Jakob Lorber: 'Naturzeugnisse', S. 114 (Fortsetzung)


11] Seht, alle Definitionen und Bestimmungen, weche je von irgend Naturgelehrten aufgestellt worden sind, sind ebenso gut, als wenn davon nie jemand etwas gesprochen hätte; denn die Kälte ist weder ein eigentliches Fluidum, so wenig als es die Wärme ist, noch viel weniger ist sie die Abwesenheit der Wärme, sondern sie ist nichts als eine Wirkung der ausserordentlichen Verdichtung der Luft, so wie die Wärme und die Hitze nichts ist, als gerade das Gegenteil, nämlich eine ausserordentliche Verdünnung der Luft. Wohlgemerkt, es handelt sich hier um die Verdichtung der Luft in allen ihren Teilen.

12] Dieses kann aber durch keine mechanische Vorrichtung je bewirkt werden, weil einige Teile, aus denen die Luft besteht, so sehr kompressibel sind, daß sie sich ohne den geringsten Widerstand bis in ein Minimum zusammendrücken lassen, und wieder andere Teile der Luft dagegen wieder so beschaffen sind, daß sie keinen gar zu großen Druck erleiden, außer daß sie nicht alsogleich erregt werden, und dann was immer für einen noch so massiven Press-Apparat mit der größten Leichtigkeit alsogleich zersprengen möchten.

13] Eben so verhält es sich auch mit der Verdünnung der Luft. Ihr könnt wohl die erregbaren Teile der Luft hinausschaffen durch eine sogenannte Luftpumpe, was aber die feinen ätherischen Luftteilchen betrifft, so sind diese nie gänzlich aus irgend einem Raume zu bringen und in ihren Hülschen so sehr zu erregen, daß sie diesselben zersprengten, und dann als helles sichtbares Feuer frei heraustreten möchten; und würde es auch bei der Anwendung großer Kraftwerkzeuge jemanden gelingen, so würde bei solcher Zersprengung dann ebenfalls alsbald eine gänzliche Vernichtung eines solchen Instrumemtes erfolgen.

14] Dieses Alles vermag nur das Licht, wie auch der gänzliche Mangel des Lichtes. - Seht, das ist denn auch die Ursache der Kälte der Polargegenden, wie auch im entgegenngesetzten Falle der Hitze des Äquators.

15] Um dieses recht zu begreifen, müsst ihr wissen, daß der Sonne zweierlei Arten von Strahlen entströmen, nämlich erstens solche, welche von jedem Punkte der Sonne sich nach allen möglichen Seiten unter allen möglichen Winkeln ausbreiten; aber zugleich geht auch von jedem Punkte der Sonne ein Strahl in paralleler Richtung, und dieser Strahl ist gleichsam der Kern der Strahlen der Sonne, und führet allein diejenige Kraft mit sich, die ihr Wärme nennt; dem ist aber nicht so, sondern er ist nur deswegen der stärkste und daher auch zur Ausdehnung am geschicktesten, weil er der Kernstrahl ist. Es können demnach die schiefen Strahlen hinfallen, wohin sie wollen, so werden sie aber doch wenig ausdehnende Kraft besitzen, weil die Kernstrahlen mit ihnen nie eine größere Ausdehnung erhalten, vermöge der schiefen Fläche, auf welche sie fallen; und nur in jenen Gegenden, die gerade unter der Sonne sind, fallen die Strahlen gerade auf dieselben und bewirken da die größtmöglichste Ausdehnung der Luft. Wenn aber die Luft an den Gegenden des Äquators dadurch immerwährend ausgedehnt wird in allen ihren Teilen, so geschieht es dann, daß sich die ganze Masse der Luft hinzieht oder vielmehr hingedrängt wird in die Gegenden der Pole der Erde, wo dann die größte Verdichtung der Luft in allen ihren Teilen stattfinden muß; woher dann eben die ununterbrochene Kälte herrührt, und zwar gewisserart periodisch, was ihr daraus ersehen könnt, daß, wenn fürs Erste die Erde mehr ihre Polargegenden unter die Sonne geschoben hat, so wird auch die Luft in denselbem mehr und mehr ausgedehnt, und es wird in den Polargegenden erträglich; was aber den Pol anbelangt, so wird gerade da im Krater selbst die Kälte am heftigsten. Wenn aber die Sonne wieder mehr über die südlichen Gegenden zu stehen gekommen ist, so wird dann in den Polargegenden aus schon bekannter Ursache die Kälte so groß, daß dieselbe am achtzigsten Grade der nördlichen Breite kein lebendes Wesen auszuhalten vermag.



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