wieder dahin umgemodelt, daß man den Evangelisten Johannes in den Hintergrund schob und den Matthäus, Lukas und Markus voransetzte, auch in den Kapiteln und Versen eine kleine Abänderung machte und überall vorzeichnete, an welchem Festtage ein oder das andere Evangelium dem Volke vorzutragen sei (sog. Perikopenordnung, d. Hrsg.), wonach sich die Griechen noch heutigentags richten, wie auch manche anderen christlichen Sekten.«



Home  |    Index Supplemente   |   Werke Lorbers