Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 197


Die Urgeschichte der Menschen.

01] Sage Ich: ”Ja, da, Meine lieben und mit recht vielen Erfahrungen und Wissenschaften versehenen Freunde, wird uns eine für euch verständliche Antwort schwer! Denn fürs erste ist diese Erde schon ein ganz entsetzlich alter Weltkörper für eure Zeitmaßbegriffe; da gibt es für euch keine begreifliche Zahl, durch die man die Vielheit der Jahre ihres Bestehens dartun könnte.

02] Jedoch Menschen, wie sie nun der Boden der Erde trägt, bestehen numerisch wirklich erst etwas über viertausend Jahre. Die damals lebenden ersten wahren Menschen aber zerfielen infolge ihrer Handlungsweise in zwei Klassen, nämlich in die Kinder Gottes, weil ihr Herz und Gemüt Gott erkannte und Ihm treu blieb, und in die Kinder der Welt, weil sie Gott stets mehr und mehr vergaßen und in allem nur der Welt dienten, so wie nun die meisten Menschen. Sie haben Städte erbaut und allerlei Götzentempel; ihr Hauptgott aber war, wie nun, der Mammon. Sie lebten ganz so wie jetzt; darum war ihr Leben aber auch nur ein ganz kurzes, so wie jetzt.

03] Aber ganz anders stand es mit den Kindern Gottes. Diese bewohnten nur die Berge, kamen nur höchst selten in die Tiefen hinab und lebten ganz einfach und naturgemäß. Da gab es keine Städte, keine Flecken, keine Dörfer und auch keine gezimmerten Häuser, sondern nur gewisse mit lebenden Bäumen ganz umfangene reine Rasenplätze. Gegen die Bäume zu war ein bankartiger Erdwall gemacht und, wo es nötig war, gegen die Baumstämme hin dick mit Moos belegt, und so bildete dieser innere Rundwall zugleich eine ganz bequeme Tagesruhebank und zugleich ein gutes Nachtruhelager.

04] Ihre Kost bestand zumeist in guten und stets reifen Baumfrüchten, allerlei geschmackvollen Wurzeln und Milch. Mit der Zeit lernten sie, durch innere Offenbarung belehrt, bald auch sich nötige Hausgerätschaften aus Eisen und anderen Metallen anfertigen und betrieben dann auch schon den Ackerbau, bereiteten Mehl und verstanden ein recht gutes Brot zu bereiten und so noch gar manches und vieles, aber alles ohne Prunk, - der Zweck einer Sache entsprach ihnen vollkommen -, und so lebten sie bei zweitausend Jahre lang in vieler Einfachheit und erreichten dabei ein überaus hohes Alter.

05] Nur als sie sich nach und nach auch von der Pracht und großen Schönheit der Weltkinder berücken ließen, wurden sie dann zur Strafe häufig von denselben unterjocht und förmlich zu Sklaven gemacht bis auf einen sehr geringen Teil, der bis auf Noah und dann noch fort und fort Gott treu blieb; aber damit änderte sich auch alles bei ihnen. Sie wurden leiblich kleiner und schwächer, und ihr Leben erreichte nur selten hundert Jahre, während sie früher oft nahe an die tausend Jahre alt wurden.

06] Wie aber bekannt, so wurden alle rein zu Weltmenschen gewordenen Menschenerstlinge der Erde zu Noahs Zeiten eigenverschuldet von der übergroßen Flut ersäuft; denn die Flut deckte den größten Teil der damals bevölkerten Erde also unters Wasser, daß die mächtigen Wogen, durch die Stürme und Orkane erzeugt, nicht selten sogar mehrere Ellen hoch von Zeit zu Zeit über nahe die höchsten Bergspitzen schlugen und daher auch alles Leben in ihrem Bereich erstickten bis auf Noah und dessen kleine Familie, und so auch alles Getier bis auf das, was Noah in seiner Arche beherbergte. Mit Noah aber fing, wie bekannt, eine ganz neue Epoche der Erde an. (Ausführlich geschildert in Lorbers ”Haushaltung Gottes«)

07] Damit habt ihr nun auch ein ganz kurz gefaßtes, aber getreues Bild von den Urmenschen dieser Erde und mögt daraus noch lebhafter ersehen, daß Mein euch gegebener Rat ein ganz guter und richtiger ist.“

08] Sagt Hiram: ”Aber du allein überweiser und mächtigster Meister des Lebens und Herr aller Menschen! Wenn aber die Erde schon gar so entsetzlich alt ist, was war denn dann vor den eigentlichen, uns gleichen Menschen für ein Geschlecht auf eben dieser Erde? Denn sie konnte sich ja doch nicht nahezu eine halbe Ewigkeit hin bis auf deine ersten Menschen vor viertausend Jahren ganz öde und leer, also umsonst um die große Sonne kreisend, befunden haben! Oder war sie bis dahin wirklich nur ganz öde und leer? Es ist zwar sehr ungebührlich von mir, dich um so etwas zu fragen; aber ich sehe, daß in dir und diesem jungen Manne wahrlich eine Art Allwissenheit unverkennbar vorhanden ist, und so wirst du mir schon auch in dieser Hinsicht meine wißbegierliche Zudringlichkeit zugute halten.“



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