Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 152. Kapitel: Frage der Jünger an Jesus über den Grund Seiner Naturfreude.

01] Am Morgen vor dem (Sonnen)Aufgange befanden wir uns schon wieder im Freien, und zwar am Meeresufer, wo sich auch einige schon mehr geheilte Kurgäste befanden und sich an dem Wogenspiel der weitgedehnten reinen Wasserfläche vergnügten.

02] Es fragten Mich aber einige Jünger, sagend: »Herr und Meister, wir bemerken das, seit wir um Dich sind, daß Du stets gut eine Stunde Zeit vor dem (Sonnen)Aufgange auch zur Winterszeit Dich ins Freie begibst und Dich gleich uns Menschen an den Erscheinungen der Naturwelt erheiterst. Da Dir aber ohnehin alles erschaulich bekannt ist, was nicht nur auf und in dieser Erde, sondern auch in der ganzen Unendlichkeit ist und geschieht, war und geschehen ist und sein und geschehen wird, so haben wir schon oftmals darüber nachgedacht, wie Du an den Dingen und Erscheinungen auf einem nur kleinen Flecke dieser Erde doch noch irgendein Wohlgefallen haben kannst und magst!«

03] Sagte Ich: »Das war einmal wieder eine so recht menschlich blinde Frage von euch! So Ich an den Dingen und Erscheinungen auch in dieser materiellen Natur kein größeres und innigeres Wohlgefallen hätte denn ihr, da würde von dieser ganzen Erde mit allem, was auf ihr, in und über ihr sich befindet, gar sehr bald auch nicht ein Pünktlein mehr irgend sich vorfinden.

04] Es ist ja doch alles, was da ist, Meine ewige Liebe verkörpert vor euren Augen; wie sollte Ich dann kein Wohlgefallen an Meiner Liebe haben, die doch von Ewigkeit her Alles in Allem ist?

05] Daß Ich Mich aber stets schon am frühen Morgen, wie oft auch bis in den späten Abend, gerne im Freien befinde, das hat seinen doppelten Grund: Denn erstens sollt ihr daraus lernen, wie auch in des Menschen Seele der geistige Morgen ähnlich dem dieser Erde frühzeitig erwachen soll und dann, (daß Ich) an solch einem frühzeitigen Morgen im Menschen eben auch schon eher, als es in ihm zum vollen Aufgange kommen wird, gegenwärtig sein und Mich an dem stets heller werdenden Lebensmorgen ebenso erfreuen werde, wie Ich Mich vor euch sichtbar und euch zu einem wahren Beispiele an jeglichem Naturmorgen erfreut habe.

06] Und zweitens aber sollt ihr aus Meinem steten und frühen Morgenbesuche die Tätigkeit und den rechten Eifer kennenlernen und sollt Mir auch darin gleichen und die Menschen, denen ihr Mein Evangelium predigen werdet, dessen wohl erinnern; denn nur durch den rechten Eifer, und durch eine frühe Tätigkeit kann der Mensch zum wahren Reiche Gottes in sich gelangen und es dann auch für ewig behalten.

07] Daß Ich aber auch die Abende gerne im Freien zubringe, dadurch zeige Ich euch an, erstens, daß der Mensch auch am Abende seines Erdenlebens tätig sein soll, um zu kräftigen das innere Lebenslicht. Denn wer sich zu früh zur trägen Ruhe begibt und sich in seinem Hause dem sorglosen Schlafe ergibt, der wird es leicht erleben, daß a Diebe bei ihm einbrechen und ihn seiner Schätze berauben werden; wer aber lange wach bleibt, dem wird solch ein Unheil so leicht nicht begegnen.(a Matthäus.24,43; Lukas.12,39-40;  1. Thessalonicher.05,02jl.ev09.144,15jl.ev01.021,10jl.ev10.182,15jl.ev09.152,07)

08] Der andere und zweite Grund, warum Ich auch die Abende gerne im Freien zubringe, aber besteht in dem: Ihr mögt daraus ersehen, daß dann erst am Abend eine freie Ruhe zu einer wahren Seligkeit wird, so man schon vom frühen Morgen an den Tag über bis zum Abend hin vollauf tätig gewesen ist.

09] So ihr nun das von Mir euch Gesagte wohl begriffen habt, da bleibt in diesem Lichte, und fragt hinfort nicht so leicht wieder um Dinge, die euch nun doch schon von selbst einleuchtend sein sollten. Habt ihr das wohl verstanden, so Tut auch danach; denn aus dem Verständnisse allein könnt ihr in euch das wahre Reich Gottes nicht wachrufen!«

10] Als die Jünger und auch alle die andern das vernommen hatten, da dankten sie Mir für Meine Geduld mit ihnen und baten Mich auch für fernerhin um Geduld.

11] Und Ich sagte: »Ein jeder Mensch, der viel Liebe hat, der hat auch viel Geduld; Ich aber habe die meiste, höchste und reinste Liebe zu euch, und so habe Ich mit euch denn auch sicher die größte Geduld. Wer da in Mir verbleibt durch seine Liebe zu Mir, in dem bleibe auch Ich; denn Ich Selbst bin da ja seine Liebe und seine Geduld.«

12] Hier nahten sich Mir zwei Kurgäste und fragten den neben Mir stehenden Wirt Markus, wer Ich wäre; denn sie hätten Mich weise reden hören und hielten Mich für einen Weltweisen. Es waren dies zwei Griechen nach der Lehre des Pythagoras.

13] Markus aber sagte zu ihnen: »Da ist unaussprechbar mehr denn der griechische Weise Pythagoras! Pythagoras konnte keinen Blinden sehend und keinen Tauben hörend machen; Der aber kann das aus Seiner höchsteigenen Macht, und selbst einen Toten kann Er zum Leben erwecken! Und das ist sicher endlos mehr denn Pythagoras.«

14] Da wollten die beiden mit Mir zu reden anfangen; aber es kam ein Diener und lud uns zum Morgenmahle. Die beiden aber folgten uns bis zum Hause und harrten, bis Ich wieder aus dem Hause käme; denn sie wollten um jeden Preis Mich näher kennenlernen.

15] Diesmal hielten wir uns beim Morgenmahle über eine Stunde Zeit auf, und unseren zwei Griechen wurde die Zeit lang. Ins Haus getrauten sie sich aber doch nicht zu treten, da sie das als welthöfliche Menschen für unschicksam hielten; aber sie befragten bald den einen und bald wieder den andern Diener, ob er Mich nicht näher kenne.

16] Die Diener aber hatten von Markus das Gebot erhalten, Mich nicht ruchbar zu machen vor der Zeit, die Ich, so es nötig würde, Selbst bestimmen würde; und so konnten die beiden Griechen sogar um ein den Dienern angebotenes reichliches Trinkgeld über Mich nichts Weiteres erfahren, als was ihnen zuvor Markus gesagt hatte.

17] Endlich aber wurde unser Mahl beendet, das diesmal darum etwas länger angedauert hatte, weil unsere Maria mehrere Begebenheiten aus ihrer und auch aus Meiner Jugendzeit erzählt hatte, welche von Matthäus auch in einem besonderen Buch getreu aufgezeichnet wurden.



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