Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 223


Fragen zum Fall der Engel, Adams und der Erbsünde.

01] Sagt Cyrenius: »Herr und Meister, wahrlich, Deine Weisheit geht über alles, was je die Erde als Weisestes segnete, unendlich hoch und weit darüber hinaus! Denn ist es schon viel, ein großer Weiser für sich zu sein, so ist es aber dennoch endlos mehr, die tiefste und verborgenste Weisheit Gottes mit verständiger Rede also darzustellen, daß sie Menschen, ohne irgendeine besondere Weisheitsbildung zu besitzen, wie wir da sind, leicht und klar fassen können. Das kann nach meiner Ansicht nur Gott allein möglich sein; denn ein noch so weiser Mensch kann am Ende gleich dem Moses seine vom Gottesgeiste empfangene Weisheit nur in entsprechende Bilder einfassen, oder diese werden ihm schon wie Samenkörner gegeben, die er dann gleich einem Sämann ins Erdreich der Menschenherzen legt. Von solchen Körnern gehen dann wohl so manche entsprechende Früchte hervor; aber die Menschen erkennen die Früchte oft ebensowenig, als sie die in ihre Herzen gestreuten Samenkörner erkannten, und es ist da mit einer solchen Aussaat am Ende wenig geholfen. Ernten die Menschen deren reif gewordene Früchte ein, so wissen sie aber dann am allermeisten dennoch kaum, was sie daraus machen sollen, und wozu sie eigentlich zu verwenden seien.

02] Gewöhnlich wird schon von den ersten Ausstreuern der Weisheitssamenkörner eine nie ganz richtige Anwendung gemacht, und um so weniger erst hernach von ihren späteren Nachfolgern; denn würden die allerersten Aussäer der Weisheitskörner von deren Früchten einen vollkommen richtigen und wahren Gebrauch gemacht haben, so müßten alle ihre Nachfolger auch unmöglich einen andern als nur einen rechten und wahren Gebrauch davon machen. Weil aber sicher aus einem unrechten Verständnisse schon die Propheten Fehler wider ihre schwachverstandene Lehre gemacht haben, so waren derlei kleine Fehler ganz sicher der Grund von den hernach großen in den späteren Nachfolgern.

03] Moses und Aaron mögen wohl sehr rein nach der ihnen vom Geiste Gottes geoffenbarten Lehre gelebt haben; ob sie aber ihre Lehre aus Gott kommend ebenso verstanden haben, wie Du sie uns nun enthüllt hast, ist eine große Frage und ist sehr zu bezweifeln. Denn man kann eine fremde Sprache und deren Schrift wohl recht gut und ganz richtig auf ein Blatt übertragen, ohne davon irgend etwas aus dem Grunde zu verstehen.

04] Aber also, wie Du, o Herr, uns nun die Genesis Mosis erläutert hast, kann kein weiterer Zweifel im Herzen des Menschen übrigbleiben, und die Befolgung solch einer Lehre sowohl im rechten Verständnisse und in rechter Tat danach kann dann ja offenbar keine andere als auch nur eine richtige sein.

05] Aber da Du, o Herr, nun schon so freigebig geworden bist mit der Enthüllung der tiefsten und verborgensten Wahrheiten, so gib uns allen noch so einen kleinen Aufschluß über den sogenannten 'Fall der Engel', als der ersten geschaffenen Wesen, dann vom 'Falle Adams' und endlich von der sogenannten 'Erbsünde', die als ein schlechtes Erbteil an alle späteren Menschen übergegangen ist. Wenn es nicht zu spät ist und wir solches nur einigermaßen zu fassen imstande sind, so tue noch einmal Deinen wahrhaft heiligsten Mund auf und gib uns davon nur so einige feste Winke, auf daß wir auch darin nur so ein wenig über die alltägliche Gewöhnlichkeit zu Hause sein möchten!«

06] Sage Ich: »Ja, Mein liebster Freund, das ist wohl eine noch härtere Nuß als die Mosaische Schöpfungsgeschichte selbst, obschon sie eigentlich in dieser völlig enthalten ist und für den emsigen Forscher nun schon wie ein Gold am freien Tage liegt. Wenn du aber nur nach einem bloßen festen Winke dürstest und nicht nach einer durchgeführten Lehre, so kann Ich dir solch einen Gefallen ja recht gerne erweisen; denn zur Aufstellung einer durchgeführten Lehre darüber hätten wir wohl alle zu wenig Zeit, da es nun schon um die dritte Nachtwache geworden ist. - Wer da Ohren hat, der höre!«


Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 2   |   Werke Lorbers