Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 82


Die Jünger und der strenge Zöllner.

01] Darauf erhoben sich einige der Altjünger, gingen in die Stadt und fanden bald einen Bäckerladen und kauften um zehn Pfennige Brot und um vier Pfennige gebratene Fische. Als sie mit diesem Einkaufe aus der Stadt gingen, begegnete ihnen ein Zöllner, der sie anhielt und fragte, wer da so viel Brotes und der Fische bedürfe.

02] Sie aber sagten (Die Altjünger): ”Unser Herr und Meister will es also, und so tun wir es auch also!“

03] Fragte der Zöllner weiter: ”Nun, wer ist denn euer Herr und Meister, und was treibt er für ein Gewerbe?“

04] Sagten die Jünger: ”Gehe hin, und erkundige dich bei Ihm Selbst, - Er wird es dir schon sagen, wenn Er wollen wird! Aber er steht nicht gleich jedermann Rede! Dort, einige hundert Schritte am Ufer des Stromes, aber rastet Er samt den andern Jüngern. Gehe hin, und rede mit Ihm Selbst!“

05] Sagte der Zöllner: ”Warum nehmt ihr denn hier nicht eine Herberge? Es gibt ja deren mehrere in unserer nicht gar kleinen Stadt!“

06] Sagten abermals die Jünger: ”Gehe hin zu Ihm, und Er wird es dir sagen; denn wir wissen es selbst nicht, was Er hier alles machen will!“

07] Hier sagte der Zöllner: ”Ja, da muß ich wohl selbst hingehen und mich bei ihm erkundigen, was da mit euch ist! Denn bei uns wird eine strenge Ordnung gehandhabt, und wir müssen wissen, wer irgend ein Fremder ist, der sich unserer Stadt genähert hat.“

08] Hierauf zog der Zöllner mit den Jüngern zu Mir hin, und als er bei uns ankam, da fragte er gleich ganz richterlich strenge und ernst: ”Welcher von euch ist wohl der Meister und der Herr?“

09] Sagte Ich: ”Ich bin es! Was willst du von Mir und von Meinen Jüngern?“

10] Sagte der Zöllner: ”Ihr seid Fremde, und solche können wir in der Nähe unserer reichen Stadt nicht dulden, so sie sich nicht näher äußern, wer und woher sie sind!“

11] Sagte Ich: ”Ich kenne eure Gesetze und Rechte besser denn du, der du als ein purer Zöllner gar nicht das Recht hast, uns zu fragen, wer und woher wir seien! Siehe, wir sind von dem Tore der Stadt noch über siebenhundert Schritte entfernt, und dieser Platz, den wir nun einnehmen, ist nach euren Gemeindegesetzen von alters her schon bestimmt für Fremde, und so sind wir nach euren eigenen Gesetzen hier auf diesem Platze frei und sind sonach auch niemand irgendeine Rede und Antwort schuldig! Du selbst aber eile nun lieber in dein Haus zurück, sonst stirbt dein ältester Sohn, der schon sieben Jahre lang krank ist, eher, als du nach Hause kommst!“

12] Das machte nun den Zöllner äußerst stutzig. Er machte große Augen und fragte Mich, woher Ich das wüßte. Und so Ich das so genau wüßte, so wüßte Ich etwa vielleicht auch, ob denn seinem Sohne nicht mehr zu helfen wäre.

13] Sagte Ich: ”O ja, das wüßte Ich auch und könnte ihm sogar helfen, - auch dann noch, so er schon gestorben wäre; aber da müßtest du einen stärkeren Glauben an den einigen, wahren Gott haben, als du ihn hast samt deinem ganzen Hause!“

14] Da sah Mich der Zöllner wehmütig und freundlich an und sagte: ”Meister und Herr, wie dich also nennen, die mit dir sind! Siehe, ich selbst habe eine große Herberge, komme mit mir dahin samt deinen Gefährten, und wohne in meinem Hause! Es solle niemandem von euch etwas abgehen und so ihr ein volles Jahr bei mir verweilen wolltet -, und wenn du meinen Sohn heilest, so will ich euch auch Gold und Silber geben, soviel ihr nur immer verlangen wollt; denn ich bin sehr reich an allerlei irdischen Gütern und möchte für die Heilung meines liebsten Sohnes wohl mehr denn die Hälfte davon geben. Willst du mit mir dich in mein Haus begeben?“

15] Sagte Ich: ”So du glaubtest, da möchtest (d.h. könntest) du dann auch etwas von der großen Macht und Herrlichkeit Gottes wahrnehmen! Aber nun gehe du allein nach Hause, und Ich werde mit den Meinen dir nachkommen! Denn wir wollen nun zuvor unser spärliches Mahl halten, da wir heute den ganzen Tag auf dem beschwerlichen Wege nichts eingenommen haben.“

16] Sagte der Zöllner: ”Aber Herr und Meister! In meinem Hause sollt ihr alle sicher besser bedient werden denn mit diesen wenigen Broten und Fischen; was euch aber diese Brote gekostet haben, das will ich tausendfach wieder ersetzen!“

17] Sagte Ich: ”Gehe du nun nur nach Hause, weil Ich es also haben will, und dein Sohn wird leben! Wir aber werden in einer Stunde nachkommen.“



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