Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 273


Die Geldgier des Judas Ischariot.

01] Da dankten Mir die Jünger alle bis auf den einen, was ihm Thomas heimlich sehr verwies.

02] Der eine aber sagte (Judas Ischariot:) ”Ich danke Ihm im stillen für alles, was ich empfangen habe; ihr aber habt nach Seinem Zeugnisse mehr empfangen als ich, - daher ist es ja nun auch recht, daß ihr um das Mehrempfangene dem Herrn danket. Ihr könnt schon allerlei Wunder wirken; mir gelingt nicht eines, wenn ich auch noch glaube, daß es mir gelingen solle, und euch gelingt schon beinahe alles! Was ich somit noch nicht empfangen habe, für das kann ich nicht danken, sondern nur darum bitten. Ich habe zwar schon sehr oft im stillen darum gebeten, aber bis jetzt außer Speise, Trank und Lehre noch immer nichts erhalten und habe darum nur um das zu danken, - aber um die Gabe, Wunder zu wirken, sicher nicht! Versteht mich, so ihr mich verstehen wollt!“

03] Solches hatte der eine freilich nur so mehr still gesprochen, wurde aber von den andern Jüngern und von Mir ganz gut vernommen.

04] Und Ich sagte zu ihm: ”Du, Judas Ischariot, hast da ganz recht, daß du Mir nicht dankest um das, was du nicht so recht in der Fülle gleich den andern Jüngern empfangen hast. Aber als Ich euch vor einigen Monden einmal vor Mir hinaussandte, um in Galiläa die Menschen auf Mich vorzubereiten, da gab Ich dir so gut die Macht, Wunder zu wirken, wie den andern; aber du fingst damit als ein geldsüchtiger Mensch an, ein ordentliches Geschäft zu treiben, und ließest dich für deine gewirkten Wunder hoch und teuer bezahlen. Dadurch hast du dir in wenigen Wochen eine große Summe Goldes und Silbers erworben, an dem dein Herz hing. Weil aber dein Herz eben nur am größten Miste der Erde so sehr hing und an der Wundertatsgabe nur des Mistes wegen, - weil dies der tatsächliche Fall bei dir war, so ist aus weisem und gutem Grunde solche Gabe dir wieder genommen worden, aber die Lehre nicht, und somit kannst auch du wohl einen Unterricht über die Ankunft des Reiches Gottes auf Erden den Menschen erteilen, wenn du willst; willst du's aber nicht, so kannst du es auch bleiben lassen. Ich aber meine: So es dich nicht verdrießt, zu essen und zu trinken, so soll es dich auch nicht verdrießen, ein wenig zu arbeiten für dich und für Mich!“

05] Sagte ganz betroffen Judas Ischariot: ”Ah, das tue ich ja ohnehin gerne, aber die Brüder lassen es mich nicht immer, - - ich will nicht hadern, und so bin ich dann wieder ruhig und schweige!“

06] Sagte Ich: ”Ja, da hast du schon wieder recht, - bis dahin aber nur, daß die Brüder dich erst dann nicht wollen weiterpredigen lassen, so du anfängst, gegen den Schluß deiner Predigt schmutzige Absichten an den Tag zu legen. Laß also das in der Folge, und du wirst dann ungehindert predigen können und dürfen! Wozu ist das, ein Almosen bei den Zuhörern erbetteln wollen, da bei Mir noch keiner von euch einen Tag irgendeine Not gelitten hat?! Daher tue also, wie Ich es haben will, so wirst du alles recht tun, und niemand wird dich bei deinem Tun je beirren! - Hast du Mich wohl verstanden?“

07] Judas Ischariot sagte: ”Ja, Herr und Meister, ich werde mich auch bemühen, Deinem Willen zu genügen! Aber nun lasst mich ein wenig ins Freie gehen; denn mich drängt es nun ordentlich hinaus!“

08] Hierauf erhob er sich schnell und ging ins Freie. Er tat dies aber, weil er sich verraten und beschämt fühlte.

09] Der Wirt fragte Mich, wie es denn komme, daß der hinausgegangene Jünger noch nicht so vollkommen sei wie die andern.

10] Sagte Ich: ”Lieber Freund, das kommt von seinem zeitweiligen Eigennutze her! Er ist seiner Profession nach ein Töpfer und hat sich damit auf den Märkten viel Geld erworben. Aber als er von Mir hörte, da kam auch er zu Mir, hörte Meine Worte und sah Meine Taten. Da bat er Mich, daß er auch Mein Jünger würde. Ich gestattete ihm das, und so wurde auch er Mein Jünger. Aber er ist noch, was er war, ein Kaufmann, und das Geld hält er für eine fürs irdische Leben unentbehrliche Sache; darum möchte er denn auch für immer und eigentlich nur für sich Wunder wirken und sich gleich den Magiern dafür bezahlen lassen. Da aber das mit Meinen Wundertaten sich nie vereinen kann und darf, so verlor er durch eigenes Verschulden die schon innegehabte Fähigkeit und ist darum nun stets geheim bei sich etwas unzufrieden. Aber er weiß sonst um alles und ist ein guter Redner, und wenn er jemanden über Mich und Meine Sendung aus den Himmeln belehrt, so machen seine Worte stets eine gute Wirkung, und er ist darum gleich den andern ein aus Meinen anfänglichen zweiundsiebzig Jüngern auserwählter Apostel. - Nun weißt du ganz, wer er ist, und was du von ihm zu halten hast.“

11] Sagte der Wirt: ”Ah, da ist er immer sehr zu achten, und ich werde mich noch sehr oft mit ihm besprechen! Aber nun möchte ich doch wissen, was denn aus den andern sechzig Jüngern geworden ist! Haben sie nicht den Sinn und Willen fassen mögen, um Dir, gleich diesen Zwölfen, auf allen Wegen und Stegen zu folgen, um da noch gar vieles zu hören und zu sehen, was für sie sicher von größtem Nutzen gewesen wäre?“

12] Sagte Ich: ”Sie haben so viel gehört und gesehen, daß sie genau wissen, was sie zu tun haben, um das ewige Leben zu erreichen, und eines mehreren bedarf es für sie nicht. Sie wollten ihrer häuslichen Verhältnisse wegen Mir auch nicht stets und überallhin folgen, und so entließ Ich sie für einstweilen; aber sie werden schon wiederkommen und Mir folgen auf allen Wegen und Stegen, - denn sie haben Mein Wort angenommen, leben und handeln nun danach, und es dränget sie nun schon sehr, ehest wieder zu Mir zu kommen. Sie sind zumeist Galiläer so wie auch Ich und diese Meine zwölf Hauptjünger. - Nun weißt du auch daß der vollsten Wahrheit nach; so du aber noch etwas wissen willst, da frage!“



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