Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 66


Die Mädchenschändungen des Zorel.

01] Sagt Johannes: ”Wenn du die wahre Weisheit aus Gott mit der Elle des etwas geweckten Verstandes bemißt, dann hast du recht, dich vor keiner Weisheit zu scheuen. Aber da die wahre Weisheit aus Gott nie mit der kurzen Verstandeselle bemessen wird, sondern wie alles aus Gott mit dem Maße der Ewigkeit und Unendlichkeit, da dürftest du mit deinem Verstande schier etwas zu kurz kommen! Aber lassen wir das und kehren zu dem zurück, von dem wir ausgegangen sind.

02] Du sagtest mir aus guter Sachkenntnis, wie schlecht es den Zaganen in Kleinasien ergeht, und wie elend sie sind, und dass es für ihre Kinder eine rechte Wohltat sei, und mitunter auch ist, von den Sklavenhändlern aufgekauft und sodann irgendwohin weiterverkauft zu werden. Lassen wir somit das; denn du schützest eine Art guten Wollens von deiner Seite vor, und ich will dir einen Zehnteil davon zugute kommen lassen! Aber ich habe aus deiner Gewissenskammer noch etwas im Hintergrunde, und dieses sonderbare Etwas verzehrt das dir zugute kommen sollende Zehntel nahe ganz, so dass dir am Ende nichts als pur Arges wird zugeschrieben werden können! Ich zweifle, dass dir dagegen dein Verstand irgendein Recht zuerkennen wird.

03] Sage mir, womit du, sage nur für deine Person, die von dir sehr häufig vorgenommene Mädchenschändung rechtfertigst! Findest du da nicht auch irgendeinen vernünftigen Grund, nicht gegen das mosaische Gottesgesetz, sondern gegen das römische Staatsgesetz, das mit starker Ahndung gegen die Schändung unreifer Mägdlein zu Felde zieht?! Hat dich je das gewaltige Angst- und Wehegeschrei eines Mägdleins, das deiner großen Sinnlichkeit zu Gesichte stand, gerührt?! Und sind nicht bei fünf von dir, wennschon in früherer Zeit, erbärmlichst genotzüchtigte, sonst sehr wohlgestaltete Mägdlein auf eine elendeste Art von der Welt verstorben?! Dein Kompagnon zeigte dir noch den Geldschaden, der euch dadurch erwachsen war, denn die fünf zehn- bis zwölfjährigen Mägdlein hättet ihr wegen ihrer schönen und üppigen Gestalt leicht um fünfhundert Pfunde Silbers in Kahiro verkaufen können. Dich schmerzte zwar ein so bedeutender Verlust, und du verwünschtest darum auch zu öfteren Malen deine starke Geilheit; aber darum hast du sie noch nie verwünscht, weil du ein blinder Mörder von fünf gar lieblichen Mägdlein geworden bist!

04] Nun fasse du das alles zusammen und sage mir, wie du dir nun als Mensch unter den Menschen vorkommst, und ob das Maß deines Verstandes hier auch noch einen entschuldigenden Grund für dich finden wird! Mit dem, als wärest du ein ganz verwildeter, roher Naturmensch, der kaum das noch so Schlechte von etwas Gutem zu unterscheiden vermöchte, kannst du dich nicht entschuldigen; denn du hast mir ehedem recht schön gezeigt, wie bedauerlich elend die Zaganen leben, und wie solch eine Vernachlässigung eines ganzen Volkes Gott dem Herrn und Seiner Liebe und Weisheit eben keine besondere Ehre mache. Ja du fordertest mich sogar auf, dir den göttlichen Weisheitsgrund zu zeigen, aus dem ein Gott ein ganzes, großes Volk gar so elendiglich darben läßt! Du hast demnach ein ganz respektierliches Rechtsgefühl und eine vollkommene Kenntnis von Gut und Böse. Wie konntest du mit jenen Mägdlein gar so unmenschlich verfahren? Du hast sie wohl selbst darauf nach deiner schlechten Kenntnis ärztlich behandelt, verdarbst sie aber dadurch nur noch mehr als früher durch deine Geilheit! - Rede nun, und rechtfertige dich vor Gott und den Menschen!“



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