Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 222. Kapitel: Der Scheinwert äußeren Kulturfortschritts.

01] (Der Herr:) »Wir aßen und tranken nun wieder fort, aber freilich nur mit rechtem Maß und Ziel. Cyrenius besprach sich dabei über manche häuslichen und baulichen Dinge mit uns, und die anderen Gäste hörten uns an und gaben Mir und dem Joseph in allem recht.

02] Schließlich meinte ein Feldherr, der bis jetzt noch kein Wort geredet hatte: "Es wäre bezüglich der Baukunst auch darauf vor allem das Augenmerk zu richten, ob den Schiffen auf dem Meere nicht eine solche Einrichtung gegeben werden könnte, daß man erstens den Stürmen einen größeren Widerstand bieten könnte, als das bis jetzt der Fall ist. Zweitens aber möchte ich bei größeren Schiffen das Ruderwerk vermieden haben; denn sind die Ruder zu hoch über Bord angebracht, so werden dazu zu lange Stangen benötigt. Diese werden schwer geleitet, brauchen eine große Anzahl kräftiger Ruderer, üben dabei doch wenig Kraft im Wasser aus und brechen bei Stürmen leicht. Sind die Ruder aber, wie das bei kleineren Uferfahrzeugen der Fall ist, niederer angebracht, so dringt bei einem nur etwas höheren Wogengange das Wasser durch die Ruderöffnungen in das Schiff, und man hat da nichts zu tun, als in einem fort das Wasser aus dem Schiffe zu schöpfen, so man nicht untergehen will. Und endlich fürs dritte haben unsere großen Schiffe noch den Fehler, daß sie wegen der vielen Ruderer zu wenig Raum haben, eine rechte Anzahl von anderen Reisenden aufzunehmen, und man kommt trotz der vielen Ruderer dennoch nicht vom Flecke bei auch nur einem kleinen Gegenwind.

03] Siehe, du mein lieber, junger, überweiser und wunderbar mächtiger Mann, du könntest uns Römern auch darin einen guten und wahren Rat erteilen! Die alten Phönizier sollen Fahrzeuge gehabt haben, mit denen sie sogar den großen Ozean, etwa gar weithin, schnell und sicher befahren konnten. Wir Römer müssen uns gleichfort mit den Uferfahrten begnügen und getrauen uns nur bei ruhigen Tagen und Zeiten über das hohe Meer zu fahren. Was meinst du da in dieser Hinsicht?"

04] Sagte Ich: "Ja, du Mein Freund, da wird es mit einem rechten und guten Rate etwas schwer halten! Denn was nützte dir ein solcher, so du ihn am Ende doch nicht ins Werk setzen könntest?

05] Zu einer guten und sicheren Meerfahrt gehört vor allem eine genaue Kenntnis des gestirnten Himmels, dann die Kenntnis der Erde und besonders der Lage des Meeres, seiner Größe und Tiefe. Ihr habt aber diese Kenntnis noch lange nicht und könnt sie auch nicht haben, weil eure dummen Priester mit aller Gewalt dawider eifern würden; daher würden euch auch besser eingerichtete Schiffe nichts nützen, weil ihr sie ja doch nicht gebrauchen könntet.

06] Die Phönizier hatten wohl etwas brauchbarere Schiffe, aber nicht um irgendein bedeutendes. Mit den Segeln konnten sie bei günstigem Winde wohl besser umgehen als ihr; aber sie mieden auch das hohe Meer und waren auch nur Uferfahrer.

07] Wollt ihr aber euer Seewesen besser einrichten, so müsst ihr das von den Indiern, die am Meere wohnen, lernen; denn die können mit den Segeln umgehen, wennschon auch noch lange nicht auf eine ganz vollkommene Art.

08] Seht ihr aber nur, daß ihr es dahin bringt, daß eure Seele bald eins wird mit dem göttlichen Geiste, so wird euch dann der Geist schon auch zeigen, wie ihr euer Seewesen gar sehr verbessern könnet!

09] Übrigens sind für diese Zeit eure Schiffe ganz gut und sehr brauchbar. Die späten Nachkommen aber werden schon noch gar wunderbar kunstvolle Schiffe erbauen, mittels welcher sie, an Schnelligkeit Vögeln gleich, nach allen Richtungen über alle Meere hin werden fahren können; aber es wird das das Glück der Menschen weder physisch und noch weniger geistig erhöhen, sondern gar gewaltig vermindern. Darum bleibt nun nur noch recht lange bei dem, was ihr habt; denn eine zu große Verbesserung in irdischen Dingen ist stets eine wahre und dauernde Verschlimmerung im Geistigen, daß der Mensch doch nur allein kultivieren soll mit allen Kräften seines Lebens.

10] Was nützt es dem Menschen, so er auch alle Schätze der Welt für sich gewinnen könnte, litte aber dadurch den größten Schaden an seiner Seele?! Kennt ihr denn noch nicht die kurze Lebensdauer alles Fleisches auf dieser Erde und das endliche Los des Fleisches? Ob du nun als ein Kaiser oder als ein Bettler stirbst, so ist das für jenseits alles eins! Wer hier viel hatte, der wird jenseits viel entbehren müssen, wer aber hier wenig oder auch wohl nichts hatte, der wird jenseits auch wenig oder nichts zu entbehren haben und wird desto leichter und eher zu den inneren und allein wahren, lebendigen Geistesschätzen gelangen.

11] Darum waren die Urväter dieser Erde so glückliche Menschen, weil sie ihre diesirdischen Lebensbedürfnisse so einfach als möglich befriedigten. Wie aber dann besonders jene Menschen, die sich in den tiefer liegenden Tälern aufhielten, Städte zu erbauen anfingen, so ist damit auch die Hoffart in sie gefahren. Sie verweichlichten, wurden träge und verfielen bald in allerlei Laster und mit ihnen in allerlei Elend. Was Gutes hatten sie davon? Sie verloren Gott aus den Augen ihrer Seelen, und alle innere Lebenskraft des Geistes verließ sie, daß sie gleich vielen von euch an kein Leben nach dem Tode des Leibes mehr glauben konnten.

12] War das nicht ein gar entsetzlicher Umtausch, so man für die größere Bequemlichkeit des materiellen Lebens das Geistige so gut wie völlig verlor?

13] Wer darum ein Weiser unter euch ist, der suche nun wieder das unnötigerweise zu gute und bequeme Materieleben für das reine, wahre, geistige umzutauschen, und er wird da besser tun um ein endlos Großes, als so er die größten Erfindungen machte, wie man ganz sicher und vogelschnell über alle Meere fahren kann. Einmal wird er dennoch sterben müssen! Was werden ihm dann seine großen Erfindungen für seine Seele nützen?!

14] Bleibt darum bei dem, was ihr habt! Leget keinen Wert darauf, und suchet vor allem, wie ihr mehr und mehr auf dem Wege des Geistes wandeln mögt, so werdet ihr dadurch die größte und beste Erfindung für die große Schiffahrt aus diesem Irdischen ins andere, jenseitige Geistige gemacht haben!

15] Was sicher für ewig währt, das zu erreichen setzt alle eure Kräfte und Mittel in die vollste Bewegung; ums Irdische für den Leib aber sorget euch nur insoweit, als es vernunftgemäß nötig ist! Daß ein Mensch essen und trinken muß und seinen Leib schützen gegen Kälte und große Hitze, das ist eine ganz natürliche Sache; aber wer eben für den Leib mehr tut als für die Seele und am Ende gar für den Leib allein sorgt, dagegen für die Wohlfahrt der Seele gar nicht, die doch ewig leben soll, der ist ein wahrhaftigst blinder und überdummer Narr.

16] Ja, wenn jemand seinem Leibe ein ewiges Leben wider den Willen Gottes verschaffen kann - was unmöglich ist -, der sorge sich dann bloß um die Wohlfahrt seines Leibes; sonst aber sorge er sich um das, was ewig dauern wird und muß, weil es Gott also angeordnet hat!

17] So ihr das nun wohl verstanden habt, so fragt Mich nicht mehr, wie ihr eitle, irdische Dinge um ein gar Großes verbessern könntet; denn Ich bin nur darum in diese Welt gekommen, um euch die Wege zum ewigen Leben zu zeigen und fest anzubahnen, auf daß ihr sicher und leicht auf denselben fortkommen mögt!"«



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