Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Supplemente S. 268


01] Da wir nun wissen, wie wir mit dem hochzeitlichen Gaste an Meiner Tafel daran sind, so wollen wir noch dem bei der Gelegenheit Meiner Gefangennehmung im Garten Gethsemane die Flucht ergreifenden Jünglinge eine kleine Aufmerksamkeit schenken.

02] Dieser Vorfall wird auch nur in aller Kürze von dem Evangelisten Markus berührt, hätte aber auch wohl ganz gut ohne Schaden für sein Evangelium wegbleiben können, indem er nahe gar keinen moralischen Wert hat.

03] Um aber dieses wirkliche Faktum und dessen Grund näher zu verstehen, muß man wissen, daß sich zu jener Meiner Zeit ein gewisses Kollegium von jungen Menschen zusammengerottet hatte, die einerseits das Pharisäertum verachteten und ihre Wunder auf taschenspielerische Art ganz getreulich nachzumachen verstanden und nicht selten in gewissen Zirkeln ihresgleichen Produktionen machten, durch die sie das Pharisäertum als sehr lächerlich darstellten, und die andrerseits sich bei den Römern, die das gerne sahen, beliebt machten und daher eine geheime Protektion besaßen, die Frömmelei und Wundertäterei der Pharisäer, besonders im Angesichte der Römer und Griechen, ungestraft ins Lächerliche zu ziehen.

04] Bei einem solchen Klub befand sich denn auch ein Jüngling, der Mich einige Male in Jerusalem angehört und beobachtet hatte, an Meiner Lehre und Meinen Taten ein besonders ernstes Wohlgefallen fand und mit seinen Kollegen, die durch allerlei Mittel auch Meine Wundertaten nachzuahmen versuchten, darin nicht übereinstimmen wollte. Dieser Jüngling verwies ihnen solches und zeigte ihnen, daß Meine Lehre und Meine Taten von einem ganz andern Geiste herrühren als die der dummen und blinden Pharisäer. Seine Kollegen aber lachten ihn darüber aus und sagten zu ihm bei mehreren Gelegenheiten: Wenn der galiläische Wundertäter nicht irgend unter einer besonderen Protektion der Römer steht, so wird er der Rache der Templer so wenig entgehen als wir derselben entgehen würden, so wir nicht die Römer und Griechen zu unsern sichern Beschützern hätten. Und seht, diese Jünglinge nun paßten sehr darauf, bis Ich wieder nach Jerusalem käme, um zu sehen, was da mit Mir geschehen würde nach der ihnen wohlbekannten Mir geschworenen Rache von seiten der Templer. Als Ich zu der euch wohlbekannten Zeit nach Jerusalem kam, daselbst verraten und durch Meine eigene Zulassung gefangengenommen und den strengen Gerichten überantwortet wurde, da war denn dieser Jünglingsklub auch, wenn schon etwas von ferne, gegenwärtig, und als diese wohl merkten, was mit Mir vor sich ging, da holten einige aus diesem Klub auch den einen Mir zugetanen Jüngling, der sich in einem benachbarten Hause schon zur Ruhe begeben wollte, zogen ihn herbei, um ihm zu zeigen, wie mit Mir ihre Voraussage und Behauptung eingetroffen sei. Als der herbeigezogene Jüngling, der in der Eile nur ein Leintuch von seinem Bette um den Leib gehangen hatte, solches an Mir geschehen ersah, und dabei auch der Meinung war, daß seine Kollegen etwa auch ihn den Juden zur Bestrafung ausliefern möchten, da riß er aus, lief, was er nur laufen konnte, und verbarg sich in der Nacht vor seinen Kollegen, von denen er der Meinung war, daß sie ihn verfolgen würden, was sie aber ihres eigenen Heiles willen nicht taten und auch nicht leichtlich getan hätten.



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