Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 217


Wunderbare Verwandlung der Gegend. Willensfreiheit und Aufgehen in Gottes Willen.

01] Sage Ich: ”So habe denn acht, und Ich sage dir weiter nichts als: Ich will es also! - Und nun betrachte du, Mein sehr lieber Epiphan, diese Gegend, und sage es Mir, wie sie dir gefällt!“

02] Epiphan mit Aziona und Hiram und alle die hier Anwesenden schlagen sich auf die Brust und werden ganz stumm vor Verwunderung, und Epiphan betrachtet mit großen Augen bald die nun sehr herrliche Gegend - das Gebirge voll Wild und die Ufergegend, die doch ein Flächenmaß von nahe tausend Morgen hatte und mit sonst nichts als nur mit spärlichem Gras zur Weide für wenige Ziegen und Schafe bewachsen war und nun in der fruchtreichsten Üppigkeit dalag - und bald wieder Mich mit forschendem Blicke.

03] Nach einer geraumen Weile des Staunens öffnet er erst wieder den Mund und sagt (Epiphan): ”Ja, um so etwas in einem Moment bewerkstelligen zu können, muß man schon nahe mehr denn ein Gott sein! Denn ein Gott, wie ich deren aus den verschiedenen Gotteslehren der Ägypter, Griechen, Römer, Juden und sogar Perser und Indier kenne, läßt sich Zeit und wirkt seine Tageswunder ganz gemach und scheint sich dazu einer Menge großartiger Mittel und Apparate zu bedienen. Da muß eine Sonne sein, ein Mond, mehrere Planeten, eine zahllose Menge anderer Sterne. Diese helfen ihm unter gewissen Umständen, Stellungen und Verhältnissen die Wunder auf dieser Erde verrichten, - wo aber außer einem Blitze aus den Wolken alles so hübsch zeitlässig vor sich geht.

04] Du aber hast hier in einem Augenblick etwas bewirkt, wozu sich ein Gott, wie ich mehrere aus den Büchern und Schriften kenne, sicher selbst mit allem Mitfleiße von Menschen noch ein paar Hunderte von langweiligen Jahren Zeit gelassen hätte. Daraus ziehe ich den untrüglichen Schluß, daß du offenbar mehr Gott sein mußt denn alle andern Götter, von denen ich vieles gehört und gelesen habe! Herr und Meister aller Meister der Erde! Wie, wie - und noch einmal - wie ist Dir das möglich? Und sollte das mit der Zeit sogar auch unsereinem möglich sein, so man sich ganz in Deine neue Lehre hineingelebt hat?“

05] Sage Ich: ”Ja, Mein lieber Freund Epiphan, ansonst hätte Ich es dir nicht gesagt! Wie aber das möglich ist, habe Ich dir schon ehedem gesagt und auch sogar klar gezeigt, - und sage dir aber auch noch das dazu, daß Meine rechten Jünger mit der Zeit auf dieser Erde noch Größeres tun und wirken werden, als Ich nun getan und gewirkt habe. Aber natürlich soll es dann bei allen Meinen rechten Jüngern stets dabei bleiben, zu erkennen und zu wissen, daß sie solches alles nur dann werden zu wirken imstande sein, wenn sie im Geiste mit Meinem Geiste vollends eins sein werden und so bei jeder Gelegenheit in ihrem Geiste mit Meinem Geiste sich beraten werden, ob solches auch zur Erreichung irgendeines guten Zweckes notwendig sein werde. Denn so jemand, auch noch so genau in Meiner Lehre lebend, sich, von irgend jemand Mächtigem aufgefordert, selbst zu seiner Leibeslebensrettung veranlaßt fühlte, ein Zeichen zur Bestätigung seiner höchsten Sendung wirken zu sollen, und Ich würde ihm im Geiste sagen: "Tue es nicht; denn es ist nun nicht Mein Wille!", so wolle dann auch der Jünger gleich also, wie ich es will; möchte er sich aber trotzdem anschicken, ein Zeichen zu wirken, so wird er es nicht vermögen, dieweil Mein Wille nicht eins war mit dem seinen.

06] Nur mit Mir, das heißt im steten Vereine mit Meinem Geiste und Willen, werdet ihr alles zu bewirken imstande sein, ohne den aber nichts; denn der Herr bin Ich und werde es ewig bleiben. Und siehe, das gehört auch zu Meiner Lehre! - Hast du Mich verstanden?“

07] Sagt Epiphan: ”Jawohl, Herr und Meister aller Meister! Aber ich finde da etwas, das sich nach meiner Beurteilung mit der eigentlichen vollsten Freiheit des Menschengeistes nicht so recht einen will. Denn so ich zum Beispiel nur dann ein Zeichen wirken kann, so Du solches zu bewirken mitwillst, dann ist mein Wille ja ein von dem Deinen ewig abhängiger, gebundener und somit nicht freier.“

08] Sage Ich: ”Oh, da bist du sehr in der Irre! Gerade das Gegenteil! Je enger ein Menschengeist mit Meinem Geiste in Verbindung steht, desto freier ist er im Geiste und Willen, da Ich Selbst die allerhöchste und unbegrenzteste Freiheit und Macht in Mir berge. Nur der wird sich selbst in seiner Freiheit insoweit beschränken, inwieweit er sich mit Mir nicht einet; der aber ganz eins sein wird mit Mir, der wird auch alles das vermögen, was Ich vermag. Denn außer Mir gibt es ja nirgends eine unbeschränkte Macht und ein unbeschränktes Wirkungsvermögen.

09] Die vollste Vereinigung mit Mir aber benimmt niemandem irgend auch nur ein Atom von seiner Selbständigkeit. Welch größeren und seligeren Lebensvorteil aber kannst du dir wohl denken als den, mit Mir, das heißt, mit Meinem Geiste, gleich Mir allmachtsvoll tatkräftig und dabei doch vollkommenst selbständig zu sein?! - Sage es Mir nun, wie dir diese Sache gefällt!“

10] Sagt Epiphan: ”Größter Herr und Meister! Mich darüber so recht triftig zu äußern, dazu bin ich in solch ein ganz neues und früher nie erhörtes Lebensverhältnis noch viel zu wenig eingeweiht und kann mir, wie jedermann leicht begreiflich, da unmöglich einen klaren Begriff schaffen und daher darüber auch kein Urteil schöpfen; aber soviel ich eben aus Deinen Worten nun meinem Begriffe näherbringen kann, so wäre ein solches Leben freilich ein sehr vorteilhaftes. Denn mit einem allmächtigen Gottgeiste mitallmächtig sein und dabei dennoch die vollste Lebensselbständigkeit innehaben, das ist freilich wohl das Höchste, was man sich von einer Lebensvollkommenheit denken kann, und es wird die Sache schon auch also sein können, weil Du es mir und uns allen nun also verkündet hast.

11] Um das 'Wie' aber wollen wir uns nun gar nicht kümmern; denn das wäre eine eitle Sache, da uns als den jüngsten Schülern Deiner Lehre noch gar zu sehr alle die dazu nötigen Begriffe völlig mangeln. Zudem sind wir alle jetzt wegen des zu unerhört großen Meisterwunderwerkes auch zu verblüfft und zu zerstreut, um in uns zu einem ruhigen Urteile gelangen zu können. Daher lasse, o Herr und göttlicher Meister, uns nun ein wenig ausruhen und uns in uns sammeln, damit wir dann in einer größeren Gemütsruhe Dir, o Herr und Meister, eine bessere Antwort werden geben können, als wie ich sie Dir soeben gegeben habe!“



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 5  |   Werke Lorbers