Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


18] Nun fängt sie aber eben durch diese Aufzehrung ihrer selbst an, ein neues Sättigungsbedürfnis zu empfinden. Was kann denn nun geschehen? Obschon ihr es jetzt fast schon mit den Händen greifen könnt, so will Ich es euch aber doch der Ordnung wegen sagen, was da zu geschehen hat und muß. - Wie sich der Hunger nicht selbst stillen kann, so auch kann sich der sich selbst aufzehrende Pol nicht wieder selbst sättigen - gerade wie wenn euer Magen leer geworden wäre, ihr euch auch nicht sättigen könntet mit der Leerheit eines anderen Magens, sondern ihr werdet sagen: »Herr, mit dieser negativen Kost ist uns nicht gedient, wir haben das Bedürfnis nach einer positiven Kost!«

19] Seht, so ist es eben auch hier der Fall! Und so ist denn die positive Elektrizität eine Sättigung der negativen. Ist diese Sättigung vor sich gegangen, so wird an dem Konduktor alsobald der sättigende Erfolg in lebenstätige Erscheinung treten.

20] Und so ist denn auch die Atmung dasjenige, was eure Lebens-Elektrisier-Maschine in Bewegung setzt, die negative Polarität erregt und euer Wesen hungrig macht nach der positiven Polarität. - Denn mit einem jeden Atemzuge wird eine beständige Reibung in euren Körperteilen bewirkt. Durch diese Reibung wird das negative Leben angeregt und fängt an, sich zu fühlen in seinem Hunger. Und je nach dem Grade des Bedürfnisses wird dasselbe mit jedem Atemzuge gesättigt, welche Sättigung darin besteht, daß der Stickstoff als negativer Pol den Sauerstoff mit großer Begierde in sich aufnimmt. Hört nun dieses Atmen auf, dann fängt die negative Polarität an, sich selbst aufzuzehren, wodurch es denn auch alsobald mit dem naturmäßigen Leben ein Ende hat.

21] Nun denkt euch, jedes lebende Wesen ist eine »Welt« oder eine »Erde« im kleinen Verhältnisse. Wie aber ein jedes solches Wesen ein Zentralleben besitzt und ein vegetatives Leben durch das zentrale behält, solange die Atmung fortdauert, seht, geradeso ist es der Fall nicht nur mit der Erde, sondern mit jedem Weltkörper! - Freilich müßt ihr euch nicht denken, die Erde sei deshalb ein Tier, weil sie ebenfalls periodisch atmet; dessenungeachtet aber ist sie doch insoweit in ihren inneren Gefügen organisch eingerichtet, daß sie einer Atmung fähig ist.

22] Demnach ist die Ebbe und Flut nichts als bloß die Folge des immerwährenden Aus- und Einatmens der Erde.



Home  |    Inhaltsverzeichnis 'Himmelsgaben' Band 1  |   Werke Lorbers