Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 035. Kapitel: Jesus über die Persönlichkeit des Satans.

01] (Der Herr:) »Ich Selbst habe Meinen ersten Jüngern einmal den Satan in einem entsprechenden Bilde auftreten lassen, und sie entsetzten sich gewaltigst vor demselben. Desgleichen geschah auch zu öfteren Malen bei den Altvätern dieser Erde; doch damals ward keine Erklärung darum wörtlich hingesetzt, weil die Alten, aus dem Geiste Weise, die bildliche Darstellung auf dem Wege der inneren Entsprechungen wohl verstanden und darum auch sagten: Erschrecklich ist es, in die Gerichtshände Gottes zu fallen, das heißt: Erschrecklich ist es für eine Seele, die schon einmal zum vollen Selbstbewußtsein gelangt ist, sich wieder von dem nie wandelbaren Gerichtsmuß des göttlichen Willens in der Materie gefangennehmen zu lassen.

02] Daß dieses für die Seele als etwas Erschreckliches bezeichnet wird, das lehrt jedermann die Erfahrung eines Sterbenden, der zuvor nicht die volle Wiedergeburt im Geiste erlangt hat.

03] Warum fürchtet sich denn solch eine Seele gar so sehr vor dem Tode ihres Leibes? Weil sie, als noch in sein Mußgericht verstrickt, auch mit zu sterben wähnt! Daß das also der Fall ist, das könnt ihr bei allen jenen ersehen und wohl erkennen, die darum an ein Fortleben der Seele nach dem Tode des Leibes entweder gar nicht oder nur schwer glauben, weil sie (Seele) auch entweder ganz oder zum größten Teil im Gerichte ihres Fleisches steckt und somit auch dessen Tod mitempfinden muß auf so lange hin, als sie nicht von demselben durch Meinen Willen völlig getrennt wird.

04] Da ihr nun aber hoffentlich wohl erkennen werdet, was es mit dem eigentlichen Satan und seinen Teufeln für eine wahre Bewandtnis hat, so werdet ihr daraus auch von selbst in euch darüber klarwerden können, daß es auch mit der Hölle die gleiche Bewandtnis haben muß. Sie ist gleich dem Satan in sich das ewige Mußgericht, also Welt und ihre Materie.

05] Warum aber wird der Satan auch ein Fürst der Finsternis und der Lüge genannt? Weil alle Materie das nicht ist, was sie zu sein scheint, und wer sie in seiner Liebe dem Scheine nach erfaßt und sich von ihr gefangennehmen läßt, der befindet sich denn auch offenbar im Reiche der Lüge und, der Wahrheit gegenüber, im Reiche der Finsternis.

06] Wer zum Beispiel die sogenannten Schätze aus dem Reiche der toten Materie zu sehr liebt, sie für das hält und schätzt, was sie zu sein scheinen, und nicht für das, was sie der Wahrheit nach sind, der befindet sich dadurch schon im Reiche der Lüge, weil seine Liebe als der Grund seines Lebens sich in sie wie ganz blind versenkt hat und sich höchst schwer aus solcher Nacht zum Lichte der vollen Wahrheit wieder emporschwingen kann.

07] Wer aber das Gold nur als eine entsprechende Erscheinlichkeit betrachtet, durch die das Gute der Liebe in Gott, wie durch das reine Silber die Wahrheit der Weisheit in Gott, dargestellt wird, der kennt denn auch den wahren Wert des Goldes und Silbers, steht somit im Reiche der Wahrheit, und seine Seele wird nicht erstickt im trüglichen Scheine und dessen Gericht.

08] So hatten denn bei den Alten und allen Propheten Gold, Silber und die verschiedenen Arten der Edelsteine nur allein die wahre Bedeutung; als Materie aber hatten sie keinen Wert und konnten darum einer Seele auch nicht gefährlich werden. Aus der Erkennung des wahren Wertes der Materie erkannten sie auch leicht und bald deren naturmäßige Tauglichkeit und Brauchbarkeit und schöpften daraus den wahren Nutzen.

09] Als aber mit der Zeit die Menschen die Materie ihres Glanzes und ihres Scheines wegen zu schätzen und zu achten anfingen, da gingen sie in ihr Gericht über, wurden (geistig) blind, hart, habgierig, geizig, lügnerisch, zänkisch, betrügerisch, hochmütig, böse und kriegs- und eroberungssüchtig und gerieten dadurch ins Götzen- und Heidentum und somit auch in die eigentliche Hölle, aus der sie ohne Mich nicht erlöst werden konnten.

10] Darum mußte Ich Selbst die Materie anziehen, mit ihr das Gericht, und muß es durchbrechen, damit Ich dadurch zur Eingangspforte ins ewige Leben werde für alle Gefallenen, wenn sie durch diese Pforte zum Leben eingehen wollen. Darum auch bin Ich die Tür zum Leben und das Leben Selbst. Wer nicht durch Mich eingeht, der kommt nicht zum Leben im Lichte der ewigen Wahrheit (und) der Freiheit, sondern bleibt gefangen im Gerichte der Materie.

11] Nun aber ergibt sich noch eine Frage von selbst, und diese lautet: Gibt es denn sonach im Ernste keinen persönlichen Satan und keine persönlichen Teufel?

12] Und Ich sage: O ja, es gibt deren schon hier, noch im Fleische wandelnd, und noch um ein Großes mehr im großen Jenseits, die auch fort und fort bemüht sind, einen argen Einfluß auf das Diesseits auszuüben, und das einmal durch die rohen Naturgeister, die noch in allerlei Materie weilen, der bestimmten Ausreifung wegen, und dann aber auch unmittelbar durch gewisse geheime Einflüsterungen, Anreizungen und Verlockungen. Sie merken bei den Menschen gar wohl die verschiedenen Schwächen und Anlagen zu denselben, bemächtigen sich derselben und fachen sie zu glühenden Leidenschaften an.

13] Ist aber eines Menschen Schwäche einmal zur glühenden Leidenschaft geworden, dann befindet er sich schon ganz in dem Zustande des Gerichtes der Materie und ihrer argen Geister, und es ist für ihn dann schwer, sich davon loszumachen.

14] Der Satan ist die Zusammenfassung des gesamten Materiemußgerichtes, und was seine Persönlichkeit betrifft, so ist diese an und für sich nirgends da, wohl aber ist sie als ein Verein aller Art und Gattung von Teufeln nicht nur dieser Erde, sondern aller Welten im endlosen Schöpfungsraume anzusehen, gleichwie auch nach Meiner euch schon gegebenen Erklärung alle die zahllos vielen Hülsengloben am Ende ihrer gemeinsamen Zusammenfassung einen übergroßen Schöpfungsmenschen darstellen.

15] Im kleineren ist freilich auch ein Verein aller Teufel eines Weltkörpers ein Satan, und im kleinsten Maße ein jeder einzelne Teufel für sich.

16] Solange es aber keinen Menschen auf einem Weltkörper gab, gab es auf demselben auch keinen persönlichen Teufel, sondern nur gerichtete und ungegorene Geister in aller Materie eines Weltkörpers; zur Materie aber gehört alles, was ihr mit euren Sinnen wahrnehmt.

17] Aber das könnt ihr auch annehmen, daß es nun wohl auf keinem Weltkörper ärgere und bösere Teufel gibt als eben in und auf dieser Erde. Wenn es ihnen zugelassen wäre, so würden sie die Erde und ihre Bewohner gar arg zurichten - aber es wird das nicht zugelassen, und damit die Teufel das nicht tun können, so sind sie eben darum mit aller Blindheit und somit auch mit der größten Dummheit behaftet, und ihre Vereine gleichen jenen Sicherheitsanstalten dieser Erde, in denen die argen Narren und Wahnsinnigen festgehalten werden, auf daß sie den andern Menschen nicht schaden können.

18] Aus dem bisher Gesagten könnt ihr alle nun wohl mit voller Vernunft und erleuchtetem Verstande einsehen, was es mit dem Satan und mit seinen Teufeln für eine Bewandtnis hat, und habt nun nicht mehr nötig, darüber um ein Weiteres zu fragen. - Und nun sage du, Schriftgelehrter, ob du das alles auch wohl verstanden hast!«



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