Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 204


Messias und Erlösung.

01] Sage Ich: ”Ich bin mit deiner Meinung in der Hauptsache ganz einverstanden, nur in ihren sonderheitlichen Ausfällen über die Gründung, Ausbreitung und Erhaltung einer solchen Lehre nicht so ganz, obschon in einer gewissen Hinsicht auch darin deine Ansicht so manches für sich hat.

02] Was deine Meinung hinsichtlich der Sichtung der Menschen und aller ihrer Weltkulturwerke betrifft, so ist zu Noahs Zeiten eine solche über die damals bewohnte Erde mit einer geringen Ausnahme vor sich gegangen, wie sie auch von Moses beschrieben ist, obwohl bildlich, woraus aber ein wahrer Weiser und Entsprechungskundiger dennoch den reinen geschichtlichen Stand herausfinden kann.

03] Wie war aber die Menschheit, obwohl nur von dem überfrommen und weisen Noah abstammend, schon nach einigen hundert Jahren?

04] Zu den Zeiten Abrahams schon wieder ward Sodom und Gomorra mit den übrigen zehn Städten wegen der zu allergröbsten Laster durch Feuer und Schwefel aus dem Firmamente herab samt Menschen und Vieh derart vertilgt, daß von ihnen keine Spur mehr übrigblieb. An der Stelle dieser Städte hast du nun das Tote Meer, darin bis zur Stunde kein Tier leben kann, und auch die Vögel vermeiden es, darüber hinwegzufliegen.

05] Zu den Zeiten Mosis ist das entartete Ägypten jahrelang durch die bekannten sieben Plagen über zwei Dritteile an Menschen und Vieh gesichtet worden, und die sämtlichen Israeliten, die anfangs als wenige Brüder Josephs um ein paar hundert Jahre früher dahin aus Not eingewandert waren und eben unter dem grausamen Pharao sich alle Bedrückung und Verfolgung gefallen lassen mußten, wurden als die besten Arbeiter dieses Reiches hinweggeführt, so daß dadurch das ganze Reich in eine größte Armut und zugleich Anarchie verfiel. Aber es erhob sich nach und nach wieder, ward reich und mächtig und übermächtig und deshalb auch wieder durch Krieg, Hungersnot und Pest gezüchtigt. Sieh es jetzt an, und du wirst es also finden wie alle andere Welt!

06] Aus diesen wenigen wahren dargetanen Tatsachen wirst du wohl begreifen, daß eine Sichtung der sündigen Menschheit durchaus lange nicht von einer so ersprießlichen Wirkung ist, wie du sie dir vorstellst; denn die Verschlimmerung eines Menschen wie auch eines ganzen Menschengeschlechtes liegt nicht so sehr in einem grundbösen Willen der Menschen, wie du es dir vor uns nun denkst, sondern sie liegt vielmehr in der zum Leben notwendigen Reizbarkeit der Seele, in der Trägheit, sich ernstlich auf den erkannten Wegen des Lichtes zu bewegen.

07] Weil aber der Seele die Ruhe und Untätigkeit gar so gut gefällt, so sucht sie Helfer und Diener, die für sie arbeiten oder ihr wenigstens helfen. Dadurch wird sie bald wohlhabend, reich und mächtig und fängt zu ihren Gunsten an zu herrschen, gibt Gesetze und ordnet zu ihrem Besten allerlei Dinge an. Und siehe, so wird sie dann zumeist eine feine Seele, die zur Tätigkeit keine Lust hat, und dies ist der Grund zur Verschlimmerung der Sitten ganzer Völker, die durch sie stets mehr und mehr vom Geistigen ins Materielle herübergedrängt werden.

08] Also die Trägheit oder die stets steigende Lust zum Müßiggang ist und bleibt stets der Anfang zu allen Lastern, und diese Eigenschaft der menschlichen Seele ist eben jener böseste Geist, den die Schrift 'Satan' nennt. Und darin besteht eben auch das Erbübel, an dem alle Menschen leiden, und von dem sie niemand befreien kann als eben nur ein wahrer Messias, der da kommt aus den Himmeln des vollsten Lebens und der höchsten Tätigkeit desselben.

09] Denn daß es unter den Menschen dieser Erde ein Erbübel gibt, das haben bereits alle Weisen der bekannten Erde ersehen und erkannt; aber worin es besteht, und wodurch es zu bekämpfen ist, haben sie nicht ergründet. Und eben das wird die Sache des Messias sein, durch Lehre und Tat die Menschen von diesem Übel, dessen Frucht der Tod der Seele ist, für ewig zu erlösen!

10] Aber es wird die Erlösung für den Menschen nur dann eine wahre und wirksame sein, so er die dazu angezeigten Mittel ganz genau und getreu anwenden wird, - sonst wird er nach der Ankunft des Messias ganz derselbe schlechte Mensch sein, der er vor derselben war; denn der aus den Himmeln angekommene Messias wird niemanden befreien von seinem Erbübel als allein den nur, der nach Seiner Lehre in allem genau also leben wird, wie es die Lehre vorschreiben wird. Niemand erhoffe sich von Ihm irgendeine gewisse magisch-wunderbare Wirkung in bezug auf die Erlösung von dem bekanntgegebenen Erbübel!

11] Wohl wird der Messias zum Zeugnisse dessen, daß Er es ist, große Wunderwerke verrichten; aber diese werden zu niemandes Seele Nutz und Frommen sein an und für sich, sondern nur dadurch, daß sie wecken werden den Glauben und aneifern die Seele zur Tat nach der Lehre, die gegeben wird.

12] Es wird sonach der Messias gleichen einem reichen und guten Haus- und Gastwirte, der ein großes Gastmahl bereitet und aussendet seine Knechte und Diener nach allen Orten, Wegen, Straßen und Gassen und läßt alle gar freundlich einladen, zu kommen und teilzunehmen am großen Gastmahle. Arme und Reiche, Kleine und Große und Schwache und Starke, und auch Ohnmächtige und Mächtige werden die Einladungsstimme aus dem Munde der Boten vernehmen. Die da kommen werden, die werden auch gesättigt werden; die aber nicht werden kommen wollen, denen wird darum keine Gewalt angetan werden, daß sie kommen müßten. Ob sie kommen oder nicht kommen, das wird dem Gastwirte eins sein; den Segen der großen Mahlzeit aber werden natürlich nur jene überkommen, die der Einladung gefolgt sind. (vgl. mt.22,03 lk.14,07)

13] Das Gastmahl aber wird eben die Lehre des Messias sein. Wer sie anhören wird und dann danach tun, der wird ein rechter Teilnehmer am großen Gastmahle sein und den Segen davon in Fülle überkommen; wer die Lehre aber nur wohl anhören, aber sie nicht durch alle Tätigkeit ins Werk setzen wird, für den wird sie sein wie ein wohlgedeckter Tisch für jemanden, der aber nichts isst von all den guten Speisen, und für den es dann einerlei ist, ob er als Geladener zum Gastmahle kommt oder nicht. Nun, da hast du nun den Messias, wie Er ist und sein und bleiben wird! - Was sagst du nun zu solch einem wahren Messias?“



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