Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


289. Kapitel: Gemütlichkeit in Josephs Hause, wo es den Nachbarn und deren Kindern wohlgefällt. Die Kinder auf dem Söller. Zenon bricht das Genick. Die Erweckung des Toten. Des Zenon Zeugnis über Jesum. Jesu Ermahnung an Zenon. (27.08.1844)

01) Nach einiger Zeit aber zog dennoch wieder die Liebe die Kinder der Nachbarn zu Joseph hin, wie auch deren Eltern, -

02) und das besonders an den Vorsabbaten (Freitag), an denen man besonders nachmittags, wenig oder nichts arbeitete.

03) An einem solchen Vorsabbate kamen mehrere Nachbarn mit ihren Kindern dahin.

04) Die Mädchen fanden die lieblichste Gesellschaft an den fünf Cyreniusschen Mädchen, die da gar freundlich, schön und arbeitsam waren und in allen Dingen gar viele Kenntnisse besaßen.

05) Den Knaben aber war der liebe muntere Jesus ohnehin über alles;

06) denn fürs erste zeigte Er ihnen so manche überaus sinnige Spiele, die da die Knaben sehr unterhielten;

07) und fürs zweite erzählte Er ihnen oft so rührende Geschichten als Gleichnisse, daß die kleinen Kinder dabei ganz Aug' und Ohr waren.

08) Diesmal aber, da zufolge eines vorhergehenden Gewitterregens der Boden ein wenig feucht war, ward der Söller (dachloser und mit Geländern eingefaßter Boden des Hauses) zum Spielplatz erwählt.

09) Eine Zeitlang ging es recht ruhig her; denn da erzählte der kleine Jesus mehrere sehr anziehende Geschichten.

10) Aber mehr gegen den Abend ward es lebendiger auf dem Söller; denn da hatte Jesus ein kleines Würfelspiel angeordnet, und da gab es öfter etwas zum Springen.

11) Unter den zwölf anwesenden Knaben aber befand sich ein gewisser Zenon; dieser war ein Hauptwetter und wollte seinen Gespielen durch allerlei halsbrecherische Produktionen ihre mitgenommenen Sparpfennige abgewinnen.

12) Eine solche Produktion setzte er auch hier ins Werk, und diese bestand darin, daß er elf Pfennige setzte und zwar gegen den Willen des Herrn Jesus.

13) und das (zwar) darauf, daß er auf dem Söllergeländer dreimal herumgehen könne, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.

14) Komme er dreimal glücklich herum, so müßten ihm die zusehenden anderen elf Kinder zu den elf Pfennigen noch elf hinzulegen;

15) verliert er aber das Gleichgewicht und fällt, so verliert er seine elf Pfennige.

16) Die andern Knaben taten das, und Zenon hüpfte sogleich auf das Geländer, bekam sogleich einen kleinen Schwindel, verlor das Gleichgewicht, fiel sogleich hinab auf den Erdboden, brach sich das Genick und war somit auch auf der Stelle tot.

17) Da liefen die Eltern des toten Knaben voll Leid und Zorn hinauf auf den Söller, ergriffen Jesum und wollten Ihn mißhandeln.

18) Jesus aber riß Sich von ihnen los, lief hinab zum toten Knaben und rief dort laut:

19) »Zenon! Stehe auf und zeuge von Mir vor deinen blinden Eltern, ob Ich dich herabgeworfen und getötet habe!?«

20) Hier richtete sich der tote Knabe sogleich auf und sprach:

21) »O Herr! Du hast mich nimmer herabgeworfen und getötet,

22) sondern daran war meine Gewinnsucht und schmähliche Hast schuld!

23) Da mich aber solche meine Sünde getötet hat, da kamst Du, o Herr wohl zu mir und gabst mir das Leben wieder.«

24) Als die Eltern des Zenon solches Zeugnis vernahmen, da fielen sie alsbald vor Jesu nieder und beteten die Kraft Gottes in dem Kinde Jesus an.

25) Jesus aber sprach zu Zenon: »Laß dir aber das zu einer Witzigung sein und enthalte dich fürder von derlei Spielen, die den Tod in sich führen, und bedenke, wie Ich es dir widerraten habe!«

26) Die Eltern und Zenon weinten aus großem Dankgefühle und begaben sich dann nach Hause.

27) (Übrigens aber war es eine prophetische Hindeutung auf den einstigen Judas Ischariot, wie sie leicht zu erkennen ist.)



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