Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 253


Heilung eines blind geborenen Jugendlichen und vieler Kranken.

01] Als Petrus solches kaum ausgesprochen hatte, trat sogleich ein angesehener Gastwirt zu ihm und sagte: ”Kehrt bei mir ein; denn ich habe wohl die größte Herberge im ganzen Ort und bin ein billiger Wirt, obwohl ich ein Grieche bin! Ihr seid zwar Juden allem Ansehen nach, aber das tut nichts zur Sache; denn es wohnen ja auch etliche Pharisäer aus Jerusalem, die hier den Zehent von den Juden nehmen, bei mir nun schon etliche Tage lang.“

02] Sagte Petrus: ”Das ist uns eben das Angenehmste nicht! Übrigens kommt es da rein auf unsern Herrn an; was Er will, das wird geschehen!“

03] Sagte der Wirt: ”Welcher von euch ist denn hernach der Herr, daß ich zu ihm hintrete und mit ihm selbst rede?“

04] Petrus zeigte auf Mich und sprach: ”Dieser da ist es!“

05] Da trat der Wirt mit einer Verbeugung zu Mir hin und sagte: ”Willst du mit den Deinen bei mir Herberge nehmen? Mein Haus ist groß und sehr geräumig und hat viele Gemächer; zudem bin ich einer der allerbilligsten Wirte im ganzen, nicht unbedeutenden Orte.“

06] Sagte Ich: ”Das bist du wohl, - aber wir haben nichts, um dich zu bezahlen; daher werden wir diese Nacht lieber auf unserem Schiffe zubringen! Zudem hast du Kranke im Hause und auch einen Arzt, der deinen Kranken nicht helfen kann, obwohl du ihn aus Jerusalem hast kommen lassen und er dich viel Geld kostet. Und siehe, wie man sagt, es ist in einem Hause nicht gut Wohnung nehmen, das mit allerlei böser Krankheit behaftet ist!

07] Als der Wirt solches von Mir vernahm, da erschrak er ordentlich und fragte Mich ganz erstaunt, wie Ich als ein in diesem Orte ganz Fremder das wissen könne.

08] Sagte Ich: ”Ich könnte dir noch gar manches andere sagen, was dich noch mehr befremden würde; aber davon nun nichts Weiteres!“

09] Hier ward der Wirt sehr verlegen und fing an zu bitten, daß Ich dennoch bei ihm möchte Herberge nehmen; denn es habe die Sonne ja bereits den Horizont erreicht, und der Abend stehe vor der Tür.

10] Darauf sagte Ich: ”So gehe denn hin und bringe Mir deinen blinden Sohn, und wir werden sehen, ob Ich ihn werde heilen können!“

11] Hierauf verließ der Wirt schnell das Ufer, eilte nach Hause und brachte den vierzehn Jahre alten, gänzlich blinden Sohn, stellte ihn vor Mich hin und sagte: ”Hier, lieber Freund, ist mein blinder Sohn! Er ward also blind, wie er jetzt da vor dir steht, geboren. Alle Ärzte und Zauberer haben schon ihre Kunst an ihm versucht; aber da war alles rein vergebens! Nun, wie du vorhin bemerkt hast, ist ein ordentlicher Wunderarzt aus Jerusalem bei mir im Hause; aber er kann auch geradesoviel wie die früheren! Nun kommt es auf dich, lieber Freund, an! Wahrlich, so du ihn heilest, da gehört mein halbes Vermögen dir!“

12] Da sagte Ich: ”Kannst du glauben, daß Ich diesen deinen blinden Sohn sehend mache, so wird er auch sehend!

13] Und der Wirt sah Mich fest an und sagte: ”Ja, Freund, dir kann ich's glauben! Es liegt ja in deinen Augen etwas so Entschiedenes, daß sie mir sagen: Durch diesen Mund kam noch nie ein lügenhaftes Wort! Und so glaube ich denn nun auch fest, daß du meinen Sohn heilen wirst.“

14] Sagte Ich: ”Die andern Ärzte haben ihre Salben, und die Magier ihre Zauberstäbe, - Ich aber habe weder eine Salbe und noch weniger irgendeinen Zauberstab; Mein Wille ist alles, und so Ich es nun will, da werde dein Sohn alsogleich sehend!“

15] Als Ich solches ausgesprochen hatte, da ward der Blinde im Augen blick vollkommen sehend und schrie vor Freuden laut auf, da er nun ersah die Menschen, das Meer, die Gegend und alles, was da war.

16] Der Wirt aber trat völlig zu Mir hin und sagte: ”O du großer und wahrhaftigster Heiland, wie soll ich dir denn nun gebührend danken für solche deine wahrhaftigste Gnade? Denn wahrlich, der das kann, was du kannst, der allein kann Gnaden austeilen; denn was nützen einem Blinden tausend Gnaden und Wohltaten von seiten der Machthaber dieser Erde, so sie ihm bei aller ihrer sonstigen Macht und Güte das Licht der Augen nicht geben können!? Du aber hast ihm aus einer innern, mir gänzlich unbegreiflichen Macht das Augenlicht gegeben und hast dadurch mir und meinem liebsten Sohne eine unaussprechlich große Gnade erwiesen. Aber als Lohn dafür ist das, was ich dir ehedem versprochen habe, viel zuwenig! Oh, sprich du es aus, was ich dir nun schulde, und ich werde mit aller Liebe und Freude deinem Wunsche Gewähr leisten!“

17] Sagte Ich: ”Heute gib uns Herberge, tue den Armen Gutes und mache sonach das wieder gut, was du oft Schlimmes an ihnen getan hast!

18] Der Wirt versprach, solches alles strengstens zu beachten und zu tun und bat Mich inständigst, ihm in sein Haus zu folgen. Und Ich und die Jünger und auch die zwei Fischerknechte des Petrus gingen nun mit dem Wirte, und alles Volk, das da Zeuge von der Heilung des Blinden war, folgte uns auf dem Fuße nach.

19] Auf dem Wege aber schrien viele aus dem Volke: ”O du wahrhaftigster Heiland, helfe du auch unsere Kranken, deren wir viele haben! Denn siehe, wer bei uns einmal krank wird, der wird nimmerdar gesund; er siecht so langsam bis zum Grabe hin! Es ist das eine wohl recht böse Eigenschaft dieser sonst schönen Gegend. O du lieber Heiland, erweise auch uns Armen eine solche Heilsgnade, wie du sie dem blinden Wirtssohne erwiesen hast!

20] a Und Ich sprach: “Nun wohl denn, also b geschehe nach eurem Wollen und Glauben! Geht aber nun zu euren Kranken und überzeugt euch, ob in euren Häusern und Lagern sich noch irgendwo ein Kranker vorfindet!“ (a Matthäus.19,02b*; b Matthäus.08,13; Matthäus.09,29; Matthäus.15,28; Markus.11,23)

21] Auf diese Meine Worte eilten bis auf wenige, die keine Kranken hatten, alle davon, um sich daheim zu überzeugen, ob ihre Kranken wahrhaft geheilt worden seien. Als sie in ihren Häusern, schon stark gegen Abend, ankamen, da fanden sie keinen Kranken, sondern alle, mit was für Krankheiten und Gebrechen sie auch behaftet gewesen waren, waren derart geheilt, als wären sie nie mit irgendeiner Krankheit behaftet gewesen.

22] Die Geheilten aber wußten nicht, was da vorgefallen war, daß sie alle auf einmal gesund geworden waren, und fragten alsbald nach der Ursache solch eines nie erhörten Vorkommens. Da erzählten ihnen die ihrigen von Mir, und wie Ich schon vor ihnen am Meeresufer des reichen Wirtes blindgeborenen Sohn sehend gemacht habe, und wie nun auch sicher alle andern Kranken des Wirtes gesund geworden seien.

23] Als die Geheilten das vernommen hatten, da eilten sie aus den Häusern und kamen vor des Wirtes Haus. Da verlangten sie bittend, Mich zu sehen und Mir ihren Dank abzustatten.

24] Da ging Ich unter sie und sagte zu ihnen: ”Geht nun nach Hause und sündigt nachher nicht mehr; denn so ihr abermals in eure alten Sünden verfallet, so werdet ihr dadurch auch wieder in eure alten Krankheiten verfallen! Haltet die Gebote, welche Moses gegeben hat, so wird von euch alles Übel fernbleiben.

25] Hierauf entließ Ich sie alle, und unser Wirt, der nun über alle Maßen froh und heiter ward, da auch alle seine anderen Kranken geheilt worden waren, wußte nun gar nicht, was er uns alles zugute tun sollte für unsere ihm erwiesene Wohltat.



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