Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 2


02] Was sollen wir nun demnach hier tun, wo kein lebendiges Verlangen zugrunde liegt? - Sollen wir etwa das lebendige Wort solchen Kindern auf den Rücken nachwerfen oder sie damit schoppen, wie da schoppet eine Bäuerin ihre Kapaunen?

03] Ob, das tun wir nicht! Verstehst du!? - Denn täten wir solches, da würde diese überköstliche Gabe ja gar bald in ihrem höchsten Werte herabsinken wie ein schlechtes Papiergeld!

04] Siehe, daher tun wir solches nicht eher, als bis wir lebendigst darum angegangen werden!
(Jesus: Gebete für jemanden, der den Fürbitter oder Jesus selbst nicht darum bat, werden "nicht eher erfüllt, als wir lebendigst darum angegangen werden!")

05] Dieses Mädchen hat aber jetzt ihr Herz angefüllt mit allerlei Jünglings- und Heiratsgedanken und läßt ihre Augen, wie ihr Herz, allerorts umherspringen um jemanden, der sie von weitem her grüßete. - Siehe, bei solcher Herzens- und Augengeschäftigkeit werden wir zwei sehr leicht ratgehalten (entbehrt)!

06] Weißt du, welche Gratulation diesem Mädchen nun am liebsten wäre? - Siehe, wenn Ich ihr statt eines lebendigen Wortes gäbe einen jungen, reichen und schönen Bräutigam - das wäre ihr nun lieber als Ich und du und ein ganzes Buch des allerlebendigsten Wortes hinzu!

07] Ich sage aber das auch nur dir, auf daß du daraus erkennen sollst, auf welchem Grunde da fußet das Herz derjenigen, die Mich zwar auch anrufen und manchmal sogar im geheimen wie Liebende zu Mir seufzen, aber nicht darum, daß sie Mich etwa lieber hätten als alle Welt; sondern nur, damit Ich so recht geschmeidig würde, um ihnen baldmöglichst zu geben, wonach ihr Herz dürstet!

08] Solche scheren sich gar wenig um den Himmel, den Ich ihnen geben möchte; sondern nur den Himmel wollen sie, den sie sich selbst erbaut haben aus ihren Begierlichkeiten!

09] O siehe, um wie vieles besser Ich die Menschen kenne als du! - Siehe, der Landmann betet zu Mir, wenn es trocken ist, um einen Regen. Und wenn es ihm zuviel regnet, wieder um Sonnenschein! - Ein Händler betet, daß er recht wohlfeil kaufe und recht sündig teuer verkaufe. - Der Wucherer macht eine fromme Stiftung sogar, auf daß nur recht schlechte, magere Jahre kommen sollen. - Der Lottospieler betet sich oft die Zunge wund um einen Treffer. - Ein Mädchen geht emsig in die Kirche und kleidet sich dazu an, als ginge sie in ein Theater - warum denn? - Etwa aus Liebe zu Mir? O nein! - sondern daß sie entweder bei dieser fromm scheinenden Gelegenheit mit einem zusammenstoßen möchte, den sie lieber sieht als Mich; oder daß sie baldmöglichst einen Gemahl sich erbeten möchte!



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