Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 176. Kapitel: Frage an Jesus nach der Hölle und ihren Geistern.

01] Und Ich wandte Mich nun an den Oberstadtrichter und sagte: »War das der Geist deines Vaters oder nicht?«

02] Sagte der Oberstadtrichter: »Großer Herr und Meister, er war es so gewiß und sicher, als ich gewiß und sicher sein irdischer Sohn bin, und er kann kein Phantom meiner eigenen Phantasie gewesen sein; denn ein solches Phantom hätte nicht also weise mit mir reden können, und das über Dinge, die mir bis jetzt so fremd waren wie das, was sich unterhalb unserer Erde befindet. Und ich glaube von nun an vollkommen an ein unverwüstbares Fortbestehen der Seele nach dem Abfalle des Leibes!

03] Nur eines kam mir etwas sonderbar vor, und das bestand in dem, daß mein Vater, solange er sich drüben befindet, weder mit den bösen Geistern der Heiden und noch weniger mit irgendeinem Teufel der Juden zusammengekommen ist. Es ist doch überall die Rede, daß die Argen jenseits auch fortbestehen und in einem fort nur Böses zu bewirken beabsichtigen in ihrem unauslöschbaren Grimm. Wie sieht es denn dann mit den Orten dieser bösen Geister aus? Und warum konnte mein Vater jenseits noch keinen zu Gesicht bekommen?«

04] Sagte Ich: »Kümmere du dich um das wenig oder gar nicht! Die bösen Geister, die man Teufel nennt, kehren am Ende auch in sich, aber sie finden nichts als lauter Erzböses, was eigentlich ihre Liebe ist. Aus dieser erschaffen sie sich auch Orte, die mit ihrem inneren Charakter die vollkommenste Ähnlichkeit haben, sondern sich nach und nach - nach dem Grade ihrer Bosheit - in gewisse Vereine ab und suchen jedermann zu schaden. Wenn sie gerade auf dieser Erde ähnliche Charaktere unter den Menschen verspüren, so finden sie auch bald Wege, sich denselben beinahe auf dieselbe Weise zu nähern, wie sich dir dein Vater genaht hat, nehmen dann das Fleisch zuerst in Besitz und erfüllen es mit allem, was man nur arg und böse nennen kann.

05] Am Anfang treten sie sachte auf und suchen die Seele in das Fleisch zu ziehen. Ist das geschehen, so ist die Seele für alles Rechte, Reine, Gute und Wahre auch schon so gut wie verloren. Und Ich bin eben darum in diese Welt Selbst im Fleische gekommen, um diesem alten Unfug für alle jene ein wirksamstes Ende zu setzen, die an Mich glauben und nach Meiner Lehre leben und handeln werden, - denn siehe, Ich ganz allein bin der Herr über alles in der Welt und über alles im Reiche der Geister! Glaube das, und du wirst leben!«

06] Darauf dankte der Oberstadtrichter für diese Meine Belehrung, setzte aber als ein feiner Verstandeskritiker diese Frage am Schlusse hinzu: »Aber, Herr und Meister, wie hast Du denn solch einem Unfug zusehen können, ohne ihm schon überlange her ein wirksamstes Ende zu machen?«

07] Sagte Ich: »Das, was du wünschest, ist von Mir aus auch immer geschehen, und es ging noch nie ein nur einigermaßen guter Mensch verloren; für das aber, was jetzt geschieht, war auf dieser Erde die Menschheit noch zu jung und ist gegenwärtig noch lange nicht in der rechten Reife.

08] Doch Ich habe Mich der wenigen Guten wegen dieser Welt erbarmt und will für sie Selbst jenseits ein Reich gründen, in welchem sie ewig bei Mir sein und mit Mir herrschen sollen.

09] So wie dein Vater befinden sich im großen Jenseits schon zahllos viele der besseren Juden- und Heidengeister; wenn Ich aber in Kürze in Mein ewiges Ursein zurückkehren werde, dann wird auch all diesen besseren Juden und Heiden im Jenseits der rechte Weg zum vollkommenen, ewigen Leben gezeigt werden. Allen Bösen aber wird es auch ewig freistehen, sich entweder zu bessern und die Wege des Lichtes zu betreten oder in ihrem Bösen zu verbleiben und sich von ihm quälen zu lassen für ewig hin; denn was sie selbst wollen, darin widerfährt ihnen kein Unrecht.

10] Und so wird jenseits des Guten Lohn Gutes sein, des Bösen aber Böses, und ein jeder wird nach der Ablegung seines Leibes sich befinden in seinem Jüngsten Tage, und Ich werde einen jeden auferwecken und ihm den Lohn geben aus ihm selbst, wie er war, gut oder böse.

11] Und damit hast du aber auch schon alle deine an Mich gestellten Fragen mehr als zur Genüge beantwortet, und wollte Ich dir auch noch tiefere Antworten geben, so würdest du sie dennoch nicht verstehen; denn ihr seid allzumal noch Kinder in eurer Seele und könnt eine feste, männliche Kost noch nicht vertragen. Daher müsst ihr vorerst auch mit der Milch gespeist werden; wenn ihr aber einmal durch diese Speise hinreichend gekräftigt sein werdet, dann werdet ihr auch eine kräftigere Speise aus dem Himmel zu vertragen wohl imstande sein.«



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