Jakob Lorber: 'Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits'


13. Kapitel: Jesu Worte über den Segen der Einsamkeit. Ein Beichtspiegel zur Förderung der Selbsterkenntnis.

Originaltext 1. Auflage 1896 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text u. Versnummerierung nach 3. Auflage 1960 Lorber-Verlag

01] Darauf spreche Ich, als der freundliche Schiffsmann: „Es mag wohl recht mißlich sein, sich lange dauernd allein zu befinden; aber ein solches länger andauerndes Alleinsein hat doch wieder sehr viel Gutes, denn man gewinnt da Zeit, über so manche Thorheiten nachzudenken, sie zu verabscheuen und ganz abzulegen, und aus sich hinauszubannen, und siehe, das ist mehr werth als die allerzahlreichste und glänzendste Gesellschaft, in der allzeit mehr Dummes und Schlechtes vorkommt, als Weises und Gutes.

02] Noch mißlicher aber ist die Lage, wenn das Alleinsein mit einer Lebensgefahr bedroht ist, wenn auch oft nur zum Scheine, aber dessen ungeachtet ist ein solches Alleinsein auch noch um tausendmale besser, als die anmuthigste und schönste Gesellschaft, denn in solchem Alleinsein bedroht einen nur ein scheinbarer Untergang, für den es noch eine Rettung gäbe, so er auch wirklich erfolget wäre; in der bezeichneten anmuthigen und schönen Gesellschaft aber bedrohen einen Menschen nicht selten tausend wirkliche Gefahren, jede vollkommen tauglich, Seele und Geist ganz zu verderben, und in die Hölle zu bringen, von der es nahe gar keinen Ausweg mehr gibt! Daher war dein gegenwärtiger Zustand für dein Gefühl wohl ein sehr mißlicher, aber für dein Wesen keineswegs ein unglücklicher;

03] denn siehe der Herr aller Wesen sorgte dennoch für dich, sättigte dich nach Maß und Ziele, und hatte mit dir eine große Geduld; denn du warst auf der Welt ein römischer Bischof, das Ich wohl weiß, und verrichtetest dein heidnisches Götzenamt zwar dem Buchstaben nach wohl sehr strenge, obschon du innerlich nichts darauf hieltest; aber so was kann doch deiner eigenen Beurtheilung nach bei Gott, der allein auf das Herz und dessen Werke sieht, unmöglich einen Werth haben; zudem warst du sehr stolz und herrschsüchtig, und liebtest trotz deines geschwornen Cölibates das Fleisch der Weiber über die Maßen; meinst du wohl, dieß könnten Gott wohlgefällige Werke sein?!

04] Du machtest dir auch mit den Klöstern viel zu schaffen und besuchtest am liebsten die weiblichen, in denen es recht viele und schöne Novizinnen gab, da du dann ein großes Wohlgefallen hattest, so sie sich vor dir wie vor einem Gott niederwarfen, und dir deine Füße umklammerten, und du sie dann auf allerlei sogenannte moralische Proben stelltest, von denen einige um nichts besser sind, als eine komplete Hurerei! Meinst du wohl, daß solch ein moralischer Eifer von deiner Seite Gott dem Herrn wohlgefällig war?

05] Was hast du auf der Welt gegen das Gebot Christi, der den Aposteln gebot, keine Säcke, somit kein Geld, keinen Rock, keine Schuhe außer im Winter, und nie zwei Röcke zu haben und zu tragen, für große Reichthümer besessen; welch ausgesuchte Speisen trug dein Tisch, welch glänzendes Fuhrwerk, welche reichsten Bischofs-Insignien zierten deine Herrschsucht?!

06] Wie oftmals hast du als seinwollender Verkünder des Wortes Gottes auf der Rednerbühne falsch geschworen, und hast dich selbst verflucht, so dieß oder jenes nicht wahr wäre, was du bei dir selbst doch in deinem ganzen Leben nie geglaubt hast?!

07] Wie oftmals hast du dich selbst beflecket; und warst im Beichtstuhle, so lange du dich noch im selben herumtriebst, unerbittlich strenge gegen die Armen und Kleinen, und ließest die Großen so leicht durch, als wie leicht da springet eine Floh durch ein Stadtthor!

08] Meinst du wohl, daß der Herr daran ein Wohlgefallen haben konnte, Dem doch das ganze römische Babylon ein Greuel ist, in seiner besten Art?

09] Hast du je gesagt in deinem Herzen: Lasset die Kleinen zu mir kommen? O sieh, nur die Großen hatten bei dir einen Werth!

10] Oder hast du je ein armes Kind in Meinem Namen aufgenommen, und hast es bekleidet, gespeiset und getränket? Wie viel Nackte hast du wohl bekleidet, wie viel Hungrige gesättiget? Wie viel Gefangene frei gemacht? O sieh, ich kenne Niemanden davon; wohl aber hast du Tausende in ihrem Geiste zu harten Gefangenen gemacht, und hast der Armuth nicht selten durch dein Verfluchen und Verdammen die tiefsten Wunden geschlagen, während du den Großen und Reichen Dispensen über Dispensen ertheiltest, natürlich für Geld, nur manchmal bei sehr großen Weltherren - aus einer Art groß imponirender Weltfreundschaft - meinst du wohl im Ernste, daß Gott derlei Werke angenehm und wohlgefällig sein könnten, und du darum sogleich nach deines Leibes Tode hättest sollen vom Mund auf in den Himmel aufgenommen werden?!

11] Ich dein Rettmann sage dir das aber nun nicht, um dich zu richten, sondern darum nur, um dir zu zeigen, daß der Herr an dir kein Unrecht that, so Er dich hier scheinbar ein wenig im Stiche ließ, und daß Er dir sehr gnädig war, darum Er nicht zuließ, daß du sogleich nach deinem Absterben vor Gott wohl verdientester Maßen zur Hölle hinab gefahren wärest.

12] Bedenke das, und schmähe nicht mehr deinen Führer, sondern danke in aller Demuth, daß du von Gott aus nicht der geringsten Gnade werth bist, so kannst du sie wieder finden. Denn so sich die getreusten Knechte als schlecht und unnütz betrachten sollen, um wie viel mehr du, der du noch nie etwas dem Willen Gottes Gemäßes gethan hast."

01] Darauf spreche Ich als der freundliche Schiffsmann: »Es mag wohl recht mißlich sein, sich lange dauernd allein zu befinden; aber ein solch länger andauerndes Alleinsein hat doch wieder sehr viel Gutes! Denn man gewinnt da Zeit, über so manche Torheiten nachzudenken, sie zu verabscheuen und ganz abzulegen und aus sich hinauszubannen. Und siehe, das ist mehr wert als die zahlreichste und glänzendste Gesellschaft, in der allzeit mehr Dummes und Schlechtes vorkommt als Weises und Gutes!

02] Noch mißlicher aber ist die Lage, wenn das Alleinsein mit einer Lebensgefahr bedroht ist, wenn auch oft nur zum Schein; aber dessenungeachtet ist ein solches Alleinsein auch noch um tausendmal besser als die anmutigste und schönste Gesellschaft! Denn in solchem Alleinsein bedroht einen nur ein scheinbarer Untergang, für den es noch eine Rettung gäbe, so er auch wirklich erfolgt wäre. In der bezeichneten anmutigen und schönen Gesellschaft aber bedrohen einen Menschen nicht selten tausend wirkliche Gefahren, jede vollkommen tauglich, Seele und Geist ganz zu verderben und in die Hölle zu bringen, von der es nahezu keinen Ausweg mehr gibt! Daher war dein gegenwärtiger Zustand für dein Gefühl wohl ein sehr mißlicher, aber für dein Wesen keineswegs ein unglücklicher.

03] Denn siehe, der Herr aller Wesen sorgte dennoch für dich, sättigte dich nach Maß und Ziel und hatte mit dir eine große Geduld! Denn du warst auf der Welt ein römischer Bischof, was ich wohl weiß, und verrichtetest dein heidnisches Götzenamt zwar dem Buchstaben nach wohl sehr strenge, obschon du innerlich nichts darauf hieltest; aber so etwas kann doch deiner eigenen Beurteilung nach bei Gott, der allein auf das Herz und dessen Werke sieht, unmöglich einen Wert haben! Zudem warst du sehr stolz und herrschsüchtig und liebtest trotz deines geschworenen Zölibates das Fleisch der Weiber über die Maßen! Meinst du wohl, dies könnten gottwohlgefällige Werke sein?

04] Du machtest dir auch mit den Klöstern viel zu schaffen und besuchtest am liebsten die weiblichen, in denen es recht viele und schöne Novizinnen gab. Du hattest dann ein großes Wohlgefallen, so sie sich vor dir wie vor einem Gott niederwarfen und dir deine Füße umklammerten und du sie dann auf allerlei moralische Proben stelltest, von denen einige um nichts besser sind als eine komplette Hurerei! Meinst du wohl, daß solch ein moralischer Eifer von deiner Seite Gott dem Herrn wohlgefällig war?

05] Was hast du auf der Welt gegen das Gebot Christi, der den Aposteln gebot, keine Säcke, somit kein Geld, keinen Rock, keine Schuhe - außer im Winter - und nie zwei Röcke zu haben und zu tragen, für große Reichtümer besessen! Welch ausgesuchte Speisen trug dein Tisch, welch glänzendes Fuhrwerk, welche reichsten Bischofsinsignien zierten deine Herrschsucht!

06] Wie oft hast du als sein wollender Verkünder des Wortes Gottes auf der Rednertribüne falsch geschworen und hast dich selber verflucht, so dies oder jenes nicht wahr wäre, was du bei dir selbst doch in deinem ganzen Leben nie geglaubt hast!

07] Wie oftmals hast du dich selbst befleckt - und warst im Beichtstuhle solange du dich noch im selben herumtriebst, unerbittlich strenge gegen die armen Kleinen und ließest die Großen so leicht durch, als wie leicht da springt ein Floh durch ein Stadttor!

08] Meinst du wohl, daß der Herr daran ein Wohlgefallen haben konnte, dem doch das ganze römische Babylon ein Greuel ist in seiner besten Art?

09] Hast du je gesagt in deinem Herzen: 'Lasset die Kleinen zu mir kommen!'? - O siehe, nur die Großen hatten bei dir einen Wert!

10] Oder hast du je ein armes Kind in Meinem Namen aufgenommen und hast es bekleidet, gespeist und getränkt? Wieviel Nackte hast du wohl bekleidet, wieviel Hungrige gesättigt, wieviel Gefangene frei gemacht? - O sieh, Ich kenne niemanden davon; wohl aber hast du Tausende in ihrem Geiste zu harten Gefangenen gemacht und hast der Armut nicht selten durch dein Verfluchen und Verdammen die tiefsten Wunden geschlagen, während du den Großen und Reichen Dispense (Ausnahmen) über Dispense erteiltest - natürlich für Geld, nur manchmal bei sehr großen Weltherren aus einer Art großimponierender Weltfreundschaft! Meinst du wohl im Ernste, daß Gott derlei Werke angenehm und wohlgefällig sein könnten und du darum sogleich nach deines Leibes Tode hättest sollen von Mund auf in den Himmel aufgenommen werden?

11] Ich, dein Rettmann, sage dir das aber nicht, um dich zu richten, sondern darum nur, um dir zu zeigen, daß der Herr an dir kein Unrecht tat, so Er dich hier scheinbar ein wenig im Stiche ließ; und daß Er dir sehr gnädig war, darum Er nicht zuließ, daß du sogleich nach deinem Absterben vor Gott wohlverdientermaßen zur Hölle hinabgefahren wärest!

12] Bedenke das und schmähe nicht mehr deinen Führer, sondern denke in aller Demut, daß du von Gott aus nicht der geringsten Gnade wert bist, so kannst du sie wieder finden! Denn so sich die getreuesten Knechte als schlecht und unnütz betrachten sollen, um wieviel mehr du, der du noch nie etwas dem Willen Gottes Gemäßes getan hast!«

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