Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 104. Kapitel: Die Schuld der Magier.

01] Sagte der Hauptmagier: »Ja, es hat bei mir nun ein wenig zu dämmern angefangen; aber es drängt sich bei mir immer die Frage auf, warum wir all dieses Erhabenste und Göttlich-Wahre durch eine Zulassung des einen, wahren und sicher allwissenden Gottes nicht schon lange als eine Offenbarung erhalten haben. Seit undenklichen Zeiten schmachten wir schon in unserer Nacht und großen Finsternis und haben das, was wir nun gefunden haben, doch allzeit gesucht. Wir sind ja doch auch Menschen, haben Gott unter dem bezeichnenden Namen Delailama (schafft und zerstört) auch stets angebetet und verehrt und nahmen die Lehre Zorouasto nicht an, und doch erhielten wir als Priester nie irgendeine Offenbarung, was denn auch der Grund war, daß eben wir Priester um allen Glauben gekommen sind, obschon wir das Volk fortwährend im festen Glauben erhielten. Was war denn da die eigentliche Grundursache? Lag denn schon von jeher ein gewisser geheimer Fluch auf uns, oder waren wir, doch ohne gerade zu wollen, selbst schuld daran, oder schuldete daran unser Klima?«

02] Sagte Raphael: »Weder irgendein alter Fluch und ebensowenig euer Klima, wohl aber gerade ihr selbst! Nicht etwa einmal, sondern sehr oft und vielmals sind bei euch Menschen erweckt worden, um euch zu zeigen, daß ihr euch auf bösen Wegen haltet. Was habt ihr aber mit den Menschen getan? Ihr habt sie als Ketzer gegen eure dumme Lehre verdammt, und wenn ihr ihrer habt habhaft werden können, so war kein Martertod grausam genug, durch den ihr sie zum abschreckenden Beispiel aus der Welt befördert habt. Daran schuldete euer unbegrenzter Hochmut und eure nie zu sättigende Herrschsucht.

03] Gott, der Herr der Unendlichkeit, hätte Sich euch offenbaren sollen, damit ihr dann nach eurem Wohlgefallen die Offenbarung dem Volke nach eurem Belieben so tropfenweise hättet beibringen können, also ungefähr in einer Stunde kaum so viel, als was ihr in einem Augenblick für ein volles Jahrtausend empfangen habt. Aber da war Gott der Herr wahrlich mit euch niemals einverstanden und gab euch statt Licht aus den Himmeln die Finsternis der Hölle, in der ihr euch zum allergrößten Teile noch selbst befindet. Und daran schuldete wohl niemand als nur ihr ganz allein!

04] Denn Gott ist in Seinem Urwesen Selbst die höchste und reinste Liebe. Er ist im allerhöchsten Grade herablassend, demütig, langmütig, voll Geduld, Sanftmut und Erbarmung. Er verachtet allen und gar jeden Weltprunk. Der Hochmut der Menschen ist Ihm ein Greuel, und die Herrschsucht ist ein Gemeingut der Hölle, von der ihr eurem Volke gar entsetzlich viele arge Dinge vorgepredigt habt; denn auch in der Hölle will gar ein jeder arge Geist ein Herrscher sein, denn ohne Lüge, Trug, Hochmut und Herrschsucht gibt es für die Teufel in der Hölle kein Sein und kein Leben. Und nun fragt euch selbst, ob es bei euch jemals anders war! Weil es aber also war, wie konnte da je eine göttliche Offenbarung bei euch Platz greifen?!

05] Ihr meintet freilich in eurer wohllebigen Weltblindheit, daß sich ein Gott als das allerhöchste Wesen nur den eingebildet allerhöchsten Beherrschern dieser Welt offenbaren könne; denn der Volksmensch war bei euch im Schätzwerte tief unter dem Tiere. Aber da irrtet ihr euch groß; denn Gott ist eben die Demut, die Sanftmut, die Geduld, die ewige Liebe und die Erbarmung Selbst und ist stets nur jenen zugetan, die also sind, wie Er Selbst es von Ewigkeiten her war, und Sein ewig heiliger Wahlspruch lautet: "Laßt die Kleinen und Geringen zu Mir kommen; denn ihrer ist das Himmelreich, welches da ist das Reich der Liebe, Weisheit, der Wahrheit und des ewigen Lebens!"

06] Und seht, das haben euch die Kleinen aus eurem Volke noch von den brennenden Holzstößen verkündet, und ihr habt ihnen darum mit Steinen den Mund eingeschlagen, oder so sie sich noch in euren Korrektionshänden in den Kerkern befanden, so habt ihr ihnen, statt sie anzuhören, die Zunge mit glühenden Zangen aus dem Munde gerissen! Saget, was da Gott für euch noch hätte tun sollen, wenn eure unbegrenzte Herrschsucht also mit jenen verfuhr, die Gott für euch Blinde erweckt hatte! Wie viele Tausende sind darum bei euch auf das allergrausamste gemartert worden, die, wie gesagt, Gott für euch erweckt hatte, und ihr mögt noch fragen, wer oder was daran schulde, daß ihr erst jetzt und hier den Verborgenen gefunden habt, - freilich bis jetzt nur zum Teile noch?!

07] Leset eure Geschichte, und ihr werdet es in aller Wahrheit bestätigt finden, was ich euch nun gesagt habe! Sagt aber dann: "O großer Gott, vergib es unserer unbegrenzten Blindheit, daß wir allzeit vor Dir höllisch gesündigt haben! Wir allein sind an unserer langen Blindheit schuld! Gib uns nun Dein Licht, daß wir Dich, o Heiligster, finden möchten!", so wird euch der Herr eure Sünden vergeben und euch Gnade fürs Gericht geben! - Habt ihr mich nun wohl verstanden?«



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