Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 18. Kapitel: Die Pforte des Himmels und das Reich Gottes.

01] Als Ich dieses ausgesprochen hatte, da trat schnell der gewonnenen Pharisäer einer hervor und sagte: »Herr und Meister, da Du nun ausgesprochen hast, daß uns allen die Pforte des Himmels weit offen steht, könnte es denn nicht geschehen, daß wir nun alle die geöffnete Pforte des Himmels mit unseren Augen besehen könnten, um uns doch nur so einen kleinen Begriff von der inneren Gestalt des Himmels machen zu können, von dem man durch die geöffnete Pforte sicher einen kleinen Teil wird erschauen können?«

02] Sagte Ich: »Wie lange werde Ich noch müssen um euch sein und wie lange euch in eurem materiellen Sinne ertragen?! Wer ist denn die Pforte ins wahre Himmelreich? Ich bin die Pforte, der Weg und der Himmel Selbst! Wer Mich hört, an Mich glaubt und den Vater in Mir über alles liebt, der wandelt durch die rechte Pforte alles Lebens und Seins den lichten Weg in das Reich der Himmel, das geistig geschaffen ist aus Meiner puren Liebe in der lichtesten und lebendigsten Form aus Meiner Weisheit.

03] Seht weder hinauf noch hinab mit euren Fleischesaugen, wollt ihr die wahre Gestalt und das Wesen des Himmels, welcher ist das Reich Gottes, ergründen, sondern richtet die Augen eures Gemütes in euer innerstes Liebelebensbewußtsein, da werdet ihr den Himmel erschauen, und das überall, auf welchem Punkte Meiner Schöpfungen ihr euch auch immer befinden mögt, ob auf dieser Erde oder auf einer andern, das wird stets gleich sein; denn die Gestalt des Himmels wird sich nach dem formen aus eurem Lebensgrunde, wie dieser nach Meinem Worte und durch eure guten Werke beschaffen sein wird. Erst durch solchen euren Himmel werdet ihr dann auch in Meinen ewigen und endlos großen Himmel gelangen.

04] Das merkt euch alle wohl: Das Reich Gottes ist nirgends ein äußeres Schaugepränge und kommt auch nicht in einer äußeren Zeichnung und Form zu euch, sondern es ist inwendigst in euch und besteht im Geiste der feinen Liebe zu Gott und zum Nächsten und in der Wahrheit des Lebens der Seele daraus; denn wer keine Liebe weder zu Gott noch zum Nächsten ja sich hat und gewahrt, der hat auch kein Leben in sich und keine Auferstehung, welche da ist der Himmel im Menschen, und sonach auch kein Leben im selben, sondern nur das Gericht und den alsogestaltig sicher ewigen Tod gegenüber dem allein wahren und vollkommenen Leben im Himmel.

05] Es leben gewisserart die Seelen der Bösen nach dem Tode auch fort; aber es ist das nur ein Scheinleben gleich dem aller Materie und gleich dem, das gewisse Tiere haben, die den ganzen langen Winter in irgendeiner Erdhöhle schlafen und vollkommen untätig sind.

06] So ihr das nun ein wenig tiefer betrachtet, so werdet ihr doch hoffentlich zu Mir nicht mehr sagen: Herr, zeige uns die Pforte des Himmels und so etwas Weniges vom Himmel selbst, oder zeige uns etwa auch die Hölle, auf daß wir, durch ihren Anblick gewarnt, uns desto leichter von allen Sünden enthalten! Wer also fragte, den müßte Ich einen Toren nennen; ein jeder Mensch hat entweder den Himmel oder im schlimmsten Falle auch die Hölle vollkommen in sich und kann alles in sich beschauen.

07] Aber wer die Hölle in sich birgt, der ist taub und blind in seinem Gemüte; nur dann und wann mahnt ihn sein Gewissen daran, ansonst er der Hölle in sich nicht gewahr werden könnte, - denn eine höllisch gewordene Seele ist schon so gut wie vollends im Tode durch das Gericht aller ihrer Materie.

08] Aber eine Seele, die durch ihre guten Werke nach Meinem Willen den Himmel in sich hat, die kann in sich auch am hellen Tage den Himmel wohl gewehren und von Zeit zu Zeit in nächtlichen hellen Traumgesichten in sich erschauen. Denn es sind darum dem Menschen Traumgesichte gegeben, damit er durch sie in einem Verkehr mit der Welt der Geister minderer oder höherer Art während seines diesirdischen Lebens verbleiben kann, je nachdem sie (die Seele) in sich mehr oder weniger des wahren Himmels durch ihre guten Werke nach dem Willen Gottes erbaut und eigentlich erschaffen hat.

09] Wandelt also nach Meinen Geboten, und ihr werdet leicht und bald in euch gewahren die Gestalt und die Wesenheit des Himmels! - Habt ihr das nun wohl auch verstanden?«

10] Sagten die Juden, Römer, Ägypter und Indier: »Ja, Herr und Meister, und wir danken Dir herzinniglichst für solche Deine Belehrung an uns, die wir trotz all dem vielen und großen Lichte, das Du uns hattest zukommen lassen, noch immer stark blind und taub sind! Daher aber bitten wir Dich denn auch, daß Du Geduld habest mit unseren noch immer großen Schwächen; aber wir werden uns fürder schon also zusammennehmen, daß Dein heiliges uns gespendetes Licht in uns stets heller und heller soll zu leuchten beginnen.«



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