Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 72


Der wahre Gottesdienst

01] Im Freien sagt zu Mir Cyrenius: »Herr, wenn so etwas zu Rom geschähe, da würden sogar die Steine vor Dir niederfallen und Dich laut anbeten; und wir tun hier, als wenn da so etwas ganz Gewöhnliches vorgefallen wäre! Herr, habe doch Geduld mit - entweder unserer Schwäche oder Dummheit!«

02] Sage Ich: »So Ich das wollte, da wäre Ich ja wohl in Rom statt in Nazareth zur Welt gekommen! Tut nur das, was Ich von euch verlange! Alles, was darüber ist, gehört dem Heidentum an und ist Sünde. Weißt du denn das noch nicht, daß >Gott lieben über alles und seinen Nächsten wie sich selbst< unaussprechlich mehr ist, denn dem Herrn Himmels und der Erden elende Tempel aus Steinen und Holz zu erbauen?

03] Wenn, wie Salomo sprach, schon Himmel und Erden zu klein sind, die Majestät Gottes zu fassen, was soll dann ein elendes Steingehäuse aus behauenen oder gebackenen Steinen, da die ganze Erde doch so gut wie die ganze Unendlichkeit von Gott erschaffen ist?!

04] Sage Mir: Was würde denn ein Vater zu seinen Kindern sagen, so diese dumm genug wären, aus den Exkrementen des Vaters ein fliegengroßes Häuschen zu erbauen, oder auch größer, und möchten dann eben aus des Vaters Kot ein Bild machen, das den Vater vorstellte, und wenn das alles fertig wäre, sich dann vor dem Kottempel auf die Knie niederwerfen und ihren Vater also verehren und anbeten? Was würdest du tun, wenn deine Kinder dir so etwas täten und, so du ihnen so etwas auch als dumm und säuisch und deiner völlig unwürdig verwiesest, sie aber dennoch desto eifriger um den Drecktempel kröchen und dein Bild aus gleichem Stoffe verehrten, ja sogar wider deinen Willen ihre mitunter vielleicht doch etwas heller denkenden Brüder mit Strafen auf Leben und Tod dazu zwängen und von ihnen noch eine fromme Steuer verlangten? Sage, was würdest du da tun? Könnte dich solch eine über alle Maßen schweinisch dumme Verehrung von seiten deiner Kinder erfreuen?

05] Siehe, du verneinest solches ganz gewaltig in deinem Herzen, und Ich sage es dir, daß solch eine Verehrung der dummen Kinder ihrem irdischen Vater gegenüber noch viel besser wäre denn die der Menschen in den Tempeln Gott gegenüber! Denn die Kinder benützten zu ihrem Tempelbau doch noch das, woraus der Vater seine Nahrung erhielt; aber die Menschen bauen aus dem Kote des Satans Tempel und beten darin ihren Gott und Vater an! Sage, wie gefällt dir denn hernach solch eine Gottesverehrung - und Anbetung?«

06] Sagt Cyrenius: »Herr, so wollte ich jetzt doch mit tausend Blitzen alle Tempel auf der Erde zerstören lassen! Oder Deine beiden Engel kostete es ja doch nur einen Augenblick, und alle Tempel lägen im Staube!?«

07] Sage Ich: »Freund, solches geschah, geschieht noch und wird in der Zukunft gar oft noch geschehen, und die Menschen werden dennoch nicht aufhören, Tempel zu bauen! Der zu Jerusalem wird verwüstet sein, und von den Götzentempeln wird man nichts mehr sehen. Aber an Stelle der auch wenigen werden viele Tausende kommen, und solange auf der Erde Menschen wohnen werden, werden sie auch Tempel bauen, große und kleine, und werden in denselben ihr Heil suchen; aber einen lebendigen Tempel im Herzen für Gott zu erbauen, darin Er allein würdig erkannt, verehrt und angebetet werden kann und soll, weil das allein das ewige Leben der Seele bedingt, werden nur wenige unternehmen!

08] Solange die Menschen in Palästen wohnen werden und sich durch die Paläste und wegen der Paläste werden ehren und hochpreisen lassen von denen, die keine Paläste haben können, wird man auch neben den Palästen einen Tempel für irgendeinen Gott erbauen und wird ihn darin verehren, wenn nicht in der Wahrheit, so doch zur Erhöhung der Ehre des Palast- und Tempelerbauers.

09] Und also wird es kommen, daß die Menschen die Ehre für sich nehmen werden, die sie Gott geben sollen; ihr Lohn für ihre Werke soll aber dann auch in dem erschöpft bestehen, was sie sich selbst genommen haben! Jenseits aber wird man sie nicht erkennen, und sie werden in die äußerste Finsternis gestoßen werden, allda Heulen und Zähneknirschen ihr Los sein soll (Matthäus.08,12; Lukas.13,28), das da ist ein ewiger Hader und Krieg der großen Finsternis wegen! Darum lassen wir vorderhand alles also, wie es ist; denn alle Knoten werden erst jenseits die vollste Lösung finden!«


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