Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 128. Kapitel: Die Örtlichkeit der Himmel.

01] Hier trat dann eine allgemeine, aber nur kurz dauernde Ruhe ein. Aber bei so vielen Menschen kann eine längere Ruhe nicht leichtlich erzielt werden, besonders in einer Nacht, in der es allerlei zu sehen gibt, und so fingen die gewissen Judgriechen untereinander bald zu wörteln an, und ein jeder wollte Mich am besten verstanden haben.

02] Einer darunter sagte zu den Wortwechslern: »Hört! Wer da sagt, daß er des Meisters Worte und Lehren am besten verstanden habe, der hat Ihn am wenigsten verstanden; denn in Seinen Worten kam es auch vor, daß sich nicht einer über den andern erheben, sondern in allem demütig und bescheiden sein soll. Wer da aber zu seinem Bruder sagt: 'Siehe, das verstehst du nicht!' oder 'Das hast du unrichtig verstanden!', der erhebt sich ja gerade gegen die Lehre des Herrn über seinen Bruder und zeigt, daß eben er die Lehre schlecht oder gar nicht verstanden hat.

03] Etwas ganz anderes ist es, so einer zu seinem Bruder sagt: 'Höre, diese und jene Worte habe ich nicht so recht begriffen! Wie hast denn du sie aufgefaßt?' Wenn dieser nun in aller Liebe und Bescheidenheit dem Bruder sagt, wie er eine Sache aufgefaßt hat, so ist das dann sicher keine Erhebung des eigenen, helleren Verstandes über den des Bruders, sondern ein Werk der wahren Nächstenliebe. Aber mit euren Disputationen bin ich nicht einverstanden und kann es nicht sein.«

04] Auf diese recht gute Zurechtweisung hin wurde die Ruhe wieder hergestellt, und die Judgriechen sahen ein, daß der Redner ganz recht hatte, und sie konnten sich nachher um vieles leichter verständigen.

05] Die drei Magier hatten auch noch etwas, das ihnen nach Meiner Lehre nicht eingehen wollte, und das war die Örtlichkeit der Himmel; denn sie sagten: »Daß die volle Erkenntnis Gottes, Seines Willens und Seiner Liebe und Weisheit und das Leben und Handeln nach dem erkannten Willen Gottes in sich das Reich Gottes ausmacht, das ist nach der Lehre des Herrn nun wohl klar, wie auch, daß ein Mensch, der das alles in sich zustande gebracht hat, sich seiner Seele nach völlig im Reiche Gottes befindet und das ewige Leben hat und somit als ein vollendeter Mensch dasteht; aber wo ist der Ort, an dem sich die Seele befinden wird, wenn sie einmal entleibt wird?«

06] Der erste Magier wollte sich darum mit dieser Frage an Mich wenden.

07] Ich aber kam ihm zuvor und sagte: »Ich weiß schon, was euch drückt, und was du wissen möchtest! Das würdest du nun noch nicht fassen, weil deine Seele noch viel zuwenig von der Materie des Fleisches frei ist; wenn sie aber einiger wird mit dem Geiste Meiner Liebe in dir, dann wird dir schon dein eigener Geist zeigen die Örtlichkeit desjenigen Reiches, in dem deine Seele dann ewig in ihrer höchsten Freiheit leben, sein, schalten und walten wird. Aber dein Fleisch kann solches jetzt noch nicht fassen.

08] Wo bin Ich Selbst denn nun? Sieh, in der aus Mir Selbst erschaffenen Welt! Wenn du aber zur wahren, inneren Vollendung des Lebens gelangt sein wirst und dir der Leib als Mein Gericht oder als Mein dich zum Behufe des inneren Lebens ausbildendes Muß genommen wird, da wirst du dir dann gleich Mir alles aus dir erschaffen können und wirst gleich Mir in der Welt und Örtlichkeit leben und sein, die du dir aus dir selbst erschaffen haben wirst.

09] Daß sogar in deiner noch sehr materiellen Seele schöpferische Kraft wohnt, das kannst du ganz leicht deinen Träumen entnehmen. Denn wo ist denn die Welt, die du in deinen lebhaften Träumen bewohnst? Sie besteht nur in der Intelligenz und in dem Willen deiner Seele, die auch im Traume will, obwohl du am Tage in deinem Fleische die Sache mehr als etwas Zufälliges ansiehst. Überdenke das, und es wird in dir dann schon auch in dieser Hinsicht etwas heller werden! - Doch für diesen Tag ist nun Meine Arbeit zu Ende, und wir werden uns nun bis zum Morgen zur vollen Ruhe nicht ins Haus, aber in die gut hergerichteten Zelte begeben. Morgen werden dann erst größere Enthüllungen folgen.«

10] Mit dem erhob Ich Mich mit Meinen Jüngern. Wir nahmen ein Nachtlager in einem großen Zelte, und alles begab sich zur nächtlichen Ruhe.



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