Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 248


Vom Wunderwirken zur rechten Zeit.

01] (Der Herr:) ”Du, Mathael, bist denn nun vollkommen im klaren, das heißt insoweit eine Menschenseele im klaren sein kann, solange sie noch nicht völlig eins mit ihrem Geiste geworden ist; daher lasse dein Licht denn auch leuchten vor allen deinen Brüdern! Erwecke aber auch deinen Glauben an die Kraft Meines Namens; denn nur in Meinem Namen wirst du im Falle der Notwendigkeit auch Zeichen tun können vor den Menschen für die erste Erweckung des Glaubens an Mich!

02] Denn wer Mein Wort den Menschen predigt und kann aber nichts wirken durch die Macht desselben, der ist noch ein schwacher Diener Dessen, der ihn gesandt hat, zu bringen den Völkern der Erde das neue Wort alles Lebens aus den Himmeln.

03] Ich will aber damit nicht etwa sagen, als solle sich ein rechter Apostel Meiner Lehre stets und allzeit produzieren vor den Menschen, um dadurch Meiner Lehre bei den Völkern der Erde Eingang zu verschaffen. Nein, das sei ferne; denn die Wahrheit muß für sich selbst sprechen, und wo sie nicht verstanden wird, da folge eine nähere Erklärung, und das so lange, bis die Wahrheit für sich begriffen wird! Aber dennoch kommen eben bei der Erklärung Fälle vor, wo die Erklärung allein besonders bei noch sehr rohen und ungeschlachten Völkern nicht hinreicht; da ist es dann sehr notwendig, auch durch ein mäßiges Zeichen die Erklärung selbst in ein helleres Licht zu stellen.

04] Doch soll ein gewirktes oder noch zu wirkendes Zeichen niemals von einer zu grellen und schlagenden Art sein, durch das die Menschen in eine große Angst und Furcht und dadurch auch in ein sie nötigendes Gericht geraten könnten; denn dadurch würde für die freie Entwicklung der Seele aus sich selbst wenig oder nichts gewonnen sein.

05] Ein zu wirkendes Zeichen hat demnach stets einen solchen Charakter anzunehmen, dass es fürs erste stets in einer besonderen Wohltat besteht und stets in der Art, als folge diese auf den Glauben dessen, dem die außerordentliche Wohltat erwiesen wurde; und fürs zweite muß das Zeichen von der Natürlichkeit nie so weit abstehen, dass auch ein sogenannter Weltweiser keinen natürlich erklärenden Weg mehr übrig hätte! Bei den sogenannten Weltaufgeklärten muß das Zeichen sie wohl stutzen, aber niemals völlig glauben machen; denn diese haben schon immerhin so viel Begriffsfähigkeit, eine Wahrheit auch ohne Zeichen als das gar wohl zu erkennen, was sie ist.

06] In dieser Zeit der Magier und Zauberer aber können die Zeichen schon so ziemlich stark und handgreiflich aufgetragen werden; denn wo nun auch ein Zeichen gewirkt wird, haben die Menschen zuvor schon hundert Zaubereien von persischen und ägyptischen Magiern auffahren sehen, und es macht darum ein von uns gewirktes Zeichen eben keinen besondern Eindruck bei den Weltweisen. Zudem sind wir auch von den Essäern nach allen Seiten hin umlagert, die vor dem blinden Volke mit Leichtigkeit allerlei Zeichen tun, um es mit der Zeit ganz für sich zu gewinnen. Und so machen nun unsere stärker und wunderbarer auftretenden Zeichen das Volk im allgemeinen wenigstens stutzen, wenn sie es auch nicht völlig überzeugen, und das ist gerade das rechte Maß, und es wäre dem Volke zu keinem Heile, so wir mit den Zeichen noch einen größeren Aufwand machten.

07] Wenn Ich alle die Kranken heile, ja sogar die Toten auferwecke, so macht das eben vor dem Volke den Essäern gegenüber kein zu großes Aufsehen, - wohl aber bereitet das den Templern einen möglichst größten Ärger, die aber auch den ihnen gerade auf der Nase sitzenden Essäerorden schon lange zu allen Teufeln gewünscht haben. Denn seit sich dieser auch in Judäa breitgemacht hat, tragen den Pharisäern ihre Wunderkuren gar nichts mehr ein, und das macht alles der Essäer pfiffige Erweckung der Toten, ein uns zwar sehr wohlbekanntes, aber den Pharisäern total unbekanntes Geheimnis.

08] Es ist aber auch ein ordentlicher Scherz, da Ich gerade ein Wasser auf die Mühle der Essäer bin, und ihr werdet es noch erleben, dass man zu euch sagen wird, dass auch Ich ein aus der Schule dieses Ordens hervorgegangener Jünger sei und arbeite nun für das Gedeihen dieses Ordens, der nun selbst der Meinung ist, dass er moralisch bald alle Welt beherrschen werde. Diesen Orden haben wir daher vorderhand nicht wider uns, und er dient uns, auch ohne uns eigentlich dienen zu wollen; denn er mildert uns unsere Zeichen vor dem Volke am meisten, und es bleibt daneben den Menschen noch immer ein großer, freier Spielraum ihrer Gedanken und mannigfachen Urteile. Ansonst dürften wir mit unseren Zeichen nicht einen so mächtigen Zug tun!

09] Ich habe aber das alles für diese Zeit also vorgesehen und alles also entstehen und werden lassen, dass wir nun daneben ganz leicht und in allem unbeirrt für das wahre, freie Heil der Menschen möglichst vieles wirken können, ohne jemanden durch unser Wirken zur Wahrheit hin besonders zu nötigen. Für diese Zeit machen demnach unsere stark aufgetragenen Zeichen kein besonderes Aufsehen für den oberflächlichen Betrachter. Nur wer bei uns tiefer eingegangen ist, der wird zwischen den von Mir gewirkten Zeichen und zwischen jenen der Magier und der Essäer freilich wohl gleich einen unaussprechlich großen Unterschied finden. Aber dem wird diese Erkenntnis darum auch keinen Schaden an seiner Seele zufügen, weil er schon zuvor die Wahrheit erkennen mußte, bevor er imstande war, einen wahren Unterschied zwischen Meinen und der Essäer Zeichen zu finden. Er ist sonach schon rein, und dem Reinen ist dann alles rein.“



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