Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 190


Die jüdischen Kaufleute aus Persien.

01] Nach einer Weile des großartigsten Staunens sagt einer der Reisenden: ”Wo ist denn nun unser Lotse, dass wir ihn doch um unsere große Schuldigkeit fragen könnten? Es ist doch ewig kein Scherz, sich einer solchen Gefahr auszusetzen, um ein Schiff voll Reisender zu retten!“

02] Die Schiffsleute aber kommen zu den Reisenden und fragen sie, ob sie hier wegen der Rückfahrt warten sollen eine Nacht und einen Tag hindurch, oder ob sie nun bei ruhiger See heimfahren sollen ans jenseitige Ufer, das in gerader Linie von diesem immer gar 5-6 Stunden entfernt war.

03] Die Reisenden aber bescheiden die Schiffer, ihrer zu warten, bis sie die Geschäfte zu Cäsarea Philippi werden abgemacht haben.

04] Das hört Markus und sagt zu den Reisenden: ”Liebe Freunde! Den Weg nach der Stadt könnt ihr euch füglich ersparen; denn von der ganzen Stadt besteht nichts weiteres und mehreres als ein paar Hütten armer Juden und eine Menge ausgebrannter, öder Ruinen! Die vergangene Nacht und diesen Tag hindurch ist sie wohlverdientermaßen eine traurige Beute der Flammen geworden, und es war niemandem möglich, des Feuers Herr zu werden!

05] Wenn ihr etwas abzumachen habt, so müsst ihr solches nun schon hier tun, da die höchsten weltlichen wie auch geistlichen Behörden sich nun hier bei mir aufhalten!“

06] Über diese Nachricht machen die Reisenden ein ganz erstaunlich betrübtes Gesicht und sagen: ”Freund, wenn also, da wird es für uns auch hier ganz entsetzlich wenig zu schlichten geben, trotz der hier anwesenden allerhöchsten Herrschaften über Welt und Geist! Denn wir standen in bedeutenden Handelsverbindungen mit den griechischen Kaufleuten dieser Stadt, und sie haben vieles von uns genommen, sind uns aber noch die ganze letzte Lieferung schuldig! Wie werden wir da zu unseren Geldern kommen?

07] Wir sind gute Künstler in der Bearbeitung der Seide und des Kamelhaares, auch feinste Schafwollzeuge in allen Farben haben wir geliefert und geblümte Stoffe zu allerlei Tempelgewändern, und es machte die letzte Lieferung einen Wert von zehntausend Pfunden Silbers aus; denn wir sind zwar Juden, nach Jerusalem pflichtig, leben aber in Persien, haben dort unsere großen Fabriken und waren stets gut und ehrlich.

08] Wir hielten das Gesetz Mosis in unserem Lande strenger und genauer als alle Juden in Jerusalem und brachten stets reichliche Opfer dem Tempel; wir unterhalten bei uns eine Synagoge, die in allem, was Größe und Pracht betrifft, dem Tempel zu Jerusalem nicht viel nachstehen dürfte!

09] Wir sind gute und sehr wohltätige Menschen gegen alle Armen, die mosaischen Glaubens sind, und haben stets, wie bekannt, die beste Zucht und Ordnung gehalten! Warum hat uns denn Jehova gar so empfindlich hart heimgesucht?!

10] Siehe, wir wollten ja gerne die Hälfte von den zehntausend Pfunden in den Tempel legen, so wir zu unserem rechtmäßigen Gelde kommen könnten; ja, wir wollten auch die andern fünftausend Pfunde noch obendarauf den etwa sehr armen Glaubensgenossen dieser Gegend zukommen lassen, so wir von den Heiden das ganze Geld bloß des Handels und der Rechnung wegen erhalten könnten!“

11] Sagt Markus: ”Ja, meine lieben Gäste und Freunde, da wird es sich trotz eures sehr ansehnlichen Gelöbnisses schwer machen! Redet aber mit dem Oberstatthalter Cyrenius, der sich nun hier befindet mit noch drei römischen großen Machthabern! Der kann vielleicht schon etwas machen.“

12] Sagen die Reisenden: ”Wo ist er, dass wir hingingen und ihm alleruntertänigst vortrügen unsere Not? Vielleicht geschieht da auch etwas Wunderbares?! Denn unsere Rettung durch den jungen Lotsen war offenbar ein Wunder, und das kein kleines! Aber unser Lotse hat sich nun irgendwohin verloren und kommt nicht zum Vorschein, dass wir ihm den gebührenden Rettungslohn darreichen könnten!“

13] Sagt Markus: ”Dort auf dem kleinen Hügel am Meere, allwo der Oberstatthalter und die andern Großen sich befinden, befindet sich auch der Lotse mitten unter ihnen. Dorthin könnt ihr euch ganz ungeniert begeben und alles miteinander abmachen.

14] Aber es ist noch ein gewisser Jemand dort, der in einen himmelblauen Mantel gehüllt ist und unter demselben einen ungenähten, rosenroten Rock trägt, und über dessen Schultern sehr reiche, blonde Locken wallen; wenn ihr Den für euch gewinnen könnt, dann könnt ihr wohl vom größten Glücke reden! Denn Der vermag gar alles, und Ihm ist gewisserart kein Ding unmöglich! Aber in eurer Angelegenheit wird mit Ihm etwas schwer zu reden sein!“

15] Fragen die Reisenden: ”Was und wer ist er denn? Ist er vielleicht gar etwas Kaiserliches aus Rom oder etwa irgendwoher ein König eines großen Reiches?“

16] Sagt Markus: ”Weder das eine noch das andere; geht aber nur hin, und ihr werdet vielleicht wohl darauf kommen, wer unter dem blauen Mantel steckt!“



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