Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 112. Kapitel: Jesu Krankenheilungen in der Herberge.

01] Nach dieser Meiner Bescheidung aber erinnerte Mich ganz zutrauensvoll der Wirt an die alte kranke Mutter und an den kranken Knecht und bat Mich, daß Ich derer gedenken möchte.

02] Sagte darauf Ich: »Seht, bei Gott sind alle Dinge möglich! Wenn ihr glaubt, da sollen die beiden Kranken, ohne daß Ich sie ansehe und berühre, allein durch Meinen Willen und Mein Wort völlig geheilt werden!«

03] Sagte der Mann: »Herr und wundersamer Heiland, ich glaube deinen Worten! Denn ein Mann, wie du einer bist, erfüllt gleich einem Propheten mit Weisheit und Wahrheit, hat sicher noch nie eine Unwahrheit gesprochen! Wenn es nicht also wäre, hättest du solches nicht zu uns geredet. Dieweil du aber solches zu uns geredet hast, so glauben wir auch ungezweifelt, daß du unsere beiden Kranken heilen kannst durch die Macht deines Willens und Wortes, und wir bitten dich darum, nur durch deinen Willen und durch dein Wort unsere beiden Kranken zu heilen!«

04] Sagte Ich: »Nun wohl denn, so will Ich denn, daß die beiden Kranken auf einmal vollkommen gesund ihr Krankenlager verlassen sollen! Geht aber nun zu ihnen, reichet ihnen etwas Speise und Trank zu ihrer Stärkung, und sie sollen darauf ins Freie wandeln! Doch sagt es ihnen nicht alsogleich, daß Ich solches an ihnen getan habe; erst nach dem Mittagsmahle sollen sie Mich näher kennenlernen!«

05] Die Kinder, die solches auch vernommen hatten, sagten gleich: »Gott in Seinen Himmeln alles Lob, daß Er den guten Menschen, die nach Seinen Geboten leben, solche Kraft und Macht gegeben hat! Nun ist unsere Großmutter sicher schon ganz gesund und zugleich auch unser braver und treuer Knecht!«

06] Darauf begaben sich die Kinder samt den Eltern sogleich in das Haus zu den Kranken und fanden zu ihrem größten Erstaunen die beiden vollkommen gesund, frisch und heiter.

07] Und die beiden bekannten einstimmig, daß es ihnen so vorgekommen sei, daß sich eine ganz hellweiße Flamme über sie gleich einem Blitze ergossen habe, worauf sie alle Schmerzen verließen und sie sich ganz wohl und sehr gesund fühlten und es ihnen auch vorkam, daß sie so gestärkt wären, daß sie ganz füglich das Bett verlassen könnten.

08] Da sagte der Herbergsherr, der ein Sohn der krank gewesenen Mutter war: »Uns hat das ein angekommener Gast gesagt, daß ihr gesund geworden seid, das Bett verlassen und zu eurer noch größeren Stärkung Speise und Trank zu euch nehmen könnet; darum verlasst nun getrost das Bett, kleidet euch frisch an, und nehmt dann Speise und Trank und stärket euch nach Herzenslust!«

09] Auf diese Worte erhoben sich die beiden Geheilten aus den Betten, kleideten sich an und nahmen darauf Speise und Trank zu sich. Darauf wollten sie den fremden Gast sehen; aber der Sohn ermahnte sie zur Geduld und sagte zur Mutter, daß sie den Gast schon nach dem Mittagsmahle kennen lernen würden. Und die beiden begnügten sich damit.

10] Wir aber ruhten unter den Bäumen und besahen die schöne Gegend, die, weil diese Herberge auf einer ziemlichen Anhöhe sich befand, sich von hier besonders gut ausnahm. Denn eine kleine Stunde von hier gen Südost lag Bethlehem mit seinen alten Ringmauern und Türmen auf einer gleichen Anhöhe, nur ein Tal mit vielen Äckern, Wiesen und Gärten trennte unsere Herberge, bei der die Hauptstraße eben nach Bethlehem vorüber führte, von der Stadt Davids. Man sah aber von unserer Anhöhe noch eine Menge Ortschaften und auch einzelne Burgen und Gehöfte und gen Westen auch große und wohlbestellte Weinberge, und im weiten, schon blau gefärbten Umkreise waren hohe Gebirge zu sehen, deren Majestät der ganzen Gegend einen noch erhöhteren Reiz verlieh. Es ist darum begreiflich, daß unsere Römer, die große Freunde von schönen Gegenden und Landschaften waren, sich bei dem Beschauen dieser Gegend ganz besonders vergnügten und gleichfort zu fragen hatten, was dies und jenes sei, wie es heiße, wem es gehöre und wie der und der andere Ort wäre, und was sich in den größeren Orten etwa besonders Denkwürdiges zugetragen habe.

11] Und Lazarus, die beiden Wirte und mitunter auch ein oder der andere Jünger hatten da zu erklären genug. Die Römer vertieften sich derart in die Betrachtung dieser Gegend, daß sie beinahe vergaßen, daß der Hauptmann aus Bethlehem sich schon bei einer Stunde lang ihretwegen hier befinde und in großer Besorgnis stehe, was er etwa von den mächtigen Gebietern alles vernehmen werde.



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