Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 140. Kapitel: Der mutige Bootsmann.

01] Als wir uns wieder in unserem Saale befanden, da fragte Mich der Wirt, wo er für Mich ein gutes Ruhebett richten solle.

02] Ich aber sagte: »Sieh, Freund, wer da ein Bett haben will, dem gib auch eins; Ich aber werde auf Meinem Stuhle die Nacht hindurch ruhen. Deine Stühle taugen Mir zur Ruhe besser denn ein Bett.«

03] Da Ich aber gleich auf Meinem Stuhle die Nachtruhe nahm, da wollten auch Meine Jünger keine Betten, sondern blieben, wie sonst zumeist, neben Mir auf den Stühlen sitzen. Nur Maria und Joel nahmen in einem Nebenzimmer zwei Betten.

04] Die zwölf Fischer aber gingen wieder in ihr nahes Dörfchen heim mit der Vornahme, am Morgen für Mich und Meine Jünger wieder - aber eine größere Menge - Fische herbeizuschaffen; denn sie wurden von Meinen Reden und Belehrungen über alle die Maßen erbaut und konnten sich vor lauter Dankgefühl beinahe gar nicht helfen. Den ganzen Weg bis in ihr Dörfchen jubelten sie laut über Mich und konnten daheim ihren Gefährten nicht genug erzählen, welche tiefen und reinst göttlichen Wahrheiten sie aus Meinem Munde vernommen hätten. Ihre Gefährten und Angehörigen aber fragten sie, ob Ich etwa auch noch welche Zeichen und Wunder gewirkt hätte.

05] Der Bootsmann aber sagte: »Was Zeichen, was Wunder! Des Herrn Wort und Lehre, als die ewige, lichtvollste und lebendigste Wahrheit aus Seinen ewigen Himmeln, ist schon an und für sich das größte Zeichen und Wunder; denn so wie Er spricht und lehrt, hat noch nie ein Mensch vor Ihm geredet und gesprochen und gelehrt. Ich werde von Ihm morgen noch gar vieles, was mir bis jetzt noch völlig unbekannt ist, kennenlernen; denn wer an Seiner Seite nicht weise und voll des ewigen Seelenlebens wird, der bleibt toter denn ein Mauerstein in Ewigkeit.

06] Ich aber werde es mir nun zu einer Hauptaufgabe meines Lebens machen, Seine Ehre, Seine Göttlichkeit und Seinen wahrhaft heiligsten Namen vor aller Welt laut zu bekennen; denn mich hat nun alle Furcht vor der Dummheit und Bosheit aller Weltmenschen gänzlich verlassen. Wer wird vor mir bestehen mit der Lüge, so ich ihm die Wahrheit wie einen brennenden Dornstrauch ins Gesicht schleudere also, wie einst der Hirte David dem Riesen Goliath den Stein in seine stolze Stirne schleuderte und ihn zu Boden warf?

07] Wehe dem heuchlerischen Pharisäer, der sich vornehmen sollte, mich eines andern zu belehren; ich werde es ihm sagen und zeigen, auf der wievielten Stufe zur Hölle hinab er steht, und welch ein Lohn dort seiner harrt!«

08] Alle seine Gefährten staunten über den Mut des Bootsmannes, sagten aber doch, daß es klüger sein dürfte, im Anfange nicht gleich so viel zu lauten Aufhebens zu machen, um die argen Pharisäer dem Heilande und Seinen Jüngern nicht noch feindlicher zu machen, als sie es ohnehin schon seien.

09] Aber der Bootsmann sagte: »Wenn man gegen diese größten Menschen- und Wahrheitsfeinde noch fortan alle Rücksichten aus lauter Furcht vor ihrer Bosheit beachten wird, dann wird es nie licht unter den Menschen auf dieser Erde werden! Darum werde ihnen die Wahrheit mit wahrem Mute offen ins Gesicht geschleudert, und man zeige diesen verschmitzten Feiglingen nur ordentlich, einem Löwen gleich, Zähne und Krallen, und sie werden sich bald in ihre finsteren Löcher zu verkriechen anfangen!«

10] Und so in diesem Sinne hatte unser Bootsmann noch eine Weile fort geredet, bis ihn der Schlaf übermannte und er sich dann auch eine kurze Ruhe gönnte. Er war aber am Morgen dennoch als der erste ganz gestärkt auf den Beinen, und sein erster Gedanke war Ich, dem er aus seinem Herzen sein Lob darbrachte und Ihn pries.

11] Da er aber sah, daß seine Gefährten noch schliefen, da weckte er sie und sagte zu ihnen: »Freunde, beeilen wir uns, damit wir noch vor dem Aufgange mit unseren Fischen eintreffen; denn an diesem Tage gilt es die Gewinnung des ewigen Lebens für unsere Seelen und auch für die Seelen noch vieler anderer Menschen!«

12] Alle erhoben sich denn schnell von ihren Ruhestätten, gingen zu den Fischbehältern, hoben bei hundert der schönsten und besten Fische heraus und trugen sie nach Jesaira.

13] Diesmal gingen auch die gestern abend zu Hause gebliebenen acht Fischer mit und halfen die Fische nach Jesaira schaffen in Lägeln, die sie auf einen Karren legten, den sie selbst zogen und schoben.

14] Als sie leicht und bald in Jesaira ankamen, da schliefen noch die meisten Jünger, nur Ich, Petrus, Andreas, Jakobus, Johannes, Kisjona, Philopold und der Wirt nebst mehreren seiner Dienstleute waren schon auf den Beinen und besahen im Freien die munteren Szenen des frühen Morgens.

15] Als die Fischer Mich ersahen, fingen sie alsogleich an zu jubeln und dankten Mir schon von einiger Ferne, daß Ich sie gewürdigt habe, daß sie Mich sehen und sprechen können auch an diesem Tage.

16] Als sie mit ihrem Karren vollends zu uns kamen, baten sie Mich abermals, daß Ich ihr kleines Opfer gnädig und wohlgefällig annehmen möchte.

17] Und Ich sagte zu ihnen: »Mein schon gestern bei der gleichen Gelegenheit zu euch gesprochenes Wort gilt auch für heute und fortan in alle Ewigkeit. Übergebet die Fische dem Wirte; er wird schon wissen, wie er sie verwenden wird.«

18] Da übergaben sie dem Wirte die Fische, und der Bootsmann bedeutete dem Wirte, daß er mit den Fischen nicht kargen solle; denn ihre Behälter seien noch so überfüllt mit den besten Arten, daß sie hundert Tage lang auf keinen neuen Fang auszugehen nötig haben würden.

19] Da übernahmen die Diener des Wirtes die Fische und schafften sie in die große Gastküche, in der sich ein ziemlich großer, aus Zedernholz gezimmerter Fischbehälter befand, den Mein Nährvater Joseph gemacht hatte, schon eher, als Ich geboren ward, welchen Behälter der Wirt darum in großen Ehren hielt, weil ihn sein Vater in dem Jahre anfertigen ließ, als er bald darauf verstarb.

20] Des Wirtes Vater aber war ein frommer und überaus biederer Mann und war darum denn auch ein intimer Freund Josephs, und dieser hatte oft eine gute Arbeit bei dem Vater unseres Wirtes und blieb auch des Sohnes Freund, solange er lebte. Darum war Meine Familie dem Wirte auch gleichfort eine sehr liebwerte.

21] Nur Ich Selbst war zuvor diesem Hause weniger bekannt und hatte wenig Ansehen, weil Ich stets sehr wortkarg war und nichts aus Mir machte.

22] Dies wenige zur näheren Bekanntschaft mit diesem Hause zu Jesaira, von dem aber, nota bene, wie von vielen andern Orten am Galiläischen Meere, schon seit über tausend Jahren keine Spur mehr zu finden ist; denn die vielen Kriege und Völkerzüge, mit denen diese Länder oft heimgesucht wurden, haben alles zerstört und verwüstet. - Und nun wieder zu uns zurück!



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