Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 101


Jesu Abendmahl im Hause des Petrus. Judas betrinkt sich.

01] Als Petrus den Gesang beendet hatte, sprach er in einem sehr feierlichen Ton: »Meine Freunde und Brüder! Welch ein Unterschied zwischen uns nun und dem David einst, da er dem Volke gab diesen herrlichen Lobgesang! Als er sang, erhob er seine Augen über die Sterne hinauf! Denn damals wohnte Jehova im unzugänglichen Lichte über allen Sternen nach den menschlichen Begriffen. Was möchte aber David nun hier tun, da Der, zu Dem er seine Augen erhob über alle Sterne hinauf, -« Sage Ich: »Halt! Freund Petrus! Es ist schon wieder gut also; bedenke nur, wer alles sich unter uns befindet!«

02] Petrus ermahnt sich sogleich und beruft die Gäste alle zur Einnahme des Abendmahles, das zumeist in Brot und wohlzubereiteten Fischen besteht.

03] Judas aber fragt den Petrus, ob in der Nähe nirgends ein Wein zu haben wäre ums Geld. Und Petrus antwortet und sagt: »Ein paar Feldwege weit ist eine Herberge; alldort wird Wein ums Geld hergegeben.« Als Judas solches vernimmt, fragt er Petrus abermals, ob er niemanden zu schicken hätte, um einen ganzen Schlauch voll zu holen.

04] Sagt Petrus: »Du kennst und siehst doch mein ganzes Hauswesen; ich habe niemanden zu schicken! Willst du aber Wein, so gehe selbst hin und mache darum mit dem Wirte einen Handel, und du wirst also am besten daraus kommen!« Sagt Judas: »Ah, ehe ich selbst hingehe, verzichte ich auf den Wein!« - Sagt Petrus: »Tue, was du willst, ich kann dir keine Dienerschaft geben, denn meine Fischerknechte haben noch am See vollauf zu tun; mein Weib aber und meine Kinder und meine Schwieger haben, wie du es selbst sehen kannst, ohnehin alle Hände vollauf zu tun, und von mir selbst wirst du ja etwa doch nicht verlangen wollen, dass ich nun am Abende dir soll einen ganzen Schlauch voll Weines hierher schaffen gehen!?« - Sagt Judas etwas ärgerlich: »Nun, nun, ich habe es mit dir ja nur gut gemeint, weil ich sehe, dass du keinen Wein hast; denn bezahlt hätte ja ohnehin nur ich, was auch der Schlauch gekostet hätte!«

05] Sagt Petrus: »Es ist Einer unter uns, Der zu Kana auf der Hochzeit des Simon, der auch hier unter uns ist, Wasser in Wein verwandelt hat. Dieser Eine könnte auch nun, so es nötig wäre, das gleiche tun. Da es aber sicher nun nicht nötig ist, so können wir uns auch mit dem besonders guten Wasser behelfen, das uns mein reiner Hausbrunnen bietet.«

06] Sagt Judas: »Ganz gut, ganz gut, - ich hin damit wohl auch zufrieden, da ich selbst auf ein gutes Wasser große Stücke halte; aber gerade bei solch einer Gelegenheit wäre der Wein auch nicht zu verachten! So aber der gewisse Eine, Den ich nun wohl auch zu kennen glaube, schon aus dem Wasser Wein machen kann, da könnte Er dir nun ja doch wohl auch einen solchen Gefallen erweisen!?«

07] Sage Ich: »So gehe hinab zum Brunnen und trinke! Denn dir soll der Brunnen Wein geben, uns allen andern aber nur Wasser!«

08] Da ging Judas sobald zum Brunnen und schöpfte. Wie er aber das geschöpfte Wasser trank, da war es Wein von bester Art, und er betrank sich, dass er am Brunnen liegenblieb und Gefahr lief, in den Brunnen zu fallen, der tief war, so ihn nicht einige Knechte Petri ersehen und ins Haus auf ein Lager geschafft hätten. Es war aber gut also; denn Ich habe an diesem Abend eine Menge mit allerlei Krankheiten und Seuchen Behaftete geheilt und bei vielen die bösen Geister ausgetrieben, - und bei diesen Zeichen hätte uns Judas übel mitgespielt.



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