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Kapitelinhalt 14. Kapitel: Die Stangenschnecke. Die Pyramidenschnecke. Die wunderbare Scheibenschnecke liefert Mantel, Salbe und Gartenschmuck des Patriarchen auf dem Saturn.

Originaltext 1. Auflage 1855 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text, Verseinteilung und Überschriften nach 4. Auflage 1969 Lorber-Verlag

01] Nach dieser eben beschriebenen und erklärten Riesenmuschel kommen dann, wie schon gesagt worden ist, die Schnecken, d. i. vorzugsweise für's Erste diejenigen, welche in den Gewässern vorkommen, und dann erst diejenigen mehr ausgebildet dem eigentlichen Leibeswesen nach, die da vorkommen auf dem Lande.

02] es giebt aber wieder in den Wässern alldort tausend Gattungen der Schnecken, wo immer die Gattungen also in einander geordnet sind, daß da nach eurem Kunstausdrucke in metaphysischer Hinsicht eine aus der andern hervorgeht. Besser wäre der Ausdruck, so ihr sagen möchtet: in der lebensvermehrenden Hinsicht.

03] Was die früheren Gattungen der Schnecken betrifft, so sind diese für's Erste für euer schaulustiges Auge zu wenig von einigem bedeutenden Interesse, obschon sich über jede unerschöpfliche Bände von Büchern darüber schreiben ließen; und für's Zweite würdet ihr auch nur bei einiger auseinandersetzenden Beschreibung mit der Menge nicht fertig. Daher wollen wir auch von diesen Schalthieren nur diejenigen letzten Gattungen hervorheben, die für euch von besonders ausgezeichnetem Interesse sein können. Und also sind für euch bloß die letzten 5 Gattungen näher zu bestimmen und zu erörtern, des wunderbaren Interesses wegen, nothwendig.

04] Die erste dieser 5 letzten Gattungen ist die sogenannte Stangenschnecke, und darum besonders merkwürdig, weil das Gewinde dieser Schnecke sich gleich einer langgedehnten Schraube verähnlicht, welches also aussieht, als wenn ihr eine 10 Klaftern lange Stange zu einer Schraube umwandeln ließet, oder noch besser bezeichnet, als wenn ihr um diese Stange ein langes Seil also umgewunden hättet, daß da ein Gewinde sich an das andere von unten an bis oben fest anschließen möchte; nur müßt ihr euch die Stange nicht etwa allzudünn vorstellen, sondern also, daß sie zu unterst an der dicksten Seite einen Durchmesser von 5 Fuß hat, und also dann gespitzt zuläuft, und auch die Gewinde in diesem Verhältnisse immer dünner werden. Auf eurer Erde könntet ihr eine solche Schnecke eher eine Art gewundenen Obelisken nennen; allein die Benennung Stangenschnecke ist hier darum gegeben, weil dieses Thier von den Saturnusbewohnern also benennet wird.

05] Ihre Außenfarbe ist von der wahrhaft wunderbarsten Schönheit; denn an der dicksten Seite ist sie ganz vollkommen also rosenroth, als wenn ihr fein polirtes Silber mit eben dieser Farbe überziehen möchtet. Gegen die Spitze aber wird sie immer dunkler roth mit demselben metallischen Schimmer, so daß sie alle Rosenfärbungen vom blässesten bis zum dunkelsten Roth durchmacht. Aber nicht nur allein diese Farbe ist die alleinige Pracht dieser Schnecke, sondern die Verzierung des Gewindes; denn der langgewundene Bauchgürtel dieser Schnecke ist durchgehends also geziert, als wenn ihr denselben in der schönsten Ordnung mit immer größern und größern Perlen verziert hättet, und der Graben zwischen den Bauchgewinden aber ist geziert mit einem goldenen Bande, welches an und für sich noch die schönsten nach eurem Ausdrucke, Arabesken-Figurationen enthält. Also alsdann ist das Haus dieser Schnecke beschaffen.

06] Das innewohnende Thier ist weniger interessant, denn es besteht bloß in einem polypenartigen Wurme, versehen mit 4 Freß- oder Säugrüsseln. Seine Nahrung sind kleine Schnecken, wie auch kleinere Muscheln, welche dieses Thier mit dem untersten seiner Saugrüssel erhascht, dann zerdrückt, und sodann solche zerquetschte Speise in den sogenannten Freßrüssel steckt; mit den andern 2 Rüsseln aber lavirt dieses Thier blos um sich herum, ob es nicht irgend etwas zu fressen giebt, und ob sich nicht auch etwa zugleich ihm einige feindselig gesinnte Nachbarn nähern. Wenn solches der Fall ist, da zieht sich dieses Thier alsobald in sein schönes Haus zurück, und verschließt den Ausgang alsobald mit einer weißlichten Kruste; jedoch häufig nützt ihm diese Vorsicht nichts, denn seine Feinde bestehen in einer später zu beschreibenden Art Schwertkrebsen, welche diese Kruste bald durchstoßen, und dann als Räuber in das Haus dieses Thieres dringen, und das arme Thier nach und nach bis auf den letzten Tropfen aufzehren, welche Krebse aber dann doch wieder selbst ein Raub von einer andern größern Schnecke werden, von der sobald die Rede sein wird.

07] Die Bewohner des Saturnus sammeln die Schalen dieser Stangenschnecken und verzieren nicht selten damit ihre Gärten, manchesmal aber benutzen sie solche Schnecken zu Wasserleitungen. Wo das Wasser auf irgend einer bedeutenden Höhe entspringt, da fangen sie mit der Mündung der Schnecke das Wasser auf, schlagen auf dem dünnen Theile die Spitze ab, und so strömt hier das Wasser natürlicher Weise mit bedeutender Heftigkeit heraus, unter dieser Mündung setzen sie wieder eine zweite Schnecke mit der breiten Mündung, und also fort, daß sie auf diese Weise dann nicht selten das Wasser viele Meilen nach Belieben irgendwohin bergabwärts leiten. Daß eine solche Wasserleitung nicht uninteressant anzusehen ist, mögt ihr euch wohl vorstellen.

08] Die nächste Gattung Schnecken ist die sogenannte Pyramidenschnecke; ihre Farbe ist ganz einförmig grasgoldgrün, und der Bauchgürtel ist mit verhältnißmäßig großen schneeweißen eiförmigen Flächen geziert, deren Rand also verbrämt ist, als so ihr eine solche alabasterne Tafel möchtet in eine verhältnißmäßige blank polirte goldene Rahme fassen. Die Schnecke ist sehr groß, und wenn ihr sie auf der breiten Seite hier auf der Erde irgendwo ausstellen möchtet, so dürfte sie mit ihrer Höhe wohl um ein Bedeutendes euren Stadtsschloßberg beschämen. Dieses in diesem Hause inwohnende Thier sieht der Farbe nach ganz dunkelgrau aus, und hat gleich einem ungeheuer großen Elephanten einen weit um sich greifenden überaus starken Rüssel, zu dessen beiden Seiten zwei andere schwächere Rüssel hinausgeschoben werden, auf deren äußersten Enden ein scharfsehendes Auge sitzt; zu unterst hänget im Falle einer Bereisung der Meeresfläche diese Schnecke auch ein Paar weißlichte und starke Ruder hinaus, vermöge welcher sie dann auf der Oberfläche des Meeres eine ziemlich schnelle Bewegung zu machen im Stande ist. Wenn sie also auf dem Meere fährt, hat sie ihr Haus nach oben gekehrt, daß da eine solche fahrende Schnecke in einiger Entfernung sich ausnimmt, wie eine auf der Oberfläche des Meeres schwimmende Pyramide.

09] Diese Schnecke ist ziemlich bösartiger Natur, und fällt auch Menschen an, die sie da mit ihrem Rüssel umwindet, erdrückt und alsobald in ihren weiten Rachen steckt. Allein die Saturnusbewohner kennen ihre Art gar wohl, und sind daher schon allezeit gerüstet, wenn sie auf ihren Fang ausgehen; denn da haben sie eine lange Schlinge und warten mit derselben auf die ziemlich schnell herbeieilende Schnecke, werfen dann die Schlinge um ihren weit hervorstehenden Rüssel, ziehen solche schnell zusammen, und die Schnecke ist dann schon so gut wie für alle Zeiten gefangen; denn da diese Schnecke alldort schon ein athmendes Thier ist und den Athem durch den Rüssel einzieht, so erstirbt sie auch sehr bald, wenn sie nicht mehr zu athmen vermag. Die Bewohner merken ihren vollkommenen Tod dadurch, so sie aus ihrem Rachen anfängt einen weißlichten Saft zu lassen; denn solcher Saft ist dann schon ein Zeichen der innern alsobald begonnenen Verwesung.

10] Die Bewohner des Saturnus sammeln solchen Saft sehr emsig auf, seines außerordentlichen Wohlgeruches wegen, welcher um's Unvergleichliche euere Ambra übertrifft. Hat nun dann eine solche Schnecke aufgehört ihren Saft von sich zu lassen, alsdann lassen sie die ganze Schnecke wieder aus, und alsobald findet sich eine Menge Meeresungeziefer, welches eine solche Schnecke in wenigen Tagen rein verzehrt, d. h. bis auf die harte Schale, welche bei dieser Schnecke sehr fest und massiv ist, also zwar, daß an der breiten Ausmündung die Schale nicht selten 4 bis 5 Klafter dick ist. Wenn nun auf diese Weise die Schale geräumt ist, so wird diese von den Saturnusbewohnern aus dem Meere herausgeholt, und zwar zur Zeit der Ebbe der Meeresniederung, und wird dann auf dieselbe Weise wie die große Muschel an Ort und Stelle geschafft.

11] Diese Schnecke nährt sich vorzüglich von der schon früher erwähnten Art der Schwertkrebse, deren es eine Menge von den verschiedensten Größen giebt; jedoch größer ist keiner denn der sogenannte Meerkrebs bei euch, aber kleiner wird dieses Thier häufig angetroffen, und oft so klein, wie bei euch ungefähr eine Heuschrecke. Wann macht aber diese zweite oder Pyramidenschnecke einen solchen Haupt-Schwertkrebsen-Fang? Solcher Fang geschieht, wenn diese Krebse oft gerade am sorgfältigsten beschäftiget sind, um eine schon früher bekannt gemachte Stangenschnecke auszuzehren. Wenn da die Pyramidenschnecke ein mit solchen Krebsen gefülltes Stangenschneckenhaus antrifft, umwindet sie dasselbe mit ihrem Rüssel und begiebt sich damit an ein Ufer, legt dann das Stangenschneckenhaus mit der breiten Seite außer dem Wasser; wenn also die Krebse sich außer Wasser befinden, da fängt dann einer nach dem andern an aus der Schnecke zu kriechen, bei welcher Gelegenheit auch einer nach dem andern unfehlbar aufgezehrt wird. Und so sind diese Krebse gewisserart eine Mittel- Leben sammelnde Thierklasse, vermöge welchem dann das Leben einer Schnecke potenzirt in das Leben einer andern übergeht; und so giebt es zwischen einer jeden größeren Thiergattung eine kleinere, welche gegen eine frühere große Gattung sich feindselig verhält, aber von einer nachfolgenden größeren Gattung alsobald wieder als eine wohlschmeckende Speise verzehrt wird.

12] Die dritte Gattung der hier vorkommenden Meeres-Schnecken ist die sogenannte Scheibenschnecke. Diese Schnecke hat viele Aehnlichkeit mit eurer sogenannten Nautilioschnecke; nur ist natürlicher Weise eure Nautilioschnecke für's Erste um's Unvergleichliche kleiner, und für's Zweite ist sie im Verhältnisse zu ihrer beiderseitigen Plattform viel dicker, denn diese Scheibenschnecke auf unserem Planeten Saturnus zu ihrer Plattform. Die Scheibe dieser Schnecke hat nicht selten einen Durchmesser von 100 bis 120 Klaftern. Diese Schnecke befindet sich besonders zur Zeit der Fluth im Grunde des Meeres, zur Zeit der Ebbe aber schwimmt sie allzeit auf der Oberfläche desselben.

13] Wenn sie im Grunde des Meeres liegt, da schiebt sie einen langen Rüssel weit über die Oberfläche des Wassers hinaus, um den Athem zu holen, und wird dadurch sehr leicht ihr Stand ausgemittelt, bei welcher Gelegenheit sie dann auch gewöhnlich gefangen wird. es versteht sich von selbst nur in einer mittleren Fluthzeit; denn in einer Sturmfluth waget sich kein Saturnusbewohner auf das Meer. Ihr möchtet vielleicht denken, warum diese Schnecke nicht vielmehr zur Zeit der Ebbe, da sie auf der Oberfläche des Meeres schwimmt, gefangen genommen wird; allein da ist dieses Thier durchaus nicht zu fangen, für's Erste, weil es außerordentlich schnell über die Oberfläche des Meeres dahinfährt, und somit nicht leichtlich eingeholt werden kann, für's Zweite aber, wenn sie auch eingeholt werden könnte, so kann Niemand diese Scheibe ergreifen, dieweil diese an und für sich sanfte Schnecke bei der leisesten Berührung alle ihre Extremitäten alsogleich einzieht, und sich vermöge eines in's Wasser hineingehenden Ruders also schnell zu drehen anfängt, daß da auch Niemand wagt, dieses große schnelldrehende Rad anzugreifen.

14] Wie sieht denn eigentlich diese für euch gewiß überaus merkwürdige Schnecke aus? Fürwahr sage Ich euch: Ihr möget euch in alle mögliche noch so wunderbare Phantasien versenken, so wird es euch dessenungeachtet zur reinsten Unmöglichkeit, sich nur irgend ein allerleisestes Bild von der Schönheit dieser Schnecke zu machen, aus welchem Grunde die Saturnusbewohner auch nicht selten mit vielen Gefahren kämpfend sich einer solchen Wunderschnecke zu bemächtigen suchen.

15] Diese Schnecke bildet, was ihr Haus betrifft, einen ganz vollkommenen Kreis; denn die Mündung ist also länglich verloren an die flachen Vorgewinde angebracht, daß sie ungefähr ein Drittel des ganzen Kreises einnimmt, und die Oeffnung, bei welcher diese Scheibenschnecke mit ihrem Leibe und ihren wunderbaren Extremitäten nach Willkür hinausraget, ist kaum etwas über eine halbe Klafter weit, und ist der trichterförmige Rand dieser länglichen Mündung überall so gut und fein eingerundet, daß er dem ganzen Hause nicht nur kein zerrüttetes oder unvollständiges, sondern ein überaus prachterhöhendes Ansehen giebt.

16] Wie sieht denn nun dieses Haus aus? Sehet und erstaunet auch in eurem Innern! Dieses Haus hat dem Aeußern nach das wunderbare Aussehen, als hätte dasselbe der allerkünstlichste Juwelier überaus mannigfaltig wohlgeordnet mit den verschiedensten Sorten der edelsten Steine besetzt; und da läuft eine Reihe herum, als wären es lauter Diamanten von einem Gewichte auf Eines zu einem Pfunde; eine an diese sich anschließende Reihe besteht also wieder aus lauter Rubinen von gleichem Gewichte, eine andere wieder aus lauter Smaragden, und so weiter durch alle 12 Stufen der Hauptedelsteine durch. Zwischen einer jeden solchen Steine-Bordure ist ein freier Raum, der da aussieht, wie ein breites goldenes Band; in diesem Bande sind in ganz erhabener Form die wunderschönsten Zeichnungen angebracht, welche gewisserart bildlich die ganze vorhergehende Summe der Thiergattungen getreulich abbilden, all' deren Leben in dieser Schnecke vereinigt ist.

17] Das Ende des Schneckenhauses schließt eine aufrechtstehende, aus klafterhohen kleinen Goldsäulen bestehende Gallerie, welche also aussieht, als hätte um ein solches Rad, oder um einen solchen Rundgrund ein geschickter Bildhauer ein solches Geländer angefertigt, dessen Stäbe künstlich verfertigte kleine Stangenschnecken wären, welche zu oberst mit lauter fein gewundenen Bögen verbunden wären. Die Stäbe sind nach der Art goldgefärbt, wie die Stangenschnecke selbst. Die gewundenen Bögen aber sind so gut, und Ich sage hier besser, denn blankes, überaus fein polirtes Gold. Ueber einem jeden Bogen ist noch künstlich angebracht die Form in kleiner Gestalt von einer Pyramiden-Schnecke mit der ihr ureigenthümlichen Farbe. Das Geländer wird nur an der Stelle der Ausmündung der Schnecke successiv niederer, und höret an der Stelle, da dieses Thier seine Hauptextremitäten von sich hinauszuschieben pflegt, ungefähr eine Stelle von 5 Klaftern lang unterbrochen, ganz auf.

18] Also sieht einmal die obere Fläche dieser Schnecke aus. Die Seitenwand, die da etwa, wie schon bemerkt wurde, bei 3 Klaftern dick, breit oder hoch ist, sieht gerade so aus, als eine rundgeführte Kolonade von Säulen zu 2 Klaftern Länge. Die Säulen sind durchgehends blendend weiß, und haben nicht etwa Postamente und Kapitaler, sondern sie gehen gerade von der untern vorspringenden Fläche zu der obern empor. Der Hintergrund aber hinter den weißen Säulen ist also hell gefärbt, und gleicht vollkommen einem Regenbogen. Der länglichte Kanal oder vielmehr die länglichte Mündung der Schnecke ist also vollkommen roth, wie bei euch manchesmal die Wolken im Abendroth, und hat auch zugleich ein eigenes phosphorisches Leuchten, welches besonders zur Nachtzeit sich nicht minder hell ausnimmt, wie ein von der späten Sonne beleuchtetes Wölkchen.

19] Wie sehen denn die Extremitäten aus? Diese Schnecke spannt da, einem schönen Pfauenfedern-Rade gleich, eine Art runder Segel aus, welche ihr dann dazu dient, entweder, wenn da auf der Meeresfläche Winde wehen, daß sich diese darin, wie in einem Segeltuch fangen, und dann die Schnecke außerordentlich schnell über die Oberfläche des Wassers hintreiben. Ist aber Windstille, so fächert sie mit diesem großen Radsegeltuche also behende die Luft, daß sie sich dann auf diese Art ebenfalls sehr schnell über die Oberfläche des Meeres bewegen kann, welche Bewegung durch Hülfe der untern ins Wasser hinabreichenden Extremitäten außerordentlich beschleuniget wird.

20] Dieses aufgespannte Rad sieht gar wunderbar schön aus. Seine Farbe ist blaß violett; seine Verbrämung herum ist ganz glänzend roth wie also selbstleuchtend, wie Wölkchen in der Abendröthe. Das ganze Rad ist regelmäßig in Fächer abgetheilt, davon ein jeder Fächer mit einer überaus wohl gelungenen Zeichnung einer Stangenschnecke geschmückt ist, jedoch mit der Spitze nach unten: auf der rückwärtigen Seite aber ist dieser Fächer ganz ordnungsmäßig vom kleinsten bis zum größten gezeichnet mit den schon früher erwähnten Schwertkrebsen, welche da allesammt in der schönsten Goldkarminfarbe aufgetragen sind. Jeder Fächer am Rande bildet einen eigenen Bogen; dieser Bogen ist nach vorne geziert mit einer getreuen Abzeichnung dieser Scheibenschnecke selbst, und nach rückwärts auf einem hellblauen Grunde mit der Pyramidenschnecke. Der äußere Rand nach rückwärts ist glänzend weiß, und hat ebenfalls ein eigenes Leuchten, also wie der nach vorne, abendwölkchenroth eben mit einem eigenen Leuchten.

21] Der lange Rüssel zum Athemholen ist eben auch vollkommen weiß, jedoch umwunden mit einem rothen Bande, in dessen Mitte kleine blaßgrüngoldene Sterne angebracht sind. + Dieser Rüssel dient auch dieser Schnecke als ein Arm zum Fange ihrer Nahrung: sie lebt von einer Art Meergras, welches sehr häufig nahe an den Ufern in dem Meere vorkommt; auf diesem Grase kleben auch eine Menge kleiner Goldwürmchen, welche dieser Schnecke dann auch zu einer Mitnahrung dienen, und durch solche Nahrung eignet sie sich dann schon auf eine mehr übernatürliche Weise das Leben aller vorhergehenden Thiergattungen an.

22] Diese Schnecke hat auch dazu schon einen eigenen starken Instinkt, aus welchem nicht selten soviel Klugheit heraussieht, daß es schon auf manchen andern Ländern geschehen ist, daß ihr einige Menschen göttliche Verehrung erwiesen, was besonders daher zu rühren scheint, weil eben diese Schnecke, wenn sie nicht gereizt oder verfolgt wird, zufällig in's Meer gefallene Gegenstände, seien es Thiere oder Menschen, oder was immer vor dem Untergange rettet; was sie da findet hilflos auf der Oberfläche des Wassers, ergreift sie sobald mit ihrem starken Rüssel, setzt es auf seine schöne und geräumige Scheibenfläche, segelt somit sobald an irgend ein Ufer, und setzet es alldort mit ihrem Rüssel ans trockene Land, aus welchem Grunde dieses überaus schöne Wasserthier von den Saturnusbewohnern in den verschiedenen Ländern auch ebenso verschiedene Namen hat. Einige nennen es den Meereskehrer, dieweil es nichts Schwimmendes auf der Meeresoberfläche vertragen kann; Andere nennen es wieder den Lebensretter; Andere wieder die Meeresleuchte; Andere wieder das lebendige Schiff; Andere wieder das Wunderrad, und so weiter hat dieses Thier noch eine Menge verschiedenartiger Benennungen.

23] Dieses Thier hat außer dem Menschen beinahe keine Feinde, und stirbt von selbsten, wenn es sein gehöriges Alter erreicht hat; allein wenn es stirbt, verliert das schöne Haus dann viel an seiner Pracht; daher suchen es die Saturnusbewohner denn auch lebendig zu fangen, damit dadurch das schöne Haus von seiner Pracht nichts verlieren soll. Wenn das Thier dann getötet ist, so schwimmt es dann alsobald auf der Oberfläche des Meeres, und die Bewohner fliegen dann auch auf ihren Schiffen damit schnell nach irgend einem Flusse ihrer Heimath zu. Wenn sie da angelangt sind, wird das Fleisch der Schnecke auf eine geschickte Art behutsam herausgezogen, also, daß der Fächer nicht beschädiget wird. Diesen spannen sie dann, nachdem sie ihn vorher behutsam von dem andern Körper der Schnecke abgelöset haben, sorgfältig aus; und wenn er gehörig ausgetrocknet ist, wird er mit überaus wohlriechenden Oelen eingerieben, da er denn wieder dadurch sehr sanft und biegsam wird.

24] Aus einem solchen Schneckenfächer machen sie dann eine Art Mantel, welche Mäntel aber jedoch nur jene Menschen auf diesem Planeten zu tragen pflegen, und vorzugsweise in diesem Lande, welche ein gewisses patriarchalisches und familienväterliches Ansehen genießen. Ein solcher Fächer behält zwar alle seine Farben und Zeichnungen lebendig, nur das Selbstleuchten geht zu Grunde.

25] Das übrige Fleisch dieser Schnecke aber wird, da es beinahe aus lauter Fett besteht, ganz ausgesotten; das Fett wird dann mit wohlriechenden Kräutern vermengt, woraus diese Saturnusmenschen dann eine außerordentlich köstliche Salbe bereiten, mit welcher sich nur der Patriarch zu salben pflegt.

26] Was geschieht denn aber mit dem schönen Hause? Dieses Haus wird von den Saturnusbewohnern sehr behutsam an's Land gebracht, und allda auf einem eigens dazu aufgeworfenen Erdwalle nach der Fläche oder wie ihr zu sagen pflegt, horizontal angefestigt, vorzugsweise in einem Garten eines oder des andern Familienvaters, wo dann die Menschen sehr gerne darauf schauen, oder manchesmal bei außerordentlichen Gelegenheiten sogar auf demselben herumgehen; das Zweite jedoch geschieht, wie schon gesagt, zu äußerst seltenen Zeiten, denn ein solcher Patriarch hält da große Stücke auf eine solche Verzierung seines Gartens; indem hier der allfällige Reichtum nach nichts, als der Pracht des Gartens bestimmt wird. Um diese Pracht aber zu erhöhen, wird gewöhnlich auf einer Seite dieser Scheibenschnecke die schon früher beschriebene Pyramidenschnecke aufgestellt; und es geschieht da nicht selten, daß ein solcher Stammvater in seinem Garten in einer geraden Linie bei 100 von solchen Verzierungen aufzuweisen hat, d. h. von beiderlei Gattungen gleich viel.

27] Hierzu brauche Ich hernach euch nichts Weiteres mehr zu sagen, als: auch hier erwecket wieder ein wenig eure innere Phantasie, und machet einen kleinen Spaziergang in einen solchen Garten, und ihr könnet sicher überzeugt sein, daß nicht nur ein Kaiser oder König auf eurer Erde, sondern Alle zusammen, wie sie sind, nicht im Stande wären, einen solchen Garten also prachtvoll zu verzieren und auszuschmücken; denn da dürfte doch eine Diamantenreihe, mit welcher die Oberfläche dieses Schneckenhauses geziert sein soll, höher zu stehen kommen, als bei euch ganze Kaiserthümer; die andern Edelsteine und das viele blanke Gold gar nicht gerechnet, wie auch noch die andern vielen Herrlichkeiten dieser Gärten der Patriarchen im Saturnus.

28] Die noch zwei übrigen Schnecken für das nächste Mal, und daher für heute Amen.

01] Nach dieser hier beschriebenen und erklärten Riesenmuschel kommen, wie schon gesagt worden ist, die Schnecken, und zwar fürs erste diejenigen, welche in den Gewässern vorkommen, und dann erst jene, dem eigentlichen Leibeswesen nach mehr ausgebildeten, die auf dem Land leben.

02] Es gibt aber in den Wässern tausende Arten der Schnecken, die also ineinander geordnet sind, daß nach eurem Fachausdruck in biologischer Beziehung die eine aus der andern hervorgeht. Besser wäre zu sagen: in Hinsicht der Lebensvermehrung.

03] Was die vorhergehenden Arten der Schnecken betrifft, so sind diese für euer schaulustiges Auge zu wenig von Interesse, obschon sich über jede Bände von Büchern schreiben ließen. Ihr würdet bei einer auch nur einigermaßen ausführlicher Einzelbeschreibung mit der Menge nicht fertig. Daher wollen wir auch nur die letzten Arten von diesen Schaltieren hervorheben, die für euch von besonders hervorragendem Interesse sein können. So sind die fünf letzten Arten wegen ihrer wunderbaren Gestalt näher zu erörtern.

04] Die erste der fünf letzten Schneckenarten ist die sogenannte Stangenschnecke. Sie ist darum besonders merkwürdig, weil das Gewinde dieser Schnecke einer langgedehnten Schraube ähnelt und aussieht, wie wenn ihr eine zehn Klafter lange Stange zu einer Schraube umwandeln ließet, oder, noch besser beschrieben, wie wenn ihr um diese Stange ein langes Seil so gewunden hättet, daß ein Gewinde sich an das andere von unten bis oben fest anschließen möchte. Nur müßt ihr euch die Stange nicht etwa allzu dünn vorstellen, sondern so, daß sie zuunterst an der dicksten Seite einen Durchmesser von fünf Fuß hat und dann gespitzt zuläuft, und auch die Gewinde in diesem Verhältnis immer dünner werden. Auf eurer Erde könntet ihr eine solche Schnecke eher eine Art gewundenen Obelisken nennen. Allein die Benennung Stangenschnecke ist hier darum gegeben, weil dieses Tier von den Saturnbewohnern so benannt wird.

05] Ihre Außenfarbe ist von wahrhaft wunderbarer Schönheit denn an der dicksten Seite ist sie vollkommen rosenrot, wie wenn ihr fein poliertes Silber mit eben dieser Farbe überziehen möchtet. Gegen die Spitze wird sie immer dunkler rot, mit demselben metallischen Schimmer, so daß sie alle Rosenfärbungen vom blassesten bis zum dunkelsten Rot durchmacht. Aber diese Farbe ist nicht die alleinige Pracht dieser Schnecke, sondern da ist auch noch die Verzierung des Gewindes. Der langgewundene Bauchgürtel dieser Schnecke ist durchgehend in der schönsten Ordnung noch mit immer größeren und größten Perlen verziert. Und der Graben zwischen den Bauchgewinden ist mit einem goldenen Bande geziert, welches noch die schönsten Arabesken-Figurationen (nach eurem Ausdruck) enthält. - Also ist das Haus dieser Schnecke beschaffen!

06] Das innewohnende Tier ist weniger interessant, denn es besteht bloß in einem polypenartigen Wurme, versehen mit vier Freß- oder Saugrüsseln. Seine Nahrung sind kleine Schnecken wie auch kleinere Muscheln, welche dieses Tier mit dem untersten seiner Fangrüssel erhascht, zerdrückt und sodann solche zerquetschte Speise in den sogenannten Freßrüssel steckt. Mit den andern zwei Rüsseln fühlt dieses Tier nur um sich herum, ob es nicht irgend etwas zu fressen gibt und auch ob sich ihm nicht etwa einige feindselig gesinnte Nachbarn nähern. Wenn letzteres der Fall ist, zieht sich dieses Tier alsbald in sein schönes Haus zurück und verschließt den Ausgang mit einer weißlichen Kruste. Jedoch häufig nützt ihm diese Vorsicht nichts; denn seine Feinde bestehen in einer später zu beschreibenden Art Schwertkrebsen, welche diese Kruste bald durchstoßen, mit Gewalt in das Schneckenhaus dringen und das wehrlose Tier nach und nach bis auf den letzten Bissen aufzehren, welche Krebse aber dann doch wieder selbst ein Raub einer andern, größeren Schnecke werden, von der alsbald die Rede sein wird.

07] Die Bewohner des Saturn sammeln die Schalen dieser Stangenschnecken und verzieren nicht selten damit ihre Gärten. Manchesmal aber benutzen sie solche Schnecken zu Wasserleitungen. Wo das Wasser auf irgendeiner bedeutenden Höhe entspringt, fangen sie mit der Mündung der Schnecke das Wasser auf, schlagen auf dem dünnen Teile die Spitze ab, und so strömt hier das Wasser natürlicherweise mit bedeutender Heftigkeit heraus. Unter dieser Mündung setzen sie wieder eine zweite Schnecke mit der breiten Mündung an und also fort, und leiten auf diese Weise dann nicht selten das Wasser viele Meilen nach Belieben irgendwohin bergabwärts. Daß eine solche Wasserleitung nicht uninteressant anzusehen ist, möget ihr euch wohl verstellen.

08] Die nächste Schneckenart ist die sogenannte Pyramidenschnecke. Ihre Farbe ist ganz einförmig grasgoldgrün, und der Bauchgürtel ist mit verhältnismäßig großen, schneeweißen, eiförmigen Flächen geziert, deren Rand so verbrämt ist, als ob ihr eine alabasterne Tafel möchtet in einen blank polierten, goldenen Rahmen fassen. Die Schnecke ist sehr groß, und wenn ihr sie hier auf der Erde irgendwo auf der breiten Seite aufstellen möchtet, so dürfte sie mit ihrer Höhe wohl um ein Bedeutendes euren Stadtschloßberg beschämen. Das in diesem Hause wohnende Tier sieht der Farbe nach ganz dunkelgrau aus und hat gleich einem ungeheuer großen Elefanten einen weit um sich greifenden, überaus starken Rüssel, zu dessen beiden Seiten zwei andere, schwächere Rüssel hinausgeschoben werden, auf deren äußersten Enden je ein scharfsehendes Auge sitzt. Zuunterst hängt im Falle einer Vereisung der Meeresfläche diese Schnecke auch ein Paar weißliche, starke Ruder hinaus, vermöge welcher sie auf der Oberfläche des Meeres eine ziemlich schnelle Bewegung zu machen imstande ist. Wenn sie auf dem Meere fährt, hat sie ihr Haus nach oben gekehrt, so daß eine solche fahrende Schnecke in einiger Entfernung sich ausnimmt wie eine auf der Oberfläche des Meeres schwimmende Pyramide.

09] Diese Schnecke ist ziemlich bösartiger Natur und fällt auch Menschen an, die sie mit ihrem Rüssel umwindet, zerdrückt und alsbald in ihren weiten Rachen steckt. Jedoch die Saturnbewohner kennen ihre Art gar wohl und sind daher allezeit gut gerüstet, wenn sie auf ihren Fang ausgehen. Mit einer Schlinge fangen sie den weit hervorstehenden Rüssel ein, ziehen sie schnell zusammen und die Schnecke ist so gut wie gefangen. Denn da diese Schnecke schon ein atmendes Tier ist und den Atem durch den Rüssel einzieht, so verstirbt sie auch sehr bald, wenn sie nicht mehr zu atmen vermag. Die Bewohner merken ihren vollkommen den Tod dadurch, daß sie aus ihrem Rachen anfängt einen weißlichen Saft zu lassen; denn solcher Saft ist dann schon ein Zeichen der inneren, alsbald begonnenen Verwesung.

10] Die Bewohner des Saturn sammeln diesen Saft sehr emsig seines außerordentlichen Wohlgeruches wegen, welcher ums Unvergleichliche eure Ambra übertrifft. Hat nun eine solche Schnecke aufgehört ihren Saft von sich zu lassen, dann geben sie die tote Schnecke wieder frei. Alsbald findet sich eine Menge Meeresungeziefer, welches eine solche Schnecke in wenigen Tagen ganz verzehrt, d.h. bis auf die harte Schale, welche bei dieser Schnecke sehr fest und hart ist, und zwar so, daß an der breiten Ausmündung die Schale nicht selten vier bis fünf Klafter dick ist. Wenn nun auf diese Weise die Schale geräumt ist, wird sie von den Saturnbewohnern aus dem Meer herausgeholt, und zwar zur Zeit der Ebbe, der Meeresniederung, und wird dann auf dieselbe Weise wie die große Riesenmuschel« an Ort und Stelle geschafft.

11] Diese Schnecke nähert sich vornehmlich von der schon früher erwähnten Art der Schwertkrebse, deren es eine Menge in den verschiedensten Größen gibt. Jedoch größer ist keiner als der sogenannte Meerkrebs bei euch. Aber kleiner wird dieses Tier häufig angetroffen, oft so klein wie bei euch ungefähr eine Heuschrecke. - Wann macht aber diese zweite oder Pyramidenschnecke einen solchen Haupt-Schwertkrebsen-Fang? - Solcher Fang geschieht, wenn diese Krebse oft gerade am unermüdlichsten beschäftigt sind, um eine schon früher bekanntgemachte Stangenschnecke aufzuzehren. Wenn da die Pyramidenschnecke ein mit solchen Krebsen gefülltes Stangenschneckenhaus antrifft, umwindet sie dasselbe mit ihrem Rüssel, begibt sich damit an ein Ufer, und legt das Stangenschneckenhaus mit der breiten Seite aus dem Wasser. Wenn so die Krebse sich außer Wasser befinden, dann fängt einer nach dem andern an, aus der Schnecke zu kriechen, bei welcher Gelegenheit auch einer nach dem andern unfehlbar aufgezehrt wird. Und so sind diese Krebse gleichsam eine lebensammelnde Mittel-Tierklasse, vermöge welcher das Leben einer Schnecke potenziert in das Leben einer andern übergeht. So gibt es zwischen zwei größeren Tierklassen immer eine kleinere, welche gegen die vorhergehende große Klasse sich feindselig verhält, aber von einer nachfolgenden größeren Klasse alsbald wieder als eine wohlschmeckende Speise verzehrt wird.

12] Die dritte Art der hier vorkommenden Meeres-Schnecken ist die sogenannte Scheibenschnecke. Diese Schnecke hat viel Ähnlichkeit mit eurer bekannten Nautiliusschnecke; nur ist natürlicherweise eure Nautiliusschnecke ums unvergleichliche kleiner und im Verhältnis zu ihrer beiderseitigen Plattform viel dicker als diese Scheibenschnecke auf unserem Planeten Saturn zu ihrer Plattform. Die Scheibe dieser Schnecke hat nicht selten einen Durchmesser von hundert bis hundertundzwanzig Klaftern. Ihre Dicke aber beträgt kaum etwas über drei Klafter. Diese Schnecke befindet sich besonders zur Zeit der Flut auf dem Grunde des Meeres, zur Zeit der Ebbe aber schwimmt sie allezeit auf der Oberfläche.

13] Wenn sie auf dem Grunde des Meeres liegt, schiebt sie einen langen Rüssel weit über die Oberfläche des Wassers hinaus, um Atem zu holen. Dadurch wird ihr Stand sehr leicht ermittelt, bei welcher Gelegenheit sie dann auch gewöhnlich gefangen wird - es versteht sich von selbst nur in einer mittleren Flutzeit; denn in einer Sturmflut wagt sich kein Saturnbewohner auf das Meer. Ihr möchtet vielleicht denken, warum diese Schnecke nicht vielmehr zur Zeit der Ebbe, wenn sie auf der Oberfläche des Meeres schwimmt, gefangengenommen wird. Jedoch dort ist dieses Tier durchaus nicht zu fangen, weil es außerordentlich schnell über die Oberfläche des Meeres dahinfährt und somit nicht ohne Mühe eingeholt werden kann. Und wenn es auch eingeholt werden könnte, so kann niemand diese Scheibe ergreifen, weil die an und für sich sanfte Schnecke bei der leisesten Berührung alle ihre Extremitäten sogleich einzieht und sich vermöge eines ins Wasser hineingehenden Ruders so schnell zu drehen anfängt, daß niemand wagt, dieses große, schnelldrehende Rad anzugreifen.

14] Wie sieht denn eigentlich diese für euch gewiß überaus merkwürdige Schneck aus? - Fürwahr, Ich sage euch: Ihr möget euch in alle möglichen noch so wunderbare Phantasien versenken, so wird es euch doch nicht gelingen, die Schönheit dieser Schnecke recht vorzustellen, aus welchem Grunde die Saturnbewohner auch nicht selten, mit vielen Gefahren kämpfend, sich einer solchen Wunderschnecke zu bemächtigen suchen.

15] Diese Schnecke bildet, was ihr Haus betrifft, einen vollkommenen Kreis; denn die Mündung ist lang angrenzend an die flachen Vorgewinde angebracht, daß sie ungefähr ein Drittel des ganzen Kreises einnimmt. Die Öffnung, bei welcher diese Scheibenschnecke mit ihrem Leib und ihren wunderbaren Extremitäten nach Willkür hinausragt, ist kaum etwas über eine halbe Klafter weit. Und der trichterförmige Rand dieser länglichen Mündung ist überall so gut und fein eingerundet, daß er dem ganzen Hause nicht nur kein zerrüttetes oder unvollständiges, sondern ein überaus prachterhöhendes Aussehen gibt.

16] Wie sieht denn nun dieses Haus aus? Sehet und erstaunet in eurer Vorstellung! Dieses Haus hat dem Äußern nach das wunderbare Aussehen, als hätte dasselbe der allerkunstfertigste Juwelier überaus mannigfaltig wohlgeordnet mit den verschiedensten Sorten der edelsten Steine besetzt. Da läuft eine Reihe herum, als wären es lauter Diamanten von einem Gewicht zu je einem Pfund. Eine andere, an diese sich anschließende Reihe besteht aus lauter Rubinen, von gleichem Gewicht; eine andere wieder aus lauter Smaragden, und so weiter durch alle zwölf Arten der Hauptedelsteine durch. Zwischen einer jeden solchen Stein-Bordüre ist ein freier Raum, der aussieht wie ein breites, goldenes Band. In diesem Band sind in erhabener Form die wunderschönsten Zeichnungen angebracht, welche die ganze vorhergehende Gruppe der Tiergattungen getreulich abbilden, deren Leben in dieser Schnecke vereinigt ist.

17] Das Ende des Schneckenhauses schließt eine aufrechtstehende aus klafterhohen kleinen Goldsäulen bestehende Galerie, welche aussieht, als hätte um ein solches Rad oder um einen solchen Rundgrund ein geschickter Bildhauer ein Geländer angefertigt, dessen Stäbe künstlerisch gestaltete kleine Stangenschnecken wären, welche zuoberst mit lauter fein gewundenen Bögen verbunden sind. Die Stäbe sind nach der Art goldgefärbt, wie die Stangenschnecke selbst. Die gewundenen Bögen aber sind so gut und, Ich sage hier, besser als blankes, überaus fein poliertes Gold. Über einem jeden Bogen ist noch künstlerisch angebracht die Form einer Pyramidenschnecke in kleiner Gestalt mit der ihr ureigentümlichen Farbe. Das Geländer wird nur an der Stelle der Ausmündung der Schnecke allmählich niedriger und hört dort ganz auf, wo dieses Tier seine Hauptextremitäten von sich hinausschiebt, ungefähr eine Strecke von fünf Klaftern.

18] Also sieht nun einmal die obere Fläche dieser Schnecke aus. - Die Seitenwand, die etwa, wie schon bemerkt wurde, bei drei Klafter dick, breit oder hoch ist, sieht geradeso aus wie eine rundgeführte Kolonnade von Säulen zu zwei Klaftern Länge. Die Säulen sind durchgehend weiß und haben nicht etwa Postamente und Kapitäler, sondern sie gehen gerade von der untern, vorspringenden Fläche zu der obern empor. Der Hintergrund aber hinter den weißen Säulen ist ebenfalls hell gefärbt und gleicht vollkommen einem Regenbogen. Der längliche Kanal oder vielmehr die längliche Mündung der Schnecke ist so vollkommen rot, wie bei euch manchesmal die Wolken im Abendrot, und hat auch zugleich ein eigenes phosphorisches Leuchten, welches besonders zur Nachtzeit sich nicht minder hell ausnimmt wie ein von der späten Sonne beleuchtetes Wölkchen.

19] Wie sehen denn die Extremitäten aus? - Diese Schnecke spannt, einem schönen Pfaufedern-Rade gleich, eine Art rundes Segel aus, welches ihr dazu dient, wenn auf der Meeresfläche Winde wehen, daß sich diese darin wie in einem Segeltuch fangen und dann die Schnecke außerordentlich schnell über die Oberfläche des Wassers hintreiben. Ist aber Windstille, so fächert sie mit diesem großen Radsegeltuch so behende die Luft, daß sie sich dann auf diese Art ebenfalls sehr schnell über die Oberfläche des Meeres bewegen kann, welche Bewegung durch Hilfe der untern, ins Wasser hinabreichenden Extremitäten noch beschleunigt wird.

20] Dieses ausgespannte Rad sieht gar wunderbar schön aus. Seine Farbe ist blaßviolett. Seine Verbrämung ringsherum ist glänzendrot und selbstleuchtend, wie Wölkchen in der Abendröte. Das ganze Rad ist regelmäßig in Fächer abgeteilt, davon ein jeder Fächer mit einer überaus wohlgelungenen Zeichnung einer Stangenschnecke geziert ist, jedoch mit der Spitze nach unten. Auf der rückwärtigen Seite aber ist dieser Fächer ganz ordnungsmäßig vom kleinsten bis zum größten geschmückt mit den schon früher erwähnten Schwertkrebsen, welche da allesamt in der schönsten Goldkarminfarbe aufgetragen sind. Jeder Fächer bildet am Rand einen eigenen Bogen. Dieser Bogen ist nach vorne geziert mit einer getreuen Abzeichnung dieser Scheibenschnecke selbst und nach rückwärts auf einem hellblauen Grunde mit der Pyramidenschnecke. Der äußere Rand ist rückwärts glänzendweiß und hat ebenfalls, wie der nach vorne, ein eigenes, abendwölkchenrotes Leuchten.

21] Der lange Rüssel zum Atemholen ist ebenfalls vollkommen weiß, jedoch umwunden mit einem roten Band, in dessen Mitte kleine, blaßgrüngoldene Sterne angebracht sind. Der Rüssel dient dieser Schnecke auch als ein Arm zum Fang ihrer Nahrung. Sie lebt von einer Art Meergras, welches sehr häufig nahe an den Ufern im Meere vorkommt. Auf diesem Grase kleben eine Menge kleiner Goldwürmchen, welche dieser Schnecke zu einer Mitnahrung dienen. Durch solche Nahrung eignet sie sich das Leben aller vorhergehenden Tiergattungen an.

22] Diese Schnecke hat auch schon einen eigenen, starken Instinkt, - aus welchem nicht selten so viel Klugheit heraussieht, daß es schon in manchen andern Ländern geschehen ist, daß ihr einige Menschen göttliche Verehrung erwiesen - was besonders daher rührt, weil eben diese Schnecke, wenn sie nicht gereizt oder verfolgt wird, zufällig ins Meer gefallene Gegenstände, seien es Tiere oder Menschen oder was immer, vor dem Untergang rettet. Was sie da hilflos auf der Oberfläche des Wassers findet, ergreift sie alsbald mit ihrem starken Rüssel, setzt es auf eine schöne und geräumige Scheibenfläche, segelt damit an irgendein Ufer und setzt es dort mit ihrem Rüssel ans trockene Land. Aus diesem Grund hat dieses überaus schöne Wassertier von den Saturnbewohnern in den verschiedenen Ländern auch ebenso verschiedene Namen. Einige nennen es den Meereskehrer, weil es nichts Schwimmendes auf der Meeresoberfläche vertragen kann, andere nennen es den Lebensretter, andere wieder die Meeresleuchte, andere wieder das lebendige Schiff oder das Wunderrad - und so hat dieses Tier weiter noch eine Menge verschiedenartiger Benennungen.

23] Dieses Tier hat außer dem Menschen beinahe keine Feinde und stirbt von selbst, wenn es ein bestimmtes Alter erreicht hat. Allein wenn es stirbt,verliert das schöne Haus dann viel von seiner Pracht. Daher suchen die Saturnbewohner die Schnecke lebendig zu fangen, und zu töten, damit die Pracht des schönen Hauses erhalten bleiben kann. Wenn das Tier getötet ist, schwimmt es alsbald auf der Oberfläche des Meeres, und die Bewohner fahren dann auf ihren Schiffen damit schnell nach irgendeinem Flusse ihrer Heimat zu. Da angelangt, wird das Fleisch der Schnecke auf eine geschickte Art behutsam herausgezogen, so daß der Fächer nicht beschädigt wird. Diesen spannen sie dann, nachdem sie ihn vorher behutsam von dem festen Körper der Schnecke abgelöst haben, sorgfältig aus. Und wenn er genügend ausgetrocknet ist, wird er mit überaus wohlriechenden Ölen eingerieben, da er dadurch wieder sehr sanft und biegsam wird.

24] Aus einem solchen Schneckenfächer machen sie dann eine Art Mantel - welche Mäntel jedoch nur jene Menschen auf diesem Planeten und vorzugsweise in diesem Lande zu tragen pflegen, welche ein gewisses patriarchalisches, d.h. familienväterliches Ansehen genießen. Ein solcher Fächer behält zwar alle seine Farben und Zeichnungen weiterhin, nur das Selbstleuchten geht zugrunde.

25] Das übrige Fleisch dieser Schnecke aber wird, da es beinahe aus lauter Fett besteht, ganz ausgesotten. Das Fett wird mit wohlriechenden Kräutern vermengt, woraus diese Saturnmenschen eine außerordentlich köstliche Salbe bereiten, mit welcher sich nur der Patriarch zu salben pflegt.

26] Was geschieht denn aber mit dem schönen Haus? - Dieses wird von den Saturnbewohnern sehr behutsam ans Land gebracht und dort auf einem eigens dazu aufgeworfenen Erdwall auf dessen Oberfläche, wie ihr zu sagen pflegt, horizontal befestigt, vorzugsweise in einem Garten eines oder des andern Familienvaters, wo dann die Menschen sehr gerne darauf schauen oder manchesmal bei außerordentlichen Gelegenheiten sogar auf demselben umhergehen. Das zweite jedoch geschieht, wie schon gesagt, zu äußerst seltenen Zeiten; denn ein solcher Patriarch hält große Stücke auf eine solche Verzierung seines Gartens, da hier der etwaige Reichtum nach nichts als nach der Pracht des Gartens bestimmt wird. Um diese Pracht zu erhöhen, wird gewöhnlich auf einer Seite dieser Scheibenschnecke die schon früher beschriebene Pyramidenschnecke aufgestellt. Und es geschieht da nicht selten, daß ein solcher Stammvater in seinem Garten in einer geraden Linie bis hundert solcher Verzierungen aufzuweisen hat, d.h. von beiden Gattungen gleich viel.

27] Hierzu brauche Ich hernach euch nichts weiteres mehr zu sagen als: Auch hier erweckt wieder ein wenig eure Vorstellungskraft und erstaunt über die Herrlichkeiten und die Pracht in solchem Garten. Denn da dürfte schon eine Diamantenreihe, mit welcher die Oberfläche dieses Schneckenhauses geziert ist, teurer zu stehen kommen als bei euch der ganze Kaiserschatz. Die andern Edelsteine und das strahlende Gold gar nicht gerechnet, wie auch die andern vielen Herrlichkeiten dieser Gärten der Patriarchen auf dem Saturn!

28] Die zwei übrigen Schnecken für das nächste Mal! Und daher für heute Amen.

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