voriges Kapitel Jakob Lorber: 'Der Saturn' nächstes Kapitel


Kapitelinhalt 19. Kapitel: Fledermausarten. Die fliegende Kuh. Das fliegende Band. Schmuckhandel auf dem Saturn.

Originaltext 1. Auflage 1855 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text, Verseinteilung und Überschriften nach 4. Auflage 1969 Lorber-Verlag

01] Bevor wir noch zu den eigentlichen Vögeln übergehen, wollen wir noch diejenige Gattung geflügelter Thiere ein wenig zu Gesichte nehmen, welche auf der Erde in das Bereich der sogenannten Flattermäuse und noch anderer dergleichen mit ähnlichen Spannflügeln versehenen Thiere gehören. Giebt es auch in unserem Planeten solche Thiere? Allerdings, und dazu bei weitem mehrere, denn auf eurem Erdkörper. es giebt zwar im eigentlichen Sinne durchaus keine Fledermäuse; aber es giebt dafür andere Thiere in großer Menge, welche mit ähnlichen Spannflügeln versehen sind. Wenn wir jedes dieser Thiere sonderheitlich betrachten wollten, so würdet ihr dazu mehr denn 10.000 Bogen Papier gebrauchen, um nur ihre Namen aufzuzeichnen. Dieses wäre doch sicher etwas Unnützes; daher wollen wir von dieser Gattung der Thiere dieses Planeten ebenfalls nur ein Paar herausheben, über die anderen aber dann nur einen allgemeinen Blick werfen.

02] Ein besonders merkwürdiges Exemplar dieser Thiere wird von den Saturnusbewohnern die fliegende Kuh genannt; dieses Thier ist von ausnehmender Schönheit, und dürfte ungefähr so groß sein, wie bei euch ein wohlausgewachsener Ochse, nur ist es ungefähr um eine halbe Klafter länger gegen den Schweif zu, denn ein Ochse bei euch. Dieses Thier hat eben auch vier Füße, die mit schönen blendend weißen Klauen versehen sind; am Rücken ist es roth, und am Bauche lichtgrün, die Haut aber sieht gerade also klein wollicht glänzend aus, als bei euch der allerfeinste Seidensammet. Der Kopf dieses Thieres hat ziemliche Aehnlichkeit mit dem Kopfe eines sogenannten Windhundes, nur die Farbe des Kopfes ist natürlich ganz anders aussehend, als diejenige eines Windhundes bei euch; denn mit dem Halse angefangen ist der Kopf lichtblau, und ist bis an die Nasenschnauze vom Rücken angefangen mit einem rothen Streifen versehen. Der untere Theil des Kopfes aber geht dann successiv in's Dunkelblaue über.

03] In den Gegenden der Vorderseite laufen links und rechts zwei lange Arme aus, welche ungefähr, wenn sie ausgespannt sind, bei 6 Klaftern im Durchmesser haben. Von diesen Armen aus spannt sich in Verbindung mit den hinteren Füßen eine starke Haut aus, versteht sich von selbst, nur dann, wenn das Thier fliegen will; denn fliegt das Thier nicht, so legt es die Arme zusammen, und zwar jeden in drei Glieder. Diese Arme schmiegen sich also geschickt an den übrigen Leib an, daß man in einer geringen Entfernung ihrer kaum gewahr wird. Wenn aber dieses Thier diese Arme zum Fliegen ausspannt, dann sieht es auch zugleich am schönsten aus; denn die Haut dieser Arme für sich selbst ist ebenfalls blendend weiß, und ein jeder Arm für sich ist am Ende mit vier wohlgestalteten Fingern versehen, welche zum Anhalten zugleich noch mit starken Spitznägeln versehen sind. Die Flügelhaut aber sieht vollkommen also aus, wie ein allerfeinst polirtes Gold, welches mit regelmäßig in einander laufenden Punkten und Streifen von hellrother Farbe geziert wäre. Die Ränder dieser Flügelhaut aber sind verbrämt, wie da ein Regenbogen leuchtet, und laufen überall in mehr denn eine Elle lange, ganz blendend weiße Fäden aus, welche ungefähr also glänzen, als wann ihr je einmal die sogenannten Glasfäden gesehen habt, wie sie ebenfalls einen lebhaften Glanz mehr denn die allerfeinste Seide von sich geben.

04] Die Augen dieses Thieres sind äußerst scharf und lebhaft, und funkeln bei Abenddämmerung wie Diamanten; die Schnauze dieses Thieres ist dunkelroth, und dessen Mund hat eine also frische rothe Farbe, wie Rosen, und seine reichlichen Zähne sind also aussehend, wie ein reiner Krystall; die Zunge aber ist ebenfalls hochroth. und verhältnißmäßig lang, also, daß sich dieses Thier derselben zu Allerlei bedienen kann, als zum Waschen seines Gesichtes, und zum Reinigen seines ganzen übrigen Leibes; denn dieses Thier hat einen äußerst biegsamen Leib. Dann kann sich dieses Thier der Zunge auch also, wie bei euch ein Hund, zum Trinken bedienen, und wenn dieses Thier die Zunge zusammenrollt, und zwar der Länge nach, so bringt es durch diese Zungenröhre einen äußerst starken Pfiff zu wege, welcher weit und breit gehört wird, solches thut dieses Thier allzeit, wenn es auffliegen will.

05] Warum aber wird denn dieses Thier dort die fliegende Kuh genannt? Solches geschieht darum, weil dieses Thier zwischen den beiden Hinterfüßen ein ganz vollkommenes Euter besitzt, welches zur Zeit, wenn es Junge zur Welt gebracht hat, mit einer überaus wohlschmeckenden Milch vollgefüllt ist. Dieses Thier wird daher auch von den Saturnusbewohnern häufig gefangen, ja auf manchen Orten sogar als ein nützliches Hausthier gezähmt; und solches um so leichter, weil es überdies ein äußerst sanftmüthiges Thier ist. Wenn ein solches Thier Junge wirft, so ist bei sechs weiblichen Individuen nur ein männliches darunter, welches sich, wenn es vollkommen ausgewachsen ist, von den Weiblichen nur dadurch unterscheidet, daß es an der Stelle des weiblichen Euters, wie ungefähr bei euch die Schafe, den sogenannten Geschlechtsbeutel hat, und am Kopfe zwischen den beiden herabhängenden weißen Ohren ein ebenfalls ganz weißes kleines, etwas nach rückwärts gebogenes Hörnchen.

06] Wenn ihr eure Gefühlsphantasie nur einiger Maßen handhaben könnet, so wird es euch nicht schwer werden, sich die Schönheit dieses Thieres vorzustellen; freilich werdet ihr euch denken und sagen: Ja, warum ist denn dieses Thier dort gar also schön, und welcher Zweck ist denn damit verbunden? - Ich aber sage euch: Machet nur einen Blick auf so manche Schönheit eurer Blumen, und auf deren mannichfache schöne Form; könntet ihr hier nicht auch fragen: Warum muß denn die Blüthe gar so schön sein; wäre zur Hervorbringung eines höchst einfachen Samenkörnchens denn nicht eine bedeutend weniger ansehnliche Blüthe tauglich? Sehet, für solche Fragen sind die Antworten noch nicht reif; denn was die Schönheit solcher Wesen betrifft, so könnet ihr den Grund noch unmöglich erfassen, da er im Bereiche Meines Lichtes oder Meiner Weisheit sitzt. - Daher begnügen wir uns nur mit der alleinigen Anschauung, und nehmen als den allgemeinen gültigen Grund aller solcher Erscheinungen an, daß Ich, der über gute und höchst weise Schöpfer aller Dinge schon gar wohl wissen werde, wozu Ich die Dinge und Wesen so und so gestaltet habe.

07] Nachdem wir also dieses Thier beschaut haben, wollen wir noch den Blick auf ein anderes solches fliegendes Thier werfen. Dieses Thier nennen die Saturnusbewohner das fliegende Band, oder manchmal auch den fliegenden Strick. Auf welche Weise kommt denn dieses Thier zu diesem Namen? Wenn wir das Thier erst ein wenig werden beschaut haben, so wird die Erklärung von selbst folgen. Sehet, dieses Thier hat seinem Leibe nach eine zierliche Ähnlichkeit mit einem wohlgebildeten Affen der Erde. Wenn es auf der Erde herumgeht, da bedient es sich der Hinterbeine, gleich einem Menschen; der vorderen Pfoten, welche sehr lang sind und gegen den Leib zu ebenfalls mit einer Flughaut versehen, welche ebenfalls bis zur Hälfte der Hinterbeine befestigt ist, bedient sich dieses Thier gleich also, wie sich der Affe bedient seiner Vorderpfoten. Wenn dieses Thier aufrecht steht, da hat es eine Länge von drei Klaftern; wenn es sich aber zusammenkauert, dann ist es natürlich mehr als um die Hälfte kürzer. Der Leib dieses Thieres hat an und für sich gar nichts Ausgezeichnetes, außer, daß es am Bauche sehr lichtbläulich aussieht, und zu Ende des Rückens dunkelrothe Wolle hat.

08] Was ist demnach aber das eigentlich Auszeichnende dieses Thieres? Solches ist sein Schweif, welchen dieses Thier nur dann aufrollet oder vielmehr ausbreitet, wenn es fliegt; wann es aber auf der Erde herumgeht, dann rollt es den Schweif also geschickt zusammen, daß derselbe ihm dann über den Steiß also zu liegen kommt, als hätte ihm Jemand eine runde Rolle irgend eines Ueberzeuges angebunden. Dieser Schweif hat bei einem ausgewachsenen Thiere, das wir so eben betrachteten, nicht selten eine Länge von 90 bis 100 Klaftern eures Erdmaßes, und ungefähr eine Breite von einer Elle, und ist bei alldem so fein, daß er im zusammengerollten Zustande kaum eine Rolle von zwei Spannen Durchmesser bildet. - Das Aufrollen geschieht durch innere durch den ganzen Schweif gezogene Gefühlsfäden; denn der Schweif hat keine Glieder, sondern ist pur eine Hautverlängerung des Rückens. Seine Farbe ist die eines allerhellsten Regenbogens, und ist von unten also mit kleiner und äußerst kurzer Wolle versehen, wie ein ausgeschnittener Seidensammet, so, daß diese Wolle lauter kleine sehr hellscheinende Wollenwärzchen bildet. Nun könnt ihr euch schon von selbst die Frage beantworten, warum dieses Thier das fliegende Band genannt wird.

09] Nur sehr selten findet man aber, besonders in den volkreicheren Ländern, dieses Thierchen noch im Besitze seines Schweifes; denn die Saturnusbewohner gehen sehr häufig auf die Jagd dieses Thieres aus, welches sich am Tage sehr leicht fangen läßt, da es zu dieser Zeit niemals auffliegt. Sobald aber ein solches Thier gefangen wird, so geschieht ihm sonst zwar nichts, aber mit dem Schweife kommt es auf keinen Fall mehr davon, denn dieser wird ihm sobald knapp am Rücken abgeschnitten, und von den Saturnuseinwohnern, besonders was die Vorzüglichsten des Landes betrifft, als Kleiderschmuck benutzet; besonders sind wieder die Weiber große Freundinnen dieses Schmuckes, nachdem sie es zuvor mit einem wohlriechenden Blumenöle vollkommen biegsam, und gleich eurem Leder zäh und haltbar machen. Gewöhnlich wird dann dieser Schweif entweder als ein Stirnband getragen; von Manchen aber wird er auch um die Lenden geschlungen. Dieses Thier ist demnach den Saturnusbewohnern ein stets willkommener Gast; und weil dem Thiere nach und nach der abgeschnittene Schweif wieder nachwächst, so wird auch dieses Thier in einigen Ländern gezähmt und gewisserart im Hause aufgezogen.

10] Mit dieser Zucht geben sich vorzugsweise die euch schon etwas bekannten Saturnusjuwelenhändler ab; und da der Preis des Schweifes vorzüglich nach der Länge bestimmt wird, so geschieht es nicht selten, daß sie zwei, manchmal auch drei kürzere Schweife zusammenheften, und verkaufen es dann als einen ganzen. Wenn dieser Betrug aber entdeckt wird, so wird ein solcher Saturnuskaufmann von den Weibern ebenfalls sehr empfindlich gezüchtiget,

11] indem in diesem Planeten es sehr häufig der Fall ist, daß die Weiber über das menschliche Geschlecht gewisserart die Jurisdiktion ausüben; denn das männliche Geschlecht im Saturnus ist gewöhnlich, wie ihr zu sagen pflegt, vorzugweise äußerst verliebt; aus diesem Grunde ist es dann auch zu nachgiebig, und läßt sich nicht selten aus lauter Liebe zu den Weibern bei der Nase herumführen, wie es den Weibern nur immer beliebt; jedoch sind anderseits die Weiber im Verhältnisse zu den Weibern der Erde um's Unvergleichliche züchtiger und häuslicher; was dann auch sehr bedeutend dazu beiträgt, daß ihnen die Männer höchst geneigt sind, und ihnen auch gerne so manche auszeichnende Vorrechte einräumen. Jedoch in der Folge, wenn wir zu den Saturnusbewohnern kommen werden, wird davon ohnehin Alles gehörig beleuchtet werden; und so wenden wir uns wieder zu unserem Thierreiche.

01] Bevor wir nun zu den eigentlichen Vögeln übergehen, wollen wir noch diejenige Gattung geflügelter Tiere ein wenig zu Gesicht nehmen, welche auf der Erde in den Bereich der sogenannten Flattermäuse und noch anderer dergleichen, mit ähnlichen Spannflügeln versehener Tiere gehören. - Gibt es auf unserem Planeten solche Tiere? - Allerdings, und dazu bei weitem mehr als auf eurem Erdkörper. Es gibt zwar durchaus keine Fledermäuse im eigentlichen Sinne; aber es gibt andere Wesen in großer Menge, welche mit ähnlichen Spannflügeln versehen sind. Wenn wir jedes dieser Tiere sonderheitlich betrachten wollten, würdet ihr dazu mehr als zehntausend Bogen Papier brauchen. Dieses wäre aber doch sicher etwas Unnützes. Daher wollen wir von dieser Gattung der Tiere dieses Planeten ebenfalls nur ein paar herausheben, auf die anderen aber dann nur einen allgemeinen Blick werfen.

02] Ein besonders merkwürdiges Exemplar dieser Tiere wird von den Saturnbewohnern die Fliegende Kuh genannt. Dieses Tier ist von ausnehmender Schönheit und dürfte ungefähr so groß sein wie bei euch ein wohlausgewachsener Ochse, nur ist es ungefähr um eine halbe Klafter länger gegen den Schweif zu als ein Ochse bei euch. Dieses Tier hat auch vier Füße, die mit schönen, blendendweißen Klauen versehen sind. Auf dem Rändern ist es rot und am Bauche lichtgrün. Die Haut aber sieht gerade so kleinwollicht glänzend aus wie bei euch der allerfeinste Seidensamt. Der Kopf dieses Tieres hat ziemliche Ähnlichkeit mit dem Kopf eines Windhundes, nur die Farbe ist ganz anders. Vom Halse angefangen ist der Kopf lichtblau und vom Rücken angefangen bis an die Nasenschnauze mit einem roten Streifen versehen. Der untere Teil des Kopfes aber geht nach und nach ins Dunkelblaue über.

03] In der Gegend der Vorderfüße laufen links und rechts zwei lange Arme aus, welche, wenn sie ausgespannt sind, ungefähr sechs Klafter im Durchmesser haben. Von diesen Armen aus spannt sich in Verbindung mit den hinteren Füßen eine starke Haut aus, versteht sich von selbst, nur dann, wenn das Tier fliegen will; denn fliegt das Tier nicht, so legt es die Arme zusammen, und zwar jeden in drei Glieder. Diese Arme schmiegen sich so geschickt an den übrigen Leib an, daß man in einer geringen Entfernung ihrer kaum gewahr wird. Wenn aber dieses Tier die Arme zum Fliegen ausspannt, sieht es am schönsten aus; denn die Haut dieser Arme ist ebenfalls blendendweiß. Und ein jeder Arm ist am Ende mit vier wohlgestalteten Fingern versehen, die zum Festhalten zugleich noch mit starken Spitznägeln versehen sind. Die Flügelhaut aber sieht aus wie ein allerfeinst poliertes Gold, welches mit regelmäßig ineinanderlaufenden Punkten und Streifen von hellroter Farbe geziert wäre. Die Ränder dieser Flügelhaut sind verbrämt wie mit einem leuchtenden Regenbogen und laufen überall in mehr als eine Elle lange, ganz blendend weiße Fäden aus, welche ungefähr glänzen wie Glasfäden, die mehr Glanz als die allerfeinste Seide haben.

04] Die Augen der Fliegenden Kuh sind äußerst scharf und lebhaft und funkeln bei Abenddämmerung wie Diamanten. Die Schnauze dieses Tieres ist dunkelrot, und sein Mund hat eine frische, rote Farbe wie Rosen. Seine zahlreichen Zähne sehen aus wie ein reiner Kristall. Die Zunge ist ebenfalls hochrot und verhältnismäßig lang, so daß sich dieses Tier derselben zu allerlei bedienen kann, so zum Waschen seines Gesichtes und zum Reinigen seines ganzen übrigen Leibes; denn dieses Tier hat einen äußerst biegsamen Leib. Es kann sich seiner langen Zunge ähnlich wie bei euch ein Hund zum Trinken bedienen. Und wenn dieses Tier die Zunge zusammenrollt, und zwar der Länge nach, so bringt es durch diese Zungenröhre einen äußerst starken Pfiff zuwege, welcher weit und breit gehört wird; solches tut dieses Tier allezeit, wenn es auffliegen will.

05] Warum aber wird denn dieses Tier dort die Fliegende Kuh genannt? - Dieses Tier besitzt zwischen den beiden Hinterbeinen ein ganz vollkommenes, mit vier Zitzen versehenes Euter, welches zur Zeit, wenn es Junge zur Welt gebracht hat, mit einer überaus wohlschmeckenden Milch vollgefüllt ist. Es wird daher auch von den Saturnbewohnern häufig gefangen, ja an manchen Orten sogar als ein nützliches Haustier gezähmt; und solches um so leichter, weil es überdies ein äußerst sanftmütiges Tier ist. Wenn ein solches Tier Junge wirft, ist bei sechs geborenen Kälbern nur ein männliches darunter, welches, wenn es vollkommen ausgewachsen ist, sich von den weiblichen dadurch unterscheidet, daß es an der Stelle des weiblichen Euters, wie ungefähr bei euch die Schafe, den sogenannten Geschlechtsbeutel hat und am Kopf zwischen den beiden herabhängenden weißen Ohren ein ebenfalls ganz weißes, kleines, etwas nach rückwärts gebogenes Hörnchen.

06] Wenn ihr eure Vorstellungskraft nur einigermaßen gebrauchen könnt, wird es nicht schwer werden, euch die Schönheit dieses Tieres vorzustellen. Freilich werdet ihr denken und sagen: Ja warum ist denn dieses Tier dort gar so schön, und welcher Zweck ist denn damit verbunden? - Ich aber sage euch: Richtet nur einen Blick auf so manche Schönheit eurer Blumen und auf deren mannigfache schöne Form - könntet ihr hier nicht auch fragen: »Warum muß denn die Blüte gar so schön sein? Wäre zur Hervorbringung eines höchst einfachen Samenkörnchens nicht eine bedeutend weniger ansehnliche Blüte tauglich?« - Sehet, für solche Fragen sind die Antworten noch nicht reif; denn was die Schönheit solcher Wesen betrifft, so könnt ihr den Grund noch unmöglich erfassen, da er im Bereich Meines Lichtes oder Meiner Weisheit liegt. - Daher begnügen wir uns nur mit der alleinigen Anschauung und nehmen als den allgemein gültigen Grund aller solcher Erscheinungen an, daß Ich, der übergute und höchst weise Schöpfer aller Dinge, schon gar wohl wissen werde, wozu Ich die Dinge und Wesen so gestaltet habe.

07] Nachdem wir also dieses Tier beschaut haben, wollen wir noch den Blick auf ein anderes solches fliegendes Tier werfen. - Dieses nennen die Saturnbewohner das Fliegende Band oder manchmal auch den Fliegenden Strick. - Auf welche Weise kommt denn das Wesen zu diesem Namen? - Wenn wir es erst ein wenig beschaut haben werden, wird die Erklärung von selbst folgen. Sehet, dieses Tier hat seinem Leibe nach eine ziemliche Ähnlichkeit mit einern wohlgebildeten Affen der Erde. Wenn es auf der Erde umhergeht, bedient es sich der Hinterbeine gleich einem Menschen. Der vorderen Pfoten, welche sehr lang und gegen den Leib zu bis zur Hälfte der Hinterbeine mit einer Flughaut versehen sind, bedient sich dieses Tier ebenso wie sich der Affe seiner Vorderpfoten bedient. Wenn es aufrecht steht, hat es eine Länge von drei Klaftern; wenn es sich aber zusammenkauert, dann ist es mehr als um die Hälfte kürzer. Der Leib dieses Tieres hat an und für sich gar nichts Ausgezeichnetes, außer daß er am Bauch sehr lichtbläulich aussieht und zu Ende des Rückens dunkelrote Wolle hat.

08] Was ist demnach aber das eigentliche Auszeichnende dieses Geschöpfes? - Solches ist sein langer Schweif, den es nur dann ausrollt oder vielmehr ausbreitet, wenn es fliegt. Wenn es auf der Erde umhergeht, rollt es den Schweif so geschickt zusammen, daß derselbe ihm über dem Steiß zu liegen kommt, als hätte ihm jemand eine runde Rolle irgendeines Überzeuges angebunden. Dieser Schweif hat bei einem ausgewachsenen Tier nicht selten eine Länge von neunzig bis einhundert Klaftern eures Erdmaßes und ungefähr eine Breite von einer Elle und ist bei alldem so fein, daß er im zusammengerollten Zustand kaum eine Rolle von zwei Spannen Durchmesser bildet. - Das Aufrollen geschieht durch innere, durch den ganzen Schweif gezogene Gefühlsfäden; denn der Schweif hat keine Glieder, sondern ist nur eine Hautverlängerung des Rückens. Er zeigt die Farbe eines allerhellsten Regenbogens und ist oben und unten mit kleiner und äußerst kurzer Wolle also versehen, wie ein unaufgeschnittener Seidensamt, so daß diese Wolle lauter kleine, sehr hellschimmernde Wollwärzchen bildet. Nun könnt ihr euch schon von selbst die Frage beantworten, warum dieses Tier das »Fliegende Band« genannt wird.

09] Nur sehr selten findet man aber, besonders in den volkreicheren Ländern, dieses Geschöpf noch im Besitz seines Schweifes; denn die Saturnbewohner gehen sehr häufig auf die Jagd dieses Tieres aus, welches sich am Tage sehr leicht fangen läßt, da es zu dieser Zeit niemals auffliegt. Sobald ein solches nun gefangen wird, geschieht ihm sonst zwar nichts, aber mit dem Schweif kommt es auf keinen Fall mehr davon; denn dieser wird ihm alsbald knapp am Rücken abgeschnitten und von den Saturnbewohnern, besonders den Vornehmsten des Landes, als Kleiderschmuck benützt. Hauptsächlich sind wieder die Frauen große Freundinnen dieses Schmuckes, nachdem sie ihn zuvor mit einem wohlriechenden Blumenöle vollkommen biegsam und gleich eurem Leder zäh und haltbar gemacht haben. Gewöhnlich wird dann dieser Schweif entweder als ein Stirnband getragen; von manchen aber wird er auch um die Lenden geschlungen. Dieses Tier ist demnach den Saturnbewohnern ein stets willkommener Gast. Und weil dem Tiere nach und nach der abgeschnittene Schweif wieder nachwächst, wird auch dieses Tier in einigen Ländern gezähmt und gleichsam im Hause aufgezogen.

10] Mit dieser Zucht geben sich vorzugsweise die euch schon etwas bekannten Saturnjuwelenhändler ab. Und da der Preis des Schweifes vornehmlich nach der Länge bestimmt wird, so geschieht es nicht selten, daß sie zwei, manchmal auch drei kürzere Schweife zusammenheften und sie dann als einen ganzen verkaufen. Wenn dieser Betrug aber entdeckt wird, wird ein solcher Saturnkaufmann von den Frauen ebenfalls sehr empfindlich gezüchtigt.

11] Auf diesem Planeten ist es nämlich sehr häufig der Fall, daß die Frauen über das männliche Geschlecht sozusagen die Jurisdiktion (Rechtsprechung) ausüben; denn das männliche Geschlecht im Saturn ist gewöhnlich, wie bei euch zulande, äußerst verliebt. Aus diesem Grunde ist es dann auch zu nachgiebig und läßt sich nicht selten aus lauter Liebe zu den Weibern an der Nase herumführen, wie es den Putzsüchtigen immer beliebt. Jedoch sind anderseits die Frauen im Verhältnis zu denen der Erde ums Unvergleichliche züchtiger und häuslicher; was dann auch sehr bedeutend dazu beiträgt, daß ihnen die Männer höchst geneigt sind und ihnen auch gerne so manche auszeichnende Vorrechte einräumen. Jedoch in der Folge, wenn wir zu den Saturnbewohnern kommen, wird davon ohnehin alles gehörig beleuchtet werden. Und so wenden wir uns wieder zu unserem Tierreich.

voriges Kapitel Home  |    Inhaltsverzeichnis  |   Werke Lorbers nächstes Kapitel