Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 130


Die Bekehrung der Götzenpriester.

01] Sagte Ich: ”Diese Priester sollen nach Chotinodora ziehen zu ihrem Oberpriester; dort werden sie schon die Weisung bekommen, was sie fürder zu tun haben. Die Zeit des alten, leeren Götzentums und des blindesten Aberglaubens einerseits und des gänzlichen Nichtsglaubens anderseits ist vorüber; von jetzt an werden die Menschen an den einigen, allein wahren, lebendigen und für jedermann findbaren und begreifbaren Gott der vollsten und überzeugendsten Wahrheit nach zu glauben anfangen und werden sich selbst finden in solchem Glauben und erkennen die Unsterblichkeit ihrer Seele und deren ewige seligkeitsvollste Bestimmung. Ist aber diese Zeit des innern Lichtes und Lebens gekommen, so ist's nichts mehr mit eurem blinden, phantastischen Vielgöttertume.

02] Nun tritt der Gott auf, dem die Athenienser als dem ihnen unbekannten Gotte auch einen Tempel erbaut haben, in welchem aber kein Götzenbild aufgerichtet war, sondern auf einem Altare lagen die Bücher der alten Weisen Ägyptens, und so einmal im Jahre die Menschen sich versammelten in diesem Tempel, so wurden ihnen aus den Büchern Stellen weisen Inhalts vorgelesen, und die Menschen erbauten sich allda und alldann am meisten, während sie vor den andern Götzen wenig Achtung bezeugten. Wenn aber nun dieser allein wahrhaftige Gott auftritt, so müssen vor Seinem Geiste alle die nichtigen und falschen Betrugs- und Lügengötter zunichte werden. Geht hin in euren Tempel, und ihr werdet kein Götzenbild mehr darin finden!“

03] Da schlugen die Priester die Hände über dem Kopfe zusammen und sagten: ”Herr, wenn das, dann sind wir verloren! Was wird das Volk dazu sagen?“

04] Sagte der Hauptmann: ”Das Volk habe ich unter meiner Gewalt und weiß, was ich bei einem allfälligen Aufstande zu tun habe. Das Volk wird einmal ganz in aller Ruhe und Gelassenheit unterrichtet, was das zu bedeuten hat. Stellt es sich damit höchstwahrscheinlich sehr zufrieden, weil es nun mit eurer Wirtschaft durchaus nicht mehr zufrieden war, so ist das schon etwas ganz Gutes. Sollten sich dabei einige, etwa von euch aufgewiegelt, unzufrieden gebärden, so habe ich dann schon auch wieder Mittel genug in meinen Händen, sie zur Ruhe und Zufriedenheit zu bringen. Hütet euch aber, jemanden aufzuwiegeln; denn meinen Ernst kennt ihr!

05] So aber der Tempel, der hier ohnedies nichts heißt, von den falschen Göttern leer ist, nun, so weihet ihn dem unbekannten Gott etwa nach meiner Verordnung zu eurer Besserung ein und belehrt das Volk danach, und es wird tausendmal zufriedener sein, als es so ist, wo ihr es beinahe in jeder Woche dreimal mit euren Zimbeln zusammenrufet, um ihm irgendeines Gottes Willen, den ihr erfunden habt, unter allerlei dummer und nichtssagender Zeremonie zu verkünden, wofür ihr von jedermann ein Opfer abfordert.

06] So es irgendein heller sehender Mensch nicht hergibt, so wird er mit aller Götter Strafen für hier und jenseits bedroht und auf eine Zeitlang aus der Gesellschaft der gläubigen Narren ausgeschlossen. Aber dazu müssen wir euch leider unsern Arm leihen, auf daß ihr in eurem Ansehen bleiben könnt; ziehen wir den zurück, so wird euch das Volk gleich etwas anderes erzählen anfangen! Besteht ihr aber, nur durch unsern Arm angesehen, in aller eurer Betrügerei, so werdet ihr als Verkünder der Wahrheit euch wohl noch mehr auf unsern Arm stützen können. Seht ihr das auch nicht ein?! Hat das Volk euch für eure Lügen gerne und willig ein Opfer gebracht, so wird es euch für die Wahrheit wohl noch lieber ein angemessenes Opfer darbringen. Das sehe ich als ein Laie klar ein, - warum denn ihr als weisheitsvolle Priester der Götter nicht?“

07] Sagte ein Priester von der mehr gemäßigten Art: ”Das ist alles wohl ganz gut und wahr! Es wäre ganz gut dem Volke die Wahrheit zu predigen, wenn man sie nur irgend selbst hätte; aber wo diese hernehmen? Das ist eine ganz andere Frage!“

08] Sagte der Hauptmann: ”Dafür hat euch dieser Heiland schon den rechten Rat gegeben. Zieht hin nach Chotinodora! Dort werden euch die Oberpriester schon die rechte Weisung geben; nach der handelt, und es wird dann sicher alles recht gehen! Zieht noch heute dahin, lasst euch dort unterrichten, - dann kommt und lehrt das Volk die Wahrheit!“

09] Sagte Ich zum Hauptmanne: ”Für heute sollen sie hier verweilen; morgen aber sollen sie tun nach deinem Rate. Heute aber dürften sie noch so manches hier erleben, was ihnen die Augen öffnen dürfte.“

10] Sagte der Hauptmann: ”So bleibt denn heute hier in der Gesellschaft, deren ihr als Menschen, nicht aber als Priester würdig seid!“

11] Ich aber sagte nun etwas geheim zum Hauptmanne: ”Da du nach dem allem ein Mensch bist, an dem Ich ein rechtes Wohlgefallen habe, so bekleide du jene zehn Menschen, die, in gar dürftige Lumpen gehüllt, da stehen! Ich habe sie angenommen, und sie ziehen nun als Jünger mit Mir.“

12] Sagte der Hauptmann: ”Herr, dein Wille geschehe; denn dein Wille steht für mich höher denn der meines Kaisers, weil ich es nun zu gut einsehe, daß auch des Kaisers Wille dem deinigen untertan ist und sein muß! Es ist ein leichtes, mit großen Heeresmassen zu wirken, die dem Feldherrn blindlings gehorchen und Völker und Länder erobern; aber alle Kriegsheere können nicht bloß durch ihren Willen eherne Statuen zunichte machen und ein unheilbares Fieber in einem Augenblicke heilen. Ich selbst habe eine große Macht, zu gebieten über viele Krieger und Kriegsknechte; aber meinen Sohn mußte ich trotz aller meiner Macht vier Jahre hindurch elend leiden sehen. Also steht, o du guter, wunderbarer Heiland, die Macht deines Willens ja endlos höher denn die Macht aller Kaiser und Könige auf der ganzen Erde, so groß und weit sie auch sein mag!“

13] Hierauf berief er seine Diener und gebot ihnen, die zehn Männer mit den besten Kleidern zu bekleiden. Solches geschah in wenigen Augenblicken, und der Hauptmann beschenkte sie noch reichlich mit römischem Gelde. Darauf kamen sie wieder zu uns, ganz als Römer gekleidet.

14] Der Riese nahm sich besonders ehrfurchtgebietend aus, so daß der Hauptmann unwillkürlich ausrief: ”Oh, welch eine herrliche Mannesgestalt! Wenn deine Seele ebenso groß und wohlgeformt ist, so wirst du noch Großes leisten auf Erden!“

15] Sagte Ich: ”Jawohl, das kann sehr leicht sein, es kommt da nur auf den rechten Lebensernst an! Aber Menschen, die noch nie einen ihnen freundlichen Tag begrüßen konnten, haben ihren Ernst in den Kämpfen der Nacht gestählt und werden demnach sicher am freundlichen Lebenstage auch des Lebens Ernst nicht hintansetzen.“



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