Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 244


Rangstreit der Jünger Jesu untereinander. Warnung vor Ärgernissen. Verhalten bei Ärgernissen in sich selbst.

01a] Als wir aber also aßen und tranken und am Ende voll guter Dinge wurden, was bei einer Stunde lang währte, da erhoben sich etliche Jünger von ihren Sitzen, traten zu Mir hin und fragten Mich: ”Herr, Du hast uns nun viel erzählt von der eigentlichen Gestalt des Himmelreiches, und wie es dort verschiedene Stufen der ewigen Glückseligkeit gibt, von denen einige Gott am nächsten, andere von Gott entfernter und wiederum welche gewisserart von der Gnadensonne am entferntesten abstehen. Wir fanden das ganz richtig und jeder reinen Vernunft gemäß; denn es muß auch in den Himmeln Unterschiede geben, sowohl in der Form, als in den verschiedenen Stufen der Seligkeit und der Seligen.

01b] Wir möchten aber nun von Dir erfahren, a wer denn einst in Deinen Himmeln der Erste sein wird und, wie man sagt, natürlich nach Gott der Größte.“ (a Matthäus.18,01*; = Markus.09,33-37;  Lukas.09,46-48;  Vaterbriefe.306)

02a] Es waren aber in Simon Petrus Hause mehrere kleine Nachbarskinder; a  von denen rief Ich eines zu Mir und stellte es sogleich in die Mitte der fragenden Jünger (a Matthäus.18,02*; = Markus.09,36; = Lukas.09,47;  Vaterbriefe.306)

02b] a und sagte zu ihnen: ”Wahrlich, so ihr euch nicht umkehrt von solchen weltlich hochtrabenden Gedanken und b nicht werdet ebenso demütig wie diese Kinder, da kommt ihr selbst, obwohl ihr nun Meine Jünger seid, nicht in das Himmelreich hinein! (a Matthäus.18,03*; b Markus.10,15 Lukas.18,17Matthäus.19,14;  ⇒ jl.ev05.244,02b*;  jl.ev03.165,20jl.gso1.091,08jl.gso2.102,09-10; Vaterbriefe.306

  • Matthäus.18,04] a Wer nun sich selbst erniedrigt wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich. (a ⇒ jl.ev05.244,03*; Vaterbriefe.306)

03] a Wer sich selbst erniedrigt wie dieses Kind und keine Spur irgendeines Hochmutes in sich verspürt, der ist der Größte im Himmelreiche; denn nur die wahre Demut eines reinen Herzens bestimmt allein den Seligkeitsgrad in den Himmeln. (a Matthäus.18,04*)

04a] a Wer aber ein solch armes Kind aufnimmt in Meinem Namen, wahrlich, der nimmt Mich Selbst auf! (a Matthäus.18,05*; = Markus.09,37; = Lukas.09,48Matthäus.10,40Johannes.13,20 jl.ev05.246,10; Vaterbriefe.306)

Warnung vor Ärgernissen

04b] a Wer aber durch was immer ärgert dieser noch so geringen Kinder eines, die nun mehr denn ihr selbst an Mich glauben, dem wäre es besser, so ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er dann ersäuft würde im Meere, da es am tiefsten ist. Wahrlich sage Ich euch: Wehe der Welt der Ärgernisse willen; denn sie wird eben an denen, die durch sie geärgert worden sind, ihre unerbittlichsten Richter finden!“ (a Matthäus.18,06;*; = Markus.09,42; = Lukas.17,01; = Lukas.17,02)

05] Hier wendete ein Jünger Mir ein und sagte: ”Herr, bei solcher Deiner Rede und nach ihrem Sinne wird es im Himmelreiche sehr mager aussehen; denn wo lebt auf Erden der Mensch, der, ohne es zu wollen, nicht ein oder das andere Kind irgend geärgert hat? Und ich setze den möglichen Fall, daß ein solches Kind auch nie von jemand geärgert würde, so wird es aber dennoch in seinem mannbareren Alter durch seine eigenen erwachten Triebe ganz instinktartig geärgert und zum Teil durch die notwendige Bekanntschaft mit den Gesetzen Mosis. Sage uns demnach klar, was Du uns mit solcher Rede, die sehr hart ist, hast sagen wollen!“

06] Sprach Ich weiter und sagte: ”Seid nicht blöde in eurem Denken! Welcher nur einigermaßen weise Mensch wird es dir zu einer Sünde rechnen, so du, ohne zu wissen und zu wollen, dennoch jemanden geärgert hast?! a Es kommen und müssen zwar gewisse Ärgernisse in die Welt kommen, aber da sind sie eine Zulassung von oben; Ich aber sage hier nur: b Wehe dem, durch den sie böswillig und vorsätzlich kommen!“ (a Matthäus.18,07* b Lukas.17,01)

Verhalten bei Ärgernissen in sich selbst

08a] Auf diese etwas zu freie und ziemlich kecke Frage von seiten des etwas erregten Jüngers ward Ich denn auch etwas erregt und sagte: a ”Gut, so dich deine Hand oder dein Fuß ärgert, so haue beides ab und wirf es von dir! Denn es ist dir besser, daß du lahm und als ein Krüppel eingehest ins Himmelreich, als daß du mit beiden Händen und Füßen ins ewige Feuer geworfen werdest! (a Matthäus.18,08*; Markus.09,43-44;  Matthäus.05,30;  ⇒ jl.ev05.244,08a*;  jl.ev05.245,04 ff.)

08b] a Und so dich ärgert dein Auge, da reiße es aus und wirf es von dir; denn es ist dir besser, daß du einäugig eingehest ins Himmelreich, denn daß du mit zwei Augen geworfen werdest ins Höllenfeuer!“ (a Matthäus.18,09*; Markus.09,47Matthäus.05,29;  ⇒ jl.ev05.244,08b*;  jl.ev05.245,11 ff.)

09] Hier erhob sich Petrus, dem diese Lehre auch nicht so recht munden wollte, und sagte: ”Aber Herr, gedenkest Du jener Worte nimmer, die Du bei den armen Fischern geredet hast über das Wesen der Hölle, über das Gericht und über die ewigen Strafen der verlorenen Seelen? Ja, das waren Lehren, die jede gesunde Menschenvernunft mit den höchsten Freuden begrüßen mußte! Aber was Du nun in einer Art Aufregung gelehrt hast, verwischt alles Frühere, und die alte Hölle mit ihren ewigen Strafen und ihren Satanen und Teufeln und Feuern steht wieder so wie früher in der völlig unveränderten Gestalt vor uns, und einen allerunversöhnlichsten Gott haben wir auch wieder vor uns! Ich habe es ja gewußt, daß wir sicher wieder auf das Alte zurückkommen werden, und die Indier mit ihren schaudererregenden Leibesverstümmlungsbußen haben sonach die allein wahre und richtige Lebens- und Gotteslehre!

10] Sieh, ich setze nun den Fall, daß eben jetzt diese meine linke Hand mich geärgert hat! Auf daß sie mich aber nicht irgend möglicherweise noch einmal ärgern kann, so nehme ich nach Deinem Verlangen ein Beil und haue mir die mich ärgernde Hand ab, was mir ohne einen schnellen ärztlichen Beistand offenbarst den Tod geben wird. Ich setze aber den günstigen Fall, daß ich geheilt werde und dann wieder ganz heiter einhergehe. Aber es geschieht, daß mich da einmal die noch übrige Rechte zu ärgern anfängt. Nach deiner jetzigen Lehre soll ich sie um des Himmelreiches willen auch abhauen, was nun aber rein unmöglich ist. Es fragt sich nun, was ich in diesem Falle zu tun habe, um nicht des Himmelreiches verlustig zu werden!

11] Mein lieber Herr und Meister! Mit dieser Lehre wird es nicht also gelten, wie Du sie nun ausgesprochen hast! Ob aber irgendein anderer Sinn dahintersteckt, das ist eine Frage, deren Beantwortung sicher jedem noch so weisen Menschen sehr schwerfallen dürfte. Ehe er sie also nackt, wie Du sie nun ausgesprochen hast, als wahr und als gesetzlich ernst annimmt, wird er sich sehr Zeit lassen und sicher bei seiner alten Lehre verbleiben. Ich selbst, so wertvollst auch Dein Himmelreich ist und sein kann, will dasselbe wohl durch alle mögliche Selbstverleugnung mir verdienen, aber durchs Hände- und Fußabhauen und Augenausreißen nimmer! Statt dessen nehme man sich lieber gleich das ganze Leben, und man ist dann ganz sicher vor allem Ärgernis!“



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