Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 159. Kapitel: Die geistige Sehe der Oberägypter.

01] Es trat aber Nikodemus zu Mir und sagte: »Herr, ich danke Dir! Durch die volle Bekehrung dieser beiden Obersten ist mir eine große Angst genommen worden; denn gerade vor diesen hatte ich stets die größte Furcht.«

02] Sagte Ich: »Lassen wir das nun gut sein! Ich werde nun ein wenig ruhen und den beiden dann auch ein Zeichen geben; darauf erst werden sie in die volle Festigkeit des Glaubens an Mich eingehen. Nun aber besprechet euch!«

03] Darauf ging Ich in die Hütte und ruhte ein wenig.

04] Ich verblieb eine kleine halbe Stunde in der Hütte ruhend, beschied aber Petrus, Jakobus und Johannes, die bei Mir in der Hütte waren, daß sie hinabgingen zu den sieben Ägyptern und ihnen kundgäben die Grundzüge des Evangeliums, und daß sie vorbereitet sein sollen auf ein Zeichen, das Ich wirken werde.

05] Die drei Jünger taten das und wurden von den sieben sehr gut aufgenommen. Petrus aber verwunderte sich über alle Maßen, als er inne wurde, daß besonders der erste von allen Meinen vielen Lehren und Taten und sogar von Meiner Jugendgeschichte viel mehr wußte als er selbst. Jakobus und Johannes, die wohl am meisten von allem aus Meiner Jugendzeit unterrichtet waren, weil sie mit Mir aufgewachsen sind, mußten selbst mit vieler Verwunderung dem Oberägypter das vollste Recht widerfahren lassen.

06] Petrus aber meinte geheim bei sich: »Da hat uns der Herr wieder einmal ganz ordentlich aufsitzen lassen! Denen sollen wir das Evangelium beibringen, - und sie kennen es ohnehin besser als wir alle drei zusammen! Warum hat uns denn der Herr das angetan?«

07] Der Oberägypter aber merkte in sich wohl, was Petrus dachte, und sagte darum: »Was denkst du nun darüber so eifrig nach, warum euch der Herr zu uns gesandt hat, da wir Seine Lehre ja ohnehin besser kennten und verstünden denn ihr? O seht, liebe Brüder, der Herr wußte, und das in höchster Klarheit, daß ihr schon so manches zu vergessen angefangen habt, und hat euch eben darum auf eine halbstündige Unterredung zu uns gesandt, auf daß ihr bei uns das wenige Verlorene wieder zurückerhalten sollt!

08] Es steht aber ja auch in euren Büchern gezeichnet, und das also: 'Die aber mit dem Herrn sind, haben manches verloren. Da aber kommen Fremde von fernen Landen und geben den Kindern die verlorenen Perlen und Edelsteine von unschätzbarem Wert zurück. Und der Herr ist darum gar freundlich auch den Fremden und nimmt sie auf in die Wohnungen Seiner Kinder.'

09] Seht, liebe Brüder, auch dieser euch ganz unbedeutend scheinende Zwischenfall war vom Herrn schon lange vorgesehen, und da alles erfüllt werden muß vom Kleinsten bis zum Größten, was die Propheten von Ihm geweissagt haben, so konnte und durfte auch diese kleine Weissagung nicht unerfüllt bleiben.«

10] Sagte darauf Petrus: »O lieber Freund, sage du mir es doch, wie du dir das alles so höchst genau hast zu eigen machen können!«

11] Sagte der Oberägypter: »Wenn dein Geist und deine Seele eins sein werden - was ihr alle Seine Erwählten bald zu gewärtigen haben werdet -, dann wirst du das schon ganz klar einsehen; aber die Seele, die noch stark an ihren Leib gebunden ist, kann das nicht einsehen und begreifen.

12] Ich kenne aber nicht nur das, was in euren Büchern geschrieben steht, sondern ich kenne auch die alten Schriften der Ägypter, der Parsen, Gebern, Indier, Sinesen und die Schriften des alten Meduhed bei den Ihyponesen. Kurz, was auf dieser Erde vom Nordpol bis zum Südpol ist und besteht, ist mir so klar bekannt wie dir daheim deine Fischerhütte in der Nähe der Stadt Kapernaum, in der der Herr schon so viele Zeichen gewirkt hat, - und dennoch die wenigsten an Ihn glauben, weil sie blinde Krämer, Makler und Geldwucherer sind. Also, was diese Erde trägt, enthält und faßt, das ist mir wohlbekannt; doch über die Erde hinaus sehe ich noch schwach.

13] Ich kenne wohl die Fest- und Wandelsterne auseinander und kann der letzteren Lauf und Stand berechnen, da ich schon in meiner frühen Jugend der altägyptischen Feldmeßkunst kundig war, es steht in mir auch eine Vermutung fest, der nach ich die Wandelsterne als dieser Erde ähnliche Welten betrachte; aber ich konnte bis jetzt noch nicht in meinem Geiste bis zu ihnen hindringen. Aber der Herr wird mir schon hier auch noch diese Fähigkeit geben, und ich werde dann überglücklich sein.

14] Ihr habt aber darüber vom Herrn schon durch Sein Wort die höchste und wahrlich vollendetste Aufklärung und Belehrung erhalten. Um die weiß ich auch, und so geht mir an Wissen auch am gestirnten Himmel nichts ab in dieser neuen Zeit; aber ich möchte das alles in meinem Geiste auch wie mit meinen eigenen Augen also schauen, wie ich die ganze Erde beschauen kann. Das wird mir und auch meinen sechs Gefährten hier zuteil werden. Dann, dann, Freund, werde ich erst ganz vollkommen sein; denn dann erst werde ich die ewige Größe des Herrn stets mehr und mehr begreifen.«



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